Christine Catasta

Sie ist die erste Frau an der Spitze eines Big-Four Beratungsunternehmens in Österreich. Und sie mag es bunt: Christine Catasta fördert bei PwC die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben. Und sie hat keine Scheu, sich von einem jungen Mitarbeiter die Digitalisierung erklären zu lassen.
© Richard Tanzer

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Eine Verbindung fürs Leben

Privat
Die Wienerin Christine Catasta ist mit dem Erste-Group-Manager Mario Catasta verheiratet. Mit ihm hat sie zwei erwachsene Kinder. Sport, sei es Golf, Tennis, Skifahren oder Paddeln auf der Donau, ist ihre große Leidenschaft.

Karriere
Catasta studierte an der WU Wien schneller als in Mindestzeit Handelswissenschaften. 1982 begann sie nach etlichen Auslandspraktika bei PwC, wo sie 2018 zur Senior-Partnerin ernannt wurde.

PwC Österreich
Das Beratungsunternehmen gehört zu den sogenannten „Big Four“. 2018 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 145,8 Millionen Euro, den Großteil davon mit Steuer- und Rechtsberatung. PwC Österreich beschäftigt 1.100 Mitarbeiter.  

Viel hätte nicht mehr gefehlt und Christine Catasta wäre der Versuchung erlegen. Rund um den Jahreswechsel 2018/19 standen alle Zeichen darauf, dass die PwC- Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin den Sprung in den politiknahen Bereich machen würde. Sie war als Aufsichtsratschefin der mächtigen Industrieholding ÖBAG mit den Staatsbeteiligungen an der OMV, der Post, den Casinos Austria, dem Verbund, der BIG und der Telekom Austria im Gespräch. Geworden ist es schließlich jemand anderer, nämlich Helmut Kern, ein ehemaliger enger Mitarbeiter der Beraterin. „Ich musste mir damals innerhalb eines Tages überlegen, ob ich das Angebot annehme oder nicht. Diese Situation war schon sehr ungewöhnlich für mich“, sagt Catasta, die seit Mitte 2018 als erste Frau an der Spitze eines Big-Four- Unternehmens in Österreich steht.
Compliance-Gründe hätten schließlich dazu geführt, dass die PwC-Senior-Partnerin doch nicht zur ÖBAG wechselte, schließlich hat sie als Beraterin fast mit jedem großen Unternehmen in diesem Land schon einmal etwas zu tun gehabt. „Außerdem war die Rolle als Senior-Partnerin von PwC so etwas wie die Krönung meiner Karriere. Und ich war gerade mittendrin, mich auf diese Rolle so gut wie möglich vorzubereiten“, erzählt die 61-Jährige. Es war nicht das erste Mal, dass die Beraterin in Versuchung geführt wurde, ihrem Arbeitgeber den Rücken zu kehren. Einmal stand sie sogar kurz vor der Vertragsunterzeichnung. „Was mich letztlich zurückge-halten hat, war das gute Arbeitsklima, die Flexibilität, die ich bei PwC genossen habe“, sagt sie. Wenn gerade niemand für ihre zwei Kinder zum Babysitten zur Hand war, nahm sie sie einfach mit in das Büro und irgendwer kümmerte sich schon um sie. „Meine Kinder fühlten sich hier wohl. Und ich habe mich gefragt: Werde ich woanders auch diese Unterstützung bekommen?“ Auch damals fiel die Entscheidung gegen den Jobwechsel. Oder besser gesagt: für PwC.

„ICH HABE MICH DAMALS FÜR DEN NEUEN BEREICH UNTERNEHMENSBERATUNG GEMELDET. DURCH MEINE ERFAHRUNGEN AUS LONDON WAR ICH SO ETWAS WIE EINE EINÄUGIGE UNTER BLINDEN. ABER DAFÜR MUSSTE ICH MEINE KOMFORTZONE VERLASSEN.“

Mag. Dr. Christine Catasta

Perfect Match

PwC und Christine Catasta – das ist so etwas wie das Perfect Match, eine beinahe lebenslange Verbindung aus karrieretechnischer Sicht. Mehr als 37 Jahre ist sie nun schon im Beratungsunternehmen tätig und sie hat es nie bereut. „Meine Vorgesetzten hatten immer ein offenes Ohr für mich und man gab mir genügend Raum“, schwärmt sie von ihrem langjährigen Arbeitgeber. Vor allem die ehemaligen PwC-Partner Günther Robol und Friedrich Rödler, aktuell Aufsichtsratsvorsitzender der Erste Group, erwähnt Catasta immer wieder lobend. Sie seien ihre Mentoren gewesen und hauptverantwortlich dafür, dass Catasta dem Haus so lange treu blieb.


