„Für das Autojahr 2021 können wir trotz zahlreicher Herausforderungen wohlwollend Bilanz ziehen“

Exklusivinterview mit Hans Peter Schützinger, Sprecher der Geschäftsführung der Porsche Holding.
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Für das Autojahr 2021 können wir trotz zahlreicher Herausforderungen wohlwollend Bilanz ziehen Hans Peter Schützinger Porsche Holding
Hans Peter Schützinger, Sprecher der Geschäftsführung der Porsche Holding

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Herr Schützinger, Sie sind seit mehr als 30 Jahren in unterschiedlichen leitenden Funktionen in der Porsche Holding Salzburg tätig und seit September 2017 Sprecher der Geschäftsführung. Als WU-Absolvent hatten Sie unzählige Karriere-Möglichkeiten – womit konnte Porsche Sie erst überzeugen und dann halten?

Wer sich für die Automobilbranche entscheidet, sollte als Grundvoraussetzung natürlich eine gewisse Portion Leidenschaft und Faszination für das Auto mitbringen. Nur so kann man in diesem Geschäft auch erfolgreich sein. Ich habe nach meinem Doktoratsstudium an der Wirtschaftsuniversität Wien die Chance ergriffen, bei Porsche meine Karriere zu starten. Zuerst in einer Art Trainee-Programm, aus dem heraus ich nach einem halben Jahr fix in das Finanz- und Rechnungswesen geholt worden bin. Bereits damals haben mich die Mischung aus strategischer und operativer Arbeit sowie die Möglichkeit, international mit unterschiedlichen Kulturen zu arbeiten, fasziniert. Das ist bis heute so geblieben. Pioniergeist, Unternehmertum, ein wertschätzender Umgang miteinander und unsere KundInnen in den Mittelpunkt unseres täglichen Tuns zu stellen sind Tugenden, die damals wie heute in der Porsche Holding ganz oben stehen.

Was waren die größten Herausforderungen im Zuge der Mitgestaltung des Unternehmens?

Es erscheint doch immer so, dass die aktuell anstehende Herausforderung die größte und schwierigste Aufgabe ist. Natürlich gab es in meiner Karriere in der Vergangenheit zahlreiche Meilensteine, z.B. die Übernahme der Verantwortung für die Multimarkengruppe PGA Motors in Frankreich oder die Eingliederung der Porsche Holding Salzburg vor etwas mehr als 10 Jahren in den Volkswagen Konzern – beides ist in meine Funktion als Finanzvorstand der Porsche Holding Salzburg gefallen. Derzeit durchläuft die Automobilindustrie – ausgelöst durch die Digitalisierung und die Elektromobilität – den größten Wandel in ihrer Geschichte. Unsere Hauptaufgabe ist jetzt, die Porsche Holding Salzburg mit ihren mehr als 34.000 MitarbeiterInnnen zukunftssicher zu machen und die Geschäftsbereiche strategisch und langfristig profitabel über das Jahr 2030 hinaus aufzustellen.  

Welche Services bietet die Holding zusätzlich zum „klassischen“ Autohandel?

Als das größte und erfolgreichste europäische Automobilhandelsunternehmen sind wir in 29 Ländern auf drei Kontinenten tätig. Unser weltweit erfolgreiches Geschäftsmodell beruht dabei auf mehreren Säulen, die sich untereinander optimal ergänzen. Im klassischen Autohandel vertreten wir die Marken des Volkswagen Konzerns sowohl im Groß- als auch im Einzelhandel und After Sales Geschäft. Zusätzlich decken wir mit dem Ersatzteilvertrieb über unsere Teilevertriebszentren, den Finanzdienstleistungen rund um das Automobil mit der Porsche Bank Gruppe und einer eigenen IT-Systementwicklung mit der Porsche Informatik das gesamte breite Spektrum des Automobilhandels ab. Seit 2019 ergänzt z.B. die Marke MOON als Systemanbieter für Lade- und Energiemanagement unser Angebotsportfolio.

Wie laufen die Geschäfte die Porsche Holding Salzburg weltweit?

Für das Autojahr 2021 können wir trotz zahlreicher Herausforderungen wohlwollend Bilanz ziehen; und das, obwohl uns die Corona-Pandemie, Halbleiterthematik, Produktions- und Lieferengpässe sowie ungewöhnlich lange Lieferzeiten extrem gefordert haben. Im Groß- und Einzelhandel konnten wir den Absatz gegenüber dem Vorjahr auf 669.500 Neuwagen (+2,4 Prozent) steigern, der Gebrauchtwagenabsatz blieb aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Vorführ- und Jungwagen mit 215.400 Fahrzeugen um 2 Prozent hinter dem Vorjahresergebnis. Parallel stieg die Mitarbeiterzahl vor allem durch internationale Akquisitionen im Einzelhandel weltweit auf 34.100 (+3,8 Prozent) an, die Einzelhandelsstandorte blieben mit 525 auf stabilem Niveau.

