Grüner geht immer?

Corporate Social Responsibility: Wie das Trendthema Nachhaltigkeit die Ansprüche an Unternehmen und Management verändert und welche Rolle CSR insbesondere für die Medienbranche spielt.
© Marija Kanizaj
Markus Mair: Die Welt ist ein Dorf – „Global“ gibt es nicht ohne „regional“
Die TOP LEADER-Stimme der Medien: Markus Mair.

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Green Storys ohne Green Washing: Zugegeben, dazu braucht es eine ganz feine Klinge, eine neue Art der Umsicht und des Weitblicks im Management, ein genaues Abwägen dessen, was eigentlich sein sollte und dessen, was tatsächlich schon ist. Eine eigene CSR Directive und ein neues Lieferkettengesetz der Europäischen Union soll es diesen Herbst geben. Inklusive European Sustainability Reporting Standards zu Corporate-Social-Responsibility-Themen, die künftig im Lagebericht zu reporten sein werden, anhand von KPIs. Dazu gibt es bereits Diskussionspapiere. Ja, die Entwicklung hin zu umfassender CSR ist für uns alle – als Gesellschaft, als Manager:innen, als Individuen – in den vergangenen Monaten noch stärker spürbar geworden, sie nimmt uns mit auf eine Reise in erahntes, aber ehrlicherweise oft auch unbekanntes Land, das wir jetzt entdecken und für uns nutzen können. 

Diese Direktiven werden freilich viele Unternehmen und ganze Wirtschaftszweige vor neue Herausforderungen stellen. Die Nachhaltigkeitsberichtspflicht soll gestaffelt ab 2024 einsetzen und wird vorerst für schätzungsweise 50.000 Unternehmen in Europa gelten, das Lieferkettengesetz für 13.000. Wir alle sind gut beraten, uns darauf vorzubereiten. Und das geht nicht von heute auf morgen. Manchmal bedarf es eines Anstoßes, um Dinge wahrzunehmen, die man im (Arbeits-)Alltag übersieht. Verschiedentlich ist man überrascht, dass da und dort nachhaltige Initiativen, Maßnahmen oder Projekte schon umgesetzt wurden. Vieles davon wurde allerdings nicht so recht wahrgenommen, schon gar nicht unter diesem Begriff der Nachhaltigkeit bewusst gemacht.  

© PantherMedia / Pichet Wissawapipat
Grüner geht immer?
CSR ist so elementar nicht nur, weil es schlicht Pflicht wird, sondern weil wir ja tatsächlich eine Verpflichtung haben, Corporate Social Responsibility zu leben. Das ist vielen bereits bewusst.

Codes of Conducts, Supplier Codes of Conducts und Co. sind vielerorts in Vorbereitung – in unterschiedlichen Stadien – oder überhaupt schon formuliert und in Kraft. Nachhaltigkeitsstabsstellen und -beauftragte, CSR-Management, Bewusstseinsbildung: Es gibt viele Namen dafür, die allesamt schlussendlich auf CSR einzahlen, indem sie die organisatorischen Rahmenbedingungen in einem Unternehmen schaffen. Und ja, das ist viel Aufwand, in jeder Hinsicht. Das ist für manche ein Kraftakt, der vieles infrage stellt und rasche Entscheidungen und Entwicklungen braucht. Andererseits wird sich damit vieles – im Allgemeinen und auch für einzelne Branchen und Unternehmen – in eine zukunftsfähigere Richtung entwickeln als dies bisher der Fall war. Zudem drohen wir alle das Employer Branding, als unsere Rolle als attraktive/r Arbeitgeber:in, aus den Augen zu verlieren. Neue Wertevorstellungen, insbesondere bei der jüngeren Zielgruppe (egal ob als Kund:innen, Leser:innen, User:innen oder Mitarbeiter:innen und schließlich auch Entscheidungsträger:innen, intern wie extern), verlangen Nachweise der Nachhaltigkeit. Sie verlangen einen langfristigen Prozess, kein kurzes Projekt. So hilft uns ein ausgeprägtes CSR-Bewusstsein auch als Unternehmen und Management, unsere (künftigen) Arbeitnehmer:innen noch stärker im Blick zu haben. Denn auf sie kommt es an. Gerade in Kreativbranchen, zu der ich auch den Mediensektor zählen möchte. 

