Die Anforderungen an Perspektiven gebende Top Leadern waren noch nie so hoch. Krisenmanagement und positive Zukunftsaussichten sind gefragt.
Die aktuelle Studie „Österreichs Unternehmen im Corona-Griff“ von Great Place to Work stimmt nachdenklich: Die andauernde Krisensituation hat mittlerweile folgenschwere Auswirkungen auf das gegenseitige Vertrauen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden. Verunsicherung und Orientierungslosigkeit zieht eine immer breiter werdende Schneise durch Österreichs Unternehmen.
Wie geht’s denn den Top Leadern?
Als Kapitäne oder Leuchttürme ihrer Unternehmen ist das Top-Management heute gefragter denn je. Menschen brauchen in unsicheren Zeiten Orientierung und ein gewisses Maß an Sicherheit. Dies erwarten sich Mitarbeitende von „ihren“ Top Leadern. Doch auch sie sind Corona unvermittelt und ohne Blaupause ausgeliefert.
„Wer in den letzten Jahren seine Kultur-Aufgaben gemacht hat, kann auch in der Krise auf dem stabilen Fundament des Vertrauens aufbauen“, versichert Doris Palz, Managing Director von Great Place to Work. „Wenn alle im Unternehmen an dasselbe glauben, lässt sich auch eine unvorhersehbare Zukunft gestalten.“
Die persönliche Belastung zeigt sich bei Top-Führungskräften und dem Mittel-Management am stärksten ausgeprägt. 67 Prozent der First Level Führungskräfte sowie 52 Prozent des mittleren Managements fühlen sich von der Krise persönlich belastet. Diese persönliche Belastung geht bei einem Viertel der Führungskräfte des mittleren Managements Hand in Hand mit der Sorge um Arbeitsplatzverlust. Ähnlich verbreitet ist mit 27 Prozent die Angst vor Jobverlust nur bei Menschen, die weniger als zwei Jahre in ihrem Unternehmen tätig sind.
Die Unsicherheit der Führung zieht Verunsicherung bei Mitarbeitenden nach sich: Im Vergleich zur Great Place to Work Trend Studie vom Juni 2020, als noch 57 Prozent der Befragten bestätigten, dass die Führungskräfte auch für ihre Ängste und Sorgen offene Ohren haben, erleben dies in der aktuellen Erhebung nur noch 41 Prozent der Befragten.
Mit den eigenen Sorgen und Nöten bei den Führungskräften Gehör zu finden, ist Basis für gegenseitiges Vertrauen und Zuversicht. Dass dieser Wert innerhalb eines halben Jahres um 16 Prozent gesunken ist, zeigt auf, dass die Belastungsgrenze vieler Führungskräfte erreicht oder überschritten ist.
Menschen suchen Orientierung
Im Juni zeigten sich die Befragten gut informiert, was die Corona-Maßnahmen in ihrer Organisation betreffen. Knapp drei Viertel gaben demzufolge an, das Gefühl zu haben, stets auf dem Laufenden zu sein. Die aktuellen Werte zeigen ein anderes Bild: Nur noch 57 Prozent der Befragten geben an, über die Maßnahmen der eigenen Organisation im Zusammenhang mit der Corona-Thematik gut informiert zu sein. Nicht verwunderlich daher, dass sich die Befragten mehr und transparente Kommunikation wünschen sowie mehr Empathie von ihren Führungskräften erwarten.
Befragt um die Vorbildwirkung der TOP LEADER gaben noch vor einem halben Jahr immerhin 37 Prozent der Befragten an, dass sie ihre Führungskräfte vorbildhaft wahrnehmen. Die aktuelle Studie macht auch diesbezüglich nachdenklich: Lediglich 28 Prozent – also etwas mehr als ein Viertel der heimischen Arbeitnehmer – stimmen der Aussage „Die oberen Führungskräfte leben die besten Eigenschaften unserer Organisation vor“ zu.
Chancendenken weicht Verunsicherung
Insgesamt zeigen sich Österreichs Arbeitnehmende stark verunsichert. Waren vor einem halben Jahr noch 42 Prozent davon überzeugt, dass sich aus der Corona-Krise für ihr Unternehmen neue Chancen und Möglichkeiten ergeben und sie daher gestärkt aus der Krise gehen werden, sind es jetzt nur mehr 33 Prozent, die sich optimistisch zeigen: Ein alarmierender Rückgang um beinahe zehn Prozent!
Homeoffice hat sich vor wenigen Monaten in vielen Unternehmen als Rettungsanker während des ersten Lockdowns erwiesen und wird auch nach neun Monaten als stärkste Veränderung im Arbeitsleben wahrgenommen. 30 Prozent der Befragten mit Homeoffice-Erfahrung geben an, schon vor Corona im Homeoffice gearbeitet zu haben – für 70 Prozent sind die Erfahrungen neu und positiv.
Enttäuscht zeigen sich jene 21 Prozent der Befragten, die durch den ersten Lockdown ins Homeoffice gewechselt sind und gute Erfahrungen gemacht haben, nun aber wieder vollständig im Office arbeiten müssen. Von dieser Gruppe geben auch lediglich zehn Prozent an, dass sich die Zusammenarbeit während der Corona-Krise verbessert hat. Die Gruppe, die erstmals Homeoffice-Erfahrung gemacht hat und dies auch weiter praktizieren kann, stimmt der Frage „Durch die Corona-Krise hat sich die Art und Weise unseres Zusammenarbeitens deutlich verbessert“ mit 31 Prozent zu.
Virus-bedingte Veränderungen
Wenngleich knapp die Hälfte der Befragten noch nie in Homeoffice gearbeitet hat, geben 28 Prozent an, dass die größten Veränderungen Homeoffice und Digitalisierung sind.
Interessant scheint, dass, obwohl 100 Prozent der Österreicher von der Einführung von Mund-Nasen-Schutz, Hygienevorschriften und physischem Distanzhalten umfasst sind, lediglich 19 Prozent der Befragten dies als Veränderung in ihrem Arbeitsleben angeben. Das lässt die Vermutung zu, dass diese grundlegenden Sicherheitsvorschriften bereits Einlass in den Arbeitsalltag gefunden haben.
Was soll sich ändern?
Auf die Frage nach jenen drei Dingen, die sich im Unternehmen ändern sollen, haben 85 Prozent der Befragten geantwortet und folgende TOP-Wünsche genannt:
TOP 1: Mit 16 Prozent aller Nennungen reihen die Befragten den Wunsch nach klarer, kompetenter und empathischer Führung auf Platz 1.
TOP 2: An zweiter Stelle nennen die Befragten den Wunsch nach einer von Vertrauen geprägten Unternehmenskultur, in der gegenseitige Wertschätzung und Respekt gelebter Alltag sind (14 Prozent) – gleichauf mit Themen, die eine finanzielle Entschädigung beinhalten.
TOP 3: Homeoffice und dessen Ausstattung rangieren, gepaart mit dem Wunsch, auch weiterhin teilweise aus dem Homeoffice arbeiten zu können, mit 11 Prozent auf Platz 3.