Das ursprünglich angedachte Re-Start-Jahr wurde durch diese besonderen Marktumstände schlussendlich ein Konsolidierungsjahr. Die guten Verkäufe und der Rekordauftragsbestand bilden sich in unseren Märkten bei all unseren Marken nicht in voller Kraft in den Neuzulassungen 2021 ab. Von einer schnellen Auflösung der Rekordauftragsbestände ist aktuell auch nicht auszugehen, diese wird sich noch mindestens über das gesamte kommende Autojahr erstrecken.

Wie hat sich das Geschäft auf dem österreichischen Markt entwickelt?

Der österreichische Pkw-Markt präsentiert sich im abgelaufenen Autojahr als Spiegelbild zu den internationalen Märkten, in denen wir aktiv sind. Nach einem guten Jahresbeginn hat der heimische Neuwagenmarkt aufgrund der bereits angesprochenen Faktoren kontinuierlich an Fahrt verloren und wird mit rund 240.000 Neuzulassungen etwa 4 Prozent hinter dem Vorjahr bleiben. Wir sind mit unseren Marken weiter auf hohem Marktanteilsniveau und liegen mit 83.146 Fahrzeugen und 37,4 Prozent im Zeitraum Jänner bis November entgegen dem Gesamtmarkt sogar leicht über dem Vorjahr.

Die gute Marktperformance unserer Marken zeigt sich auch bei den Elektrofahrzeugen – hier liegt der Marktanteil bei 36,7 Prozent und wir konnten unseren Absatz mehr als verdoppeln. Herausragend dabei ist, dass im heimischen Markenranking Volkswagen, ŠKODA und SEAT nach den ersten elf Monaten wiederum die ersten drei Ränge belegen. In der Modellhitparade sind wieder acht Konzernmodelle in den Top Ten platziert, in den Top 20 sogar 14. Die führende Position der Volkswagen Konzernmarken spiegelt sich auch bei den Elektrofahrzeugen wider. Im Markenranking der E-Fahrzeuge liegt Volkswagen an der Spitze, ŠKODA und Audi folgen auf den Plätzen 3 und 5.

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„Die E-Mobilität ist auf der Überholspur und die elektrischen Modelle aus dem Volkswagen Konzern finden großen Anklang.”

Welche speziellen Ziele hat Ihr Unternehmen bis 2025?

In der Corona-Krise haben sich für uns im Wesentlichen strategische Wege manifestiert, die wir auch mit Hochdruck vorantreiben. Erstens: Die E-Mobilität ist auf der Überholspur und die elektrischen Modelle aus dem Volkswagen Konzern finden großen Anklang. In den nächsten Jahren rechnen wir bereits mit einem Elektroanteil von mehr als 20 Prozent bei unseren Marken. Zweitens: Wir werden die Digitalisierung weiter vorantreiben, um unser Geschäftsmodell in allen Bereichen an die neuen Herausforderungen und (Kunden-)Bedürfnisse anzupassen. Drittens: Wir werden unser Geschäftsmodell weiter internationalisieren sowie in Ballungszentren wachsen und somit Absatz und Ertragskraft weiter steigern. Und viertens: Wir werden nachhaltiger und unsere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und unseren MitarbeiterInnen sowie der Umwelt noch stärker wahrnehmen und damit einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz und zur CO2-Reduktion leisten.

Stichwort Wandel: Die Automobilbranche ist im Wandel begriffen, wie ist die Porsche Holding Salzburg diesbezüglich aufgestellt?

Obwohl sich unser Geschäftsmodell mit starken und innovativen Marken sowie einem robusten Vertriebsnetz in Krisenzeiten mit nachhaltiger Performance als großes Plus erwiesen hat, haben wir zahlreiche neue strategische Projekte auf den Weg gebracht, um uns zukunftsfit aufzustellen. So treiben wir den internationalen Ausbau von MOON als Anbieter von Energiekomplettlösungen in unseren Märkten mit Hochdruck voran. Aktuell sind wir bereits in zwei Ländern mit Gesellschaften sowie in 18 Ländern geschäftlich aktiv.

Großes Augenmerk widmen wir auch dem Autohaus der Zukunft: Hier gehen wir in einem Pilotversuch innovative Wege und heben die Betreuungsqualität auf ein neues Level, indem unsere Kundinnen zwischen analogem oder digitalem Service wählen können. In Wien arbeitet die Porsche Bank zusammen mit dem Volkswagen Konzern an einem Pilotprojekt, welches beispielgebend für „Mobilität als Service“ sein kann. Dabei werden mit dem Porsche Mobility Store bestehende Mobilitätslösungen wie Rent a Car, autoabo und „sharetoo“ auf einer Online-Plattform zusammengeführt. Die KundInnen wählen daraus die für sie am besten passende Mobilitätslösung; das geplante Go-Live soll noch in 2022 erfolgen.

Inwiefern hat sich der weltweile Teilemangel auf das Ergebnis der Porsche Holding Salzburg ausgewirkt?

Das dominierende Thema in der Automobilbranche war und ist in den vergangenen Monaten die Halbleiter-Verfügbarkeit. Hervorgerufen durch eine überproportionale Nachfrage nach Halbleitern in der „Consumer Electronics“-Industrie sowie durch digitale Megatrends wie E-Mobilität, mobiles Arbeiten oder Cloud & Künstliche Intelligenz und zudem befeuert durch die in Wellen aufflammende Corona-Pandemie, konnte sich spätestens mit Jahresmitte in der Automobilbranche niemand mehr diesem Thema entziehen. Die Märkte hätten im Autojahr 2021 ein viel besseres Ergebnis zugelassen, aber nach einem wirklich guten ersten Halbjahr hat uns der Chipmangel in der zweiten Jahreshälfte mit aller Härte getroffen. Die anhaltenden Engpässe haben in der gesamten Industrie zu extremen Produktions- und Lieferengpässen geführt, die wiederum in ungewöhnlich langen Lieferzeiten für die KundInnen mündeten. Auch 2022 wird die Lage für die Automobilindustrie angespannt bleiben; die schrittweise Erholung der Versorgung mit Halbleitern wird sich mindestens noch über die beiden nächsten Autojahre ziehen.

Wie sehr ist Porsche vom vielzitierten Fachkräftemangel betroffen?

Gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die länger in einem Unternehmen bleiben und dieses mitgestalten wollen, sind Fundament und Erfolgsgarant für die Porsche Holding Salzburg. Der vielzitierte Fachkräftemangel schlägt bei uns ebenfalls in vielen Bereichen mit voller Kraft durch, weshalb wir bereits vor längerer Zeit eine Vielzahl an Ausbildungsprogrammen im Unternehmen aufgesetzt haben, um dem entgegenzuwirken. Die Bandbreite reicht von der Lehrlingsausbildung und Trainee-Programmen über ein MBA-Programm in Kooperation mit der Wirtschaftsuniversität Wien, bis hin zu spezifischen Finanz- und IT-Programmen. Wir sind – und darauf sind wir wirklich sehr stolz – mit über 600 Lehrlingen in 10 verschiedenen Lehrberufen der größte Lehrlingsausbilder in der Automobilbranchen in Österreich; jährlich nehmen wir rund 200 neue Lehrlinge auf.  

Was macht Porsche zu einem attraktiven Arbeitgeber?

Als international tätiges Unternehmen, welches in verschiedenen Geschäftsbereichen – vom Vertrieb über das Bankenwesen bis hin zur IT tätig ist, bietet die Porsche Holding zahlreiche Entwicklungs-, Qualifizierungs- und Karrierechancen; diese reichen vom Lehrberuf bis ins obere Management. Gute Leute werden bei uns entdeckt, gehalten und weiterentwickelt. Natürlich bedeutet das für uns auch, dass wir uns auf die sich ständig verändernden Arbeitswelten einstellen und reagieren müssen. Corona hat zum Beispiel, was das mobile Arbeiten betrifft, wie ein Katalysator gewirkt und dieses quasi über Nacht salonfähig gemacht. Seinen MitarbeiterInnen den nötigen Respekt und echte Wertschätzung im Umgang miteinander entgegenzubringen und zu erkennen, dass das Team der Motor für Erfolg und Arbeit ist, haben die Porsche Holding Salzburg immer ausgezeichnet. Das ist mit ein Grund, warum in unserem Unternehmen oftmals mehrere Generation einer Familie über viele Jahrzehnte beschäftigt sind.

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Wir würden Sie gerne auch als Privatperson etwas näher kennenlernen, abschließend daher noch ein paar persönliche Fragen:

Wie wichtig sind Mentoren/Förderer? Welche waren das bei Ihnen?

Von der Schulzeit bis zum Arbeitseintritt hatte ich immer Mentoren, die mich gefördert und mir so Weiterentwicklung ermöglicht sowie an mein Potenzial geglaubt haben. Bei der Porsche Holding Salzburg waren es anfangs der damalige CFO und danach die Familien Porsche und Piëch, welche Bodenständigkeit und Leistung immer honoriert haben.

Was inspiriert Sie und worauf sind Sie besonders stolz?

Wandel und Veränderung. Besonders stolz bin ich darauf, dass wir die ständige Transformation in unserer Branche zusammen mit den MitarbeiterInnen in einer wertschätzenden Art und Weise professionell meistern und vorantreiben.

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?

Mit einer positiven Lebenseinstellung gelingt alles viel einfacher.

Worauf könnten Sie nicht verzichten?

Familie und Sport – beide helfen mir, die Balance zu halten.

Was bedeutet für Sie persönlich Glück?

Gesundheit und Zufriedenheit.

Sie können EIN Weltproblem lösen – welches wäre das? 

Besonders berührt mich das Leid von Kindern in der ganzen Welt.

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