„Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt!“

Strafrechtsexpertin Mercedes Vollmann-Schultes über die strafrechtlichen Konsequenzen von Mobbing-Attacken auf Facebook, WhatsApp & Co.
© Lukas Bezila
Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt
Mercedes Vollmann-Schultes ist Expertin für Strafrecht mit eigener Kanzlei in St. Pölten und einer Sprechstelle in Wien.

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Im Zeitalter der Digitalisierung und ständigen Nutzung von Social Media ist Cybermobbing zu einem weitverbreiteten Problem geworden. Kurze Kommunikationswege und die enorme Breitenwirkung einzelner Mitteilungen sowie die Anonymität der User führen zur Verbreitung von Inhalten, die anderen Menschen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch höchstpersönlich schaden können. Laut einer repräsentativen Studie des Bündnis gegen Cybermobbing e.V. waren 2021 in Österreich bereits 13,5 Prozent der Befragten von Cybermobbing betroffen. Besonders alarmierend ist die Zahl in der Altersgruppe der 18 bis 24-jährigen ÖsterreicherInnen in der „Generation Smartphone“ kamen bereits 21 Prozent mit Mobbing im Netz in Berührung.

Digitale Hetze und Online-Attacken

Cybermobbing ist seit 2016 in Österreich strafbar. Dabei geht es um Diffamierung einer Person, die online über das Internet, Social-Media-Kanäle oder mit dem Smartphone stattfindet. So werden etwa von intimen Fotos veröffentlicht oder versendet. Im Internet werden vor allem Foto- und Videoplattformen wie YouTube, Soziale Netzwerke wie Facebook oder Instagram sowie Messenger Dienste wie WhatsApp oder Telegram für diese Angriffe missbraucht. Durch die digitale Art der Verbreitung wird rasch eine große Reichweite erzielt, die Fotos sind daher für einen größeren Personenkreis sicht- und wahrnehmbar. Fatal dabei: ist etwas einmal online veröffentlicht, kann man es meist nicht mehr so schnell wieder entfernen. 

Es handelt sich bei Cybermobbing um eine systematische Attacke, die darauf abzielt, die Ehre oder höchstpersönliche Lebensbereiche – wie Sexualität, Religion, Krankheit oder das Familienleben – des Opfers zu beschädigen oder zu beinträchtigen. In manchen Fällen kann es für die Opfer neben dem kompletten Rückzug aus den sozialen Medien oder dem Freundeskreis auch zu Schulwechsel, Jobverlust oder einer Trennung kommen. Zu den Motiven von jungen und erwachsenen Cybermobbern zählen oftmals Machtdemonstrationen, der Wunsch nach Anerkennung oder Gruppenzugehörigkeit, Langeweile, aber auch persönliche Motive wie Rache bei Trennung oder Zurückweisung und Eifersucht. Die Attacken gehen in der Regel von Personen aus dem eigenen Umfeld aus.

© PantherMedia/Andriy Popov
Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt
„Gerade Jugendliche erkennen diese Grenzen zwischen Spaß und Ernst nicht”, weiß die Strafrechtsexpertin Mercedes Vollmann-Schultes.

Die Grenze zwischen Spaß und Ernst erkennen

„Eine private beleidigende Facebook- oder Instagram-Nachricht oder eine beleidigende Äußerung über „WhatsApp“ nur an eine bestimmte Person ist daher jedenfalls nicht strafbar. Das Posten einer solchen Nachricht über Instagram oder Facebook, macht sie jedoch wahrnehmbar; sofern der Profil Nutzer mehr als 10 Freunde bzw. Follower hat, macht er sich durch Posten über einen längeren Zeitraum (oftmals reicht schon eine Woche) strafbar“, sagt die Strafrechtsexpertin Mercedes Vollmann-Schultes. Die niederösterreichische Strafrechtsverteidigerin weiß: „Gerade Jugendliche erkennen diese Grenzen zwischen Spaß und Ernst nicht. Doch Beleidigungen, Drohungen oder die scheinbar harmlose Verbreitung von intimen Bildern und Videos im Internet oder auf sozialen Plattformen können schwerwiegende strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Dann ist das Know-how einer erfahrenen Rechtsanwältin notwendig, um die richtigen juristischen Schritte einzuleiten.“ 

Kein rechtsfreier Raum

Denn TäterInnen bewegen sich im Web oder in sozialen Medien nicht in einem rechtslosen Raum und können zur Rechenschaft gezogen werden. Waren früher allein Tatbestände der üblen Nachrede, Beleidigung oder Verleumdung strafrechtlich relevant, so kennt das österreichische Gesetz seit 2016 einen eigenen Paragrafen (§ 107c des österreichischen Strafgesetzbuches) zur strafrechtlichen Verfolgung von Cybermobbing. 

„Bei einer Verurteilung droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen. Bei besonders schwerwiegenden Fällen kann der Strafrahmen aber noch höher ausfallen, etwa wenn innerhalb eines Jahres fortgesetzt Delikte zum Cybermobbing vorliegen.“

Worst case

„Sollte eine Cybermobbingattacke zu einem Selbstmordversuch oder sogar Selbstmord einer betroffenen Person führen, drohen bis zu drei Jahre Haft. Bei Jugendlichen gilt das halbe Strafmaß oder es kommt zu einer Diversion. So können die Jugendlichen ihre Strafe in Form von gemeinnütziger Arbeit oder Sozialstunden in einem Seniorenheim oder Einrichtungen wie dem Roten Kreuz ableisten“, klärt die 32-jährige Strafrechtsexpertin Vollmann-Schultes auf.

Daher ist es wichtig, Kinder und Jugendliche schon früh über die strafrechtlichen Konsequenzen von Cybermobbing aufzuklären und für das Thema zu sensibilisieren. Denn wer einmal Mobbing-Handlungen im Internet oder via Smartphone begangen hat, kann diese nicht mehr rückgängig machen. Reue zeigen, ehrliche Entschuldigungen und späte Einsicht können den entstandenen Schaden meist für Opfer wie Täter nicht mehr ungeschehen machen.

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