Wie erwartet hat die US-Notenbank Federal Reserve die Leitzinsen um 0,25% Prozentpunkte auf eine Spanne zwischen 3,75 – 4,0% gesenkt. Im Vorfeld zeigten die Inflationszahlen zwar einen anhaltenden Anstieg der Verbraucherpreise, fielen jedoch besser aus als erwartet, was die Aktienmärkte in der Erwartung einer Zinssenkung prompt beflügelte.
„Im September lag die US-Jahresteuerung bei 3,0 Prozent und somit leicht unter der Erwartung von 3,1 Prozent. Auch die Kerninflation, die Komponenten wie Energie und Nahrungsmittel ausklammert, betrug 3,0 Prozent und fiel damit ebenfalls moderater aus als im Vormonat August, als sie noch bei 3,1 Prozent lag“, erklären die Experten Christian Sajowitz und Karl Freidl, Leiter Private Banking Wien sowie Graz, von der Steiermärkischen Sparkasse.
Sektorale Unterschiede
Eine Zinssenkung hat auf die einzelnen Sektoren unterschiedliche Auswirkungen – auch im Lichte eines Inflationsrückgangs und eines verlangsamten Wachstums.
Der Technologiesektor, also IT, Halbeiter und Software, kann zu den Gewinnern niedrigerer Zinsen gehören, da diese als Abzinsungsfaktor (Anm.: rechnet zukünftige Zahlungsströme auf ihren heutigen Wert herunter, um diese vergleichbar zu machen) für die in – teilweise ferner – Zukunft erwarteten Gewinne eine entscheidende Rolle spielen. Wenn eine Zinssenkung als Reaktion auf eine schwache Konjunktur gesehen wird, könnte das für die Branche ein dämpfendes Signal sein, da unter Umständen die Nachfrage etwa für Chips und Hardware leidet.
Für den Finanzsektor, wie Banken oder Versicherungen, ergibt sich bei sinkenden Zinsen ein gemischtes Bild: Einerseits profitieren Banken kurzfristig von einer höheren Nachfrage nach Krediten, was das Geschäftsvolumen steigert. Langfristig kann der geringere Zinsabstand zwischen Einlagen und Krediten jedoch die Gewinne schmälern. Zudem führt die niedrigere Verzinsung von Anlagen und Wertpapieren zu geringeren Erträgen. Gleichzeitig profitieren die Aktienmärkte, wodurch wiederum die Börsenaktivität steigt und Investmentbanken besser verdienen.
Die Industrie und der Grundstoffsektor zählen zu den klassischen Profiteuren einer lockereren Geldpolitik. Finanzierungen werden billiger, Unternehmensinvestitionen für Maschinen, im Transport und am Bau steigen, die Konjunktur erhält Impulse. Schwächere Zinsen bedeuten optional auch einen Rückgang des US-Dollarkurses, was wiederum einen Exportvorteil für produzierende Unternehmen bedeutet.

Ähnlich verhält es sich mit dem Immobiliensektor. Immobilienfinanzierungen werden günstiger, die Nachfrage nach Häusern und Gewerbeimmobilien nimmt zu. Indessen profitieren auch so genannte REITs (Real Estate Investment Trusts), da ihre Dividenden im Vergleich zu sinkenden Anleiherenditen attraktiver werden.
Im Konsumsektor ist zwischen dem zyklischen und dem defensiven zu unterscheiden. Autohersteller, Reiseanbieter und das Luxussegment gelten als zyklisch und profitieren von günstigen Krediten und optimistischeren Verbrauchern. Defensive Sparten wie Lebensmittel und Waren des täglichen Lebens reagieren weniger stark auf niedrigere Zinsen, bleiben aber auch in unsicheren Konjunkturphasen stabil.
Für den Energie – und Rohstoffsektor ist ein tieferes Zinsniveau positiv, falls die Senkung Wachstum signalisiert, also die Wirtschaft stützt und den Energieverbrauch ankurbelt. Umgekehrt würden Vorzeichen einer schwächeren Konjunktur für diesen Sektor ein eindeutig negatives Signal bedeuten.
Das Gesundheitswesen ist ein sehr stabiler Sektor mit einem geringen Zins- oder Konjunktureffekt, hat also einen starken defensiven Charakter, da die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen selbstredend kaum von Wirtschaftsdaten beeinflusst wird. Expandierende Unternehmen aus dem Biotech-Bereich können allerdings ebenso wie andere stark wachstumsorientierte Branchen von günstigeren Finanzierungskosten profitieren.
Kurzfristiges oder nachhaltiges Wachstum?
Die Zinspolitