Herr Monschein, Sie waren sieben Jahre lang im Bereich der Unternehmensberatung tätig, danach Business Unit Director bei Sandoz und sind seit April Geschäftsführer von Edenred, einer Plattform für digitale Bezahllösungen. Was hat Sie davon überzeugt, diese Position zu übernehmen?
Einerseits die ganz klare persönliche Identifikation mit dem Edenred-Purpose „Enrich connections. For Good“, andererseits die Möglichkeit, das Unternehmen in Österreich als „Start-up im Konzern“ mit schnellem Fortschritt und lokalen Entscheidungsmöglichkeiten zu führen – kombiniert mit einem großen Wachstumspotenzial.
Wie sieht der aktuelle Geschäftsgang aus?
Das Geschäftsjahr 2021 war geprägt durch einen Jahresbeginn mit Lockdown. Insbesondere bei unseren wichtigen Partnern in der Gastronomie. Gleichzeitig hat das verstärkte Homeoffice und das flexible Arbeiten dazu geführt, dass die Nachfrage nach Möglichkeiten, Mitarbeitern unabhängig von ihrem Dienstort Wertschätzung zu zeigen und eine nachhaltige Bindung aufzubauen, gestiegen ist.
Insgesamt hat das zu einem schwachen Start mit einem deutlichen Aufschwung geführt: In den ersten zehn Monaten konnten wir insgesamt ein Wachstum von über 50 Prozent bei einer gleichzeitigen Verdopplung der Mitarbeiterzahl verzeichnen. Wir haben also den Turbo in Österreich gezündet!
Welche Ziele möchten Sie in Ihrem Unternehmen bis 2025 realisieren?
Vereinfacht gesagt sind es drei Ziele:
Die Verdreifachung der Unternehmensgröße – sowohl in der Mitarbeiterzahl als auch im Umsatz im Vergleich zu 2021. Die komplette Digitalisierung und Abschaffung von Papierprodukten sowie internen papier-basierten Prozessen. Und als dritter Punkt die Etablierung als „Employer of Choice“.
Eines der Leitprinzipien von Edenred ist „Gemeinsam gewinnen“ – was genau ist damit gemeint?
Bei Edenred setzen wir auf langfristige und nachhaltige Partnerschaften. Wir möchten uns gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern weiterentwickeln – mit dem Ziel, Hand-in-Hand zu wachsen und etwas Positives in unserem Umfeld zu hinterlassen. Angefangen von zufriedenen Mitarbeitern, über nachhaltige Produkte, gemeinsame Initiativen zum Klimaschutz, bis hin zu einem klaren Bekenntnis für Win-Win-Vereinbarungen kommerzieller Art.
Wie ist Edenred hinsichtlich CSR aufgestellt?
CSR ist ein Kernthema von Edenred, das sich auch im Purpose „Enrich connections. For good“ wiederfindet. Als börsennotierter Konzern wird auch von unseren Investoren mittlerweile die Einhaltung höchster CSR-Standards erwartet – dies ist u.a. auch in den Boni der Top-Manager als Zielerreichungs-Kriterium verankert.
In Österreich bedeutet CSR für uns, dass wir aktiv bestrebt sind, ein diverses und inklusives Unternehmen zu sein und unseren eigenen Co2-Abdruck zu limitieren. Beispielsweise durch ein modernes neues Büro, die Abschaffung von Papierprodukten bzw. -Prozessen, durch Elektro-Mobilität, die Verwendung von recyceltem Plastik für unsere Produkte und vieles mehr.
Darüber hinaus sind wir stets bemüht, Partnerschaften mit Unternehmen einzugehen, die ähnlich wie wir denken. Wir arbeiten aktuell z.B. mit Glacier, Refurbed, Waterdrop, ELOOP und Toogoodtogo zusammen. Jedoch wollen wir nicht nur am Papier etwas vorzeigen, sondern unser Ansatz ist es, auch wirklich etwas zu tun. „Green-washing“ widerstrebt uns. Erwähnenswert sind hier auch unsere Partnerschaften mit dem Roten Kreuz und der Ombudsfrau der Kronen Zeitung Barbara Stöckl.
Während Ihrer Studienzeit lebten Sie auch in den USA, in Frankreich und Singapur. Was waren damals die prägendsten Eindrücke, was konnten Sie „mitnehmen“?
Darüber könnte ich mehr als ein Buch schreiben. Ehrlich gesagt, habe ich sogar über meine Eindrücke einige Seiten für mich selbst zusammengeschrieben – denn die Eindrücke waren schlicht überwältigend.
Ein Versuch, die prägendsten Eindrücke zusammen zu fassen, würde wohl darin resultieren, zu sagen: „Drei großartige und sehr spannende Länder“. Aber zum Leben ist es in Österreich doch am schönsten, denn die Lebensqualität hier ist unvergleichlich.
Insbesondere kulturell waren die drei, jeweils ca. sechs-monatigen, Aufenthalte sehr bereichernd. Vor allem, weil ich jeweils in einem Setting von Studierenden aus bis zu 90 Nationen eingebettet war und durch diese Bekanntschaften sehr viel profitiert habe.
In welchen Bereichen hat Österreich aus Ihrer Sicht noch Aufholbedarf?
Da gibt es leider sehr viele Bereiche:
Reduziert auf ein paar Kernpunkte sind es wohl, Themen wie Digitalisierung – etwa rund um mobile Bezahlung – die mangelnde Fehler- und Feedback-Kultur in Unternehmen sowie die Unterstützung, Förderung und Finanzierung von jungen und innovativen Startups.
Vor welchen großen Herausforderungen werden die Leader der nächsten Generation stehen?
Auch wenn ich das eine oder andere Licht am Horizont sehe, erwarte ich, dass das Thema „Globale Erwärmung“ noch über Generationen hinweg eine große Herausforderung für uns sein wird.
Darüber hinaus wird sich unsere Gesellschaft meiner Meinung nach zu einer noch diverseren entwickeln – das heißt, Themen wie Inklusion und Toleranz gegenüber individuellen Präferenzen werden immer wichtiger werden.
Auch der Arbeitsplatz der Zukunft wird sich noch einmal fundamental verändern – während wir heute noch (immer) über Homeoffice-Regeln diskutieren, wird es in Zukunft in vielen Unternehmen eine große Zahl an „digital Nomads“ geben.
Last but not least denke ich, dass es eine noch viel bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf benötigt. In meinem Umfeld kommt es in diesem Bereich leider noch häufig zu Entweder-oder-Entscheidungen. Insgesamt wird es flexiblere Arbeitsmodelle geben müssen und gleichzeitig wird der „War for Talents“ weiter befeuert. Die Leader der Zukunft werden also eine sehr gute Employer Brand aufbauen müssen – denn die Bewerberinnen und Bewerber werden sich zukünftig den Arbeitgeber aussuchen können und nicht umgekehrt.
Wir würden Sie gerne auch als Privatperson etwas näher kennenlernen, abschließend daher noch ein paar persönliche Fragen:
Hatten auch Sie ein Vorbild, von dem Sie sich Dinge abgeschaut haben?
Davon gibt es viele. Sehr beeindruckend finde ich schon immer „Self-Made-Typen“, die aber nie müde sind zu betonen, dass sie es eben nicht „ganz alleine“ geschafft haben, sondern nur durch ihr starkes Umfeld aus Freunden, Familie und anderen Wegbegleitern. Wie zum Beispiel Richard Branson oder Arnold Schwarzenegger.
Im näheren Umfeld habe ich sehr viel von meinen Eltern gelernt und bin dafür sehr dankbar. Ich erkenne noch heute häufig Bereiche, wo man sehr klar sehen kann, dass meine Herangehensweise von ihnen geprägt wurde.
Welches berufliche Erlebnis hat sie am meisten geprägt?
Am meisten erlebt habe ich sicher in den sieben Jahren bei BCG und McKinsey. Hier durfte ich innerhalb der sieben Jahre in 15 verschiedenen Ländern und 15 Industrien arbeiten, was mich auch sehr geprägt hat.
Nichtsdestotrotz war vermutlich die wichtigste Herausforderung für mich, als 30-jähriger bei Sandoz Österreich in die Geschäftsführung zu kommen und die Verantwortung für rund 80 Mitarbeiter sowie für eine Bilanz von vielen Millionen Euro zu übernehmen. Es hat Monate gedauert, bis ich mich dieser Aufgabe halbwegs gewachsen gefühlt habe. Jedoch sehe ich diese Chance, so eine große Rolle zu übernehmen, nach wie vor als Lotto-Sechser oder auch als „Game-Changer“ in meiner Karriere. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung und das Vertrauen, das ich damals erhalten habe.
Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Es gibt zwei Zitate, die sich mir eingeprägt haben und die ich auch gerne zitiere:
„Screw it, let’s do it” von Richard Branson oder “We are the ones we’ve been waiting for” von Barack Obama. Beide transportieren für mich, dass wir nicht auf irgendetwas oder irgendjemanden warten sollten, sondern unser Schicksal selbst in die Hand nehmen und anpacken müssen.
Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Über die stark erkältete Stimme meiner Freundin. Sie war wirklich kaum wieder zu erkennen.
Worauf könnten Sie in Ihrem Leben nicht verzichten?
Natürlich auf Freunde und Familie. Aber auch Sport an der frischen Luft ist für mich besonders wichtig.
Sie können EIN Weltproblem lösen – welches wäre das?
Ganz klar: Die globale Erwärmung! Denn sie hat nicht nur die vorherrschende Klima-Krise zur Folge, sondern bewirkt auch Hunger, Krankheit, Krieg und ähnliches.