Stichwort Medien: Kommunikation liegt in unserer DNA. Deshalb trifft uns das Thema Nachhaltigkeit zentral: Nämlich nicht nur organisatorisch, strukturell und strategisch, sondern auch inhaltlich. Weil wir eben Medien machen, auf verschiedensten Kanälen, zusammengezählt in Echtzeit, ohne Pause. Der Impact auf unsere Gesellschaft und damit auch auf unsere Zukunft ist enorm. Die oft zitierte Macht der Medien, auch der Sozialen Medien natürlich, ist grundsätzlich ungebrochen. Alles was publiziert, ausgetauscht, interpretiert und mancherorts auch verdreht wird, formt unsere Gesellschaft und unsere Welt neu. Im Guten wie im weniger Guten. Neben den allgemein erstrebenswerten Zielen für Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Employer Branding, Chancengleichheit etc. stehen für Medienunternehmen auch Themen wie Qualitätsjournalismus und Bewusstseinsbildung für Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Und all diese Prozesse sind zudem begleitet von der Querschnittsmaterie Digitalisierung, die weniger als Transformation denn als Transition, als Veränderung in vielen kleineren Schritten, verstanden werden muss, um wirklich nachhaltig zu sein und ein Unternehmen zukunftsfähig zu machen. 

In diesem Spannungsfeld geschieht gewissenhafte Berichterstattung und entsteht guter, hochwertiger Journalismus. Unabhängige Medien bilden die vierte Säule in einem funktionierenden Staat und einer freien Gesellschaft. Diese, im wahrsten Sinne, wertvolle Rolle ist uns bewusst. Und wir müssen sie regelmäßig und für alle sichtbar nach innen und außen aufzeigen. Medien haben die Möglichkeit, Themen zu platzieren, sie genauer zu erörtern. Nachhaltigkeit darf kein Orchideenfach werden, sondern muss in Redaktionen auch ressortübergreifend gesehen und behandelt werden. Immer gilt es, eine für alle begehbare Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu bauen. Es gibt dabei – nicht nur inhaltlich – keine einfachen, schnellen Lösungen. Es braucht Tiefe. Vieles ist zu komplex geworden, als dass es schnell mit einem Posting erledigt sein könnte. 

© PantherMedia / Krisana Antharith
Grüner geht immer?

Beispiel Klimawandel, um es nicht Krise zu nennen: Grundsätzlich kann jeder Mensch etwas für das Klima tun. Medien haben hier einen wichtigen Beitrag zu leisten, indem sie klare Botschaften vermitteln und den Menschen aufzeigen, was sie jeweils beitragen könnten. Dazu müssen wir sie noch stärker als bisher in ihrer Lebenswelt abholen. Das bringt Glaubwürdigkeit. Und im Endeffekt hilft es dabei, Herausforderungen als Gesellschaft und Menschheit besser zu meistern. Dabei wird es nicht helfen, wenn wir einfach nur berichten, was passiert ist, welche Umweltkatastrophe etwa aufgetreten ist. Sondern gleichzeitig muss auch sichtbar gemacht werden, wo die Menschen handlungsfähig sind. Studien belegen, dass in der Berichterstattung über Klimaveränderung die aufgezeigten Lösungsansätze bisher unter 10% liegen. Das ist natürlich zu wenig. Berichterstattung muss hier motivieren, sie muss auch in dieser Hinsicht Horizonte erweitern. Es braucht dazu diesen Konnex zur Lebensrealität, zum individuellen Lebensstil. So müssen wir die Menschen erreichen.

Nicht nur für die Medienbranche gilt: Keine Oberflächlichkeiten, kein Green Washing, keine trügerischen Quick-Wins. Ziele definieren, Verantwortlichkeiten klären, klare Strukturen und Rahmen schaffen. So könnte Corporate Social Responsibility funktionieren.

Autor: Markus Mair

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