Optionshandel ist wieder „in“: Comeback eines Klassikers 

Anleger setzen wieder verstärkt auf den Optionshandel. Dazu trägt auch das höhere Zinsniveau bei. Mit Puts und Calls werden ausgefeilte Anlagestrategien umgesetzt, die schon fast vergessen waren.
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Optionshandel ist wieder „in“: Comeback eines Klassikers

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Das Wall Street Journal berichtete bereits im Winter über einen Trend, der nun auch deutsche Anleger erfasst: Der Optionshandel gewinnt wieder an Bedeutung. Mehr als 40 Millionen Call-Optionskontrakte wechselten Anfang Februar laut CBOE-Daten an einem einzigen Tag den Besitzer – der höchste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen.

Der Trend ist längst über den Atlantik geschwappt. „Auch wir sehen wachsendes Interesse unserer Kunden am Optionshandel“, sagt Shanna Strauss, stellvertretende Vertriebsleiterin bei dem Brokerhaus Freedom Finance Europe Ltd. Der Broker ist seit mehreren Jahren auch auf dem europäischen Markt mit der Online-Handelsplattform Freedom24 vertreten. Strauss zufolge steigt die Zahl der Optionshändler ebenso wie ihr Anteil an der Kundschaft und die pro Optionshändler gemessene Handelsaktivität.

Optionen sind starke Werkzeuge für die Vermögensverwaltung 

Optionen sind anspruchsvolle Finanzgeschäfte, die Anlegern einiges an Wissen und Erfahrung abverlangen. Richtig eingesetzt eröffnen die Kontrakte allerdings neue Welten bei der Risikosteuerung, die mit Wertpapieren allein nicht zugänglich wären.

So feiert die 90/10-Strategie derzeit ein Comeback. Die Strategie war über Jahrzehnte beinahe ein Goldstandard in der professionellen Vermögensverwaltung. Sollten die Risiken des Portfolios minimiert werden, wurden die Anlagen in Anleihen und Call Optionen auf einen Aktienindex aufgeteilt. 

Und so funktioniert es: Ungefähr 90 % des Portfolios werden in festverzinsliche Wertpapiere wie z.B. Staatsanleihen investiert. Dieser Anteil muss so groß sein, dass nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums von z.B. zwei Jahren durch Zins und Tilgung der Anleihen der Ausgangsbetrag sichergestellt ist.

Die verbleibenden 10 % werden in eine Call Option am Geld oder nahe am Geld auf große Indizes wie DAX oder S&P 500 investiert – mit einer Laufzeit passend zur Fälligkeit der Anleihen. Kommt es im Index zu stagnierenden oder sinkenden Kursen, verliert die Option ihren Wert. 

90/10-Strategie: In schlechten Jahren null, in guten Jahren ansehnliche Gewinne

Der Verlust wird jedoch durch die Erträge der Anleihen wieder ausgeglichen, sodass der nächste Anlagevorgang mit demselben Betrag gestartet werden kann. In schlechten Börsenphasen verlieren Anleger mit der 90/10-Strategie nominal also nichts. 

In guten Börsenjahren kann die Call Option dagegen beachtliche Renditen erzielen. Im Kern geht es bei der Strategie also darum, in schlechten Jahren nichts zu verlieren und in guten Jahren so viel zu verdienen, wie es der Aktienmarkt erlaubt. Der Gewinn ist – theoretisch – nicht begrenzt. 

Das über viele Jahre niedrige Zinsniveau hatte die 90/10-Strategie jedoch ad absurdum geführt: Wo es keine Zinsen für Anleihen gibt, gibt es auch keine Erträge, die den anfänglichen Einsatz für die Optionen am Ende sicher ausgleichen.

Die Marktsituation hat sich jedoch grundlegend gewandelt. „Heute können Sie mit einer zweijährigen US-Staatsanleihe bis zur Fälligkeit ausreichend sichere Erträge erzielen, um die 90/10-Strategie umsetzen zu können“, verweist Strauss auf die aktuellen Renditen am Bondmarkt. 

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Optionshandel ist wieder „in“: Comeback eines Klassikers

Optionen zur Absicherung – und zur Spekulation

Die Renditen von Anleihen großer und bonitätsstarker Unternehmen liegen häufig noch über dem Niveau der Staatsanleihen. Mit diesen Papieren können Anleger einen größeren Anteil in die Call Option investieren und so die Renditechancen erhöhen – ohne am Ende der Planlaufzeit einen nominalen Verlust hinnehmen zu müssen.