Begonnen hat die WU-Absolventin als Wirtschaftsprüferin, damals noch bei Price Waterhouse. Ein Secondment führte Catasta im Jahr 1997 nach London, wo das Corporate-Finance-Geschäft in vollem Gang war. Bei ihrer Rückkehr suchte man bei PwC jemanden, der die Unternehmensberatung völlig neu aufbaut. Catasta: „Ich habe mich dafür gemeldet. Durch meine Erfahrungen aus London war ich so etwas wie eine Einäugige unter Blinden. Aber dafür musste ich meine Komfortzone verlassen“, erinnert sie sich.
Heute macht der Advisory-Bereich, den die Managerin aus dem Nichts aufgebaut hat, fast ein Drittel des ganzen Geschäfts bei PwC aus. Und er wächst weiterhin sehr stark. Bei ihrem Karriereweg an die Spitze des mit 1.100 Mitarbeitern aktuell drittgrößten Beraters Österreichs kam der Managerin aber auch eine tüchtige Portion Hartnäckigkeit zugute. Als PwC daran kiefelte, nicht genügend Kompetenz im Bereich Banking zu haben, lud Catasta sich einfach bei ihren Kollegen in Deutschland ein. „Ich wusste, dass unsere deutschen Kollegen regelmäßig zum Skifahren am Arlberg waren. Also habe ich mich bei diesen Treffen eingeladen“, erzählt sie. Geführt hat das schließlich dazu, dass PwC Österreich und PwC Deutschland in Sachen Banking fortan gemeinsame Sache machten.

Aktives Networking

Überhaupt setzt die gebürtige Wienerin sehr stark auf Networking, auch außerhalb von PwC. Das Angebot aus der Politik im letzten Jahr kam nicht von ungefähr, denn die Beraterin streckte gezielt ihre Fühler Richtung Regierung aus. Im Rahmen des Z-Clubs sprach Catasta kurzerhand die Kurz-Beraterin Gabi Spiegelfeld an und fragte, ob sie nicht bei den Expertengesprächen der Regierung Kurz I dabei sein könne. Sie konnte. „Das Team Kurz hat sich sehr stark mit der Wirtschaft verknüpft. Das ist uns sehr zugutegekommen, weil manche Minister ihre Ressorts wie Unternehmen geführt haben“, berichtet Catasta, die den öffentlichen Bereich von PwC in dieser Zeit stark ausbauen konnte.
Den Weg an die Spitze von PwC hat die Mutter zweier Kinder nie mit Verbissenheit verfolgt. „Ich habe es anders als viele Männer nie angestrebt, an der Spitze zu stehen.“ Wichtiger war ihr immer, dass sie und ihr Umfeld sich wohlfühlten. Das war schon während des Studiums so, berichtet sie. „Es war mir wichtig, auch meine Kommilitonen durch das Studium zu kriegen.“ Also organisierte Catasta, die ihr Studium schneller als in Mindestzeit absolvierte, im Haus ihrer Eltern in Hietzing regelmäßig Lernzirkel.

Hilfe vom Reverse Mentor

Dass sich die Mitarbeiter bei PwC wohlfühlen, steht auch als Senior-Partnerin bei ihr an oberster Stelle. Deshalb setzt sie auch sehr stark auf Diversity. „Ich war immer schon überzeugt davon, dass das Unternehmen guttut und inzwischen gibt es dazu ja genügend Studien.“ Als PwC-Chefin fördert sie aber nicht nur Frauen – aktuell liegt der Anteil bei mehr als 60 Prozent und bei 35 Prozent in Führungspositionen –, sie hat auch das sogenannte „GLEE-Netzwerk“ eingeführt. Glee steht für „Gay“, „Lesbian“ und „Everyone Else“. „Es soll sich hier bei uns jeder wohlfühlen. Egal welche Nationalität, Sexualität oder Religion er hat“, sagt Catasta. Auch die Verschränkung unterschiedlicher Altersgruppen ist der Chefin ein großes Anliegen, und so hält sie mit den jüngeren Mitarbeitern regelmäßig ein Sundowner Event auf der 58. Etage im DC Tower über den PwC-Büros ab. Außerdem hat sie sich einen „Reverse Mentor“ zugelegt, einen jüngeren Mitarbeiter, der ihr das Thema Digitalisierung näherbringt.

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