Doch auch zu Absicherungszwecken werden Optionen häufiger gehandelt. Dabei schützen nur wenige Anleger ihr gesamtes Portfolio dauerhaft durch eine Protective-Put-Strategie – weil deren Kosten recht hoch ausfallen. Vielmehr werden Puts gezielt gekauft, um Kursverluste rund um bestimmte Events abzusichern. „Das sehen wir etwa rund um wichtige Termine großer Tech-Unternehmen wie Alphabet, Microsoft oder NVIDIA“, erzählt Strauss. 

Diese Aktien stehen auch bei spekulativen Optionsgeschäften im Vordergrund – jedenfalls derzeit. „Der Großteil der spekulativen Positionen entfällt auf Aktien mit hohem Kursmomentum – das ist eigentlich immer so“, erläutert Strauss. 

Günstiger als Optionsscheine 

Für aktive Händler bieten Optionen gegenüber Optionsscheinen vor allem Kostenvorteile. Optionskontrakte werden über regulierte Börsen wie Eurex oder CBOE gehandelt. 

Optionsscheine dagegen sind Wertpapiere, die echte Optionen imitieren. Dazu kaufen Emittenten an der Börse echte Optionen und verkaufen diese in Form von Optionsscheinen an ihre Kunden weiter – zum Teil mit drastischen Zuschlägen auf den Preis. Das erschwert die Suche nach fair bewerteten Produkten. 

Weitere Kosten fallen im Handel an sich an – in Form von Ordergebühren und/oder Spreads. Optionsscheine werden häufig außerbörslich direkt mit dem Emittenten gehandelt – die dabei als Market Maker fungieren.

Optionshandel: Angebote im deutschen Privatkundenmarkt noch unterentwickelt 

Freedom24 entschied sich beim Eintritt in den europäischen Markt, das Angebot im Optionshandel weitgehend so anzubieten, wie es auch in den USA der Fall ist. Dort sind rund 1 Mio. Optionen auf 2.500 US-Aktien handelbar. 

Der Broker berechnet 0,65 EUR pro Kontrakt und ist damit eigenen Angaben zufolge der günstigste Anbieter für US-Aktienoptionen in Deutschland. Auf der anderen Seite des Atlantiks sind Preise auf diesem Niveau dagegen üblich.

Ein Blick in die Preisverzeichnisse deutscher Anbieter verrät, dass der Optionshandel in der Produktpolitik lange vernachlässigt wurde. Viele Broker bieten erst gar keinen Optionshandel an – manchmal aus Sorge um eine Kannibalisierung des eigenen Geschäfts mit Optionsscheinen, manchmal, weil die Anbindung an eine Terminbörse fehlt.

Wo Optionshandel angeboten wird, sind Anleger oft auf die Eurex beschränkt – und mit sehr hohen Gebühren konfrontiert. Für einen einzelnen Trade können durchaus 20 EUR an Grundgebühr, Provision, Devisenkurszuschlag etc. anfallen. Insofern überrascht es nicht, dass kulturell und preislich eher angelsächsisch geprägte Broker wie Freedom Finance Europe Ltd. großen Zulauf erfahren.

Risiken beachten

„Natürlich kommen uns die eher konservativen Gebührenmodelle der europäischen Konkurrenten entgegen“, räumt Strauss ein. Insgesamt sei der Optionshandel jedoch noch eine Nische. Die meisten Kunden interessierten sich für den Handel mit Aktien und ETFs. Das Optionsangebot richte sich an erfahrene Privatanleger und nicht primär an Börsenprofis. 

Deshalb sind auch Shortpositionen im Optionshandel – also etwa das Schreiben einer Call Option – bei dem Broker bislang nicht möglich. Bei solchen Geschäften können Anleger theoretisch mehr als ihren Einsatz verlieren. Beim einfachen Kauf von Optionen ist das Risiko dagegen auf den Einsatz begrenzt. 

Anleger sollten die Risiken des Optionshandels verstehen – und ebenso die Natur der Produkte. Der Preis einer Option setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen und reagiert manchmal anders auf Marktentwicklungen als intuitiv zunächst nachvollziehbar. 

Disclaimer

Ihr Kapital ist gefährdet. Die Prognosen und die bisherige Wertentwicklung sind keine verlässlichen
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bevor Sie eine Investition tätigen. Falls erforderlich, sollten Sie eine unabhängige Anlageberatung
durch einen zertifizierten Experten in Anspruch nehmen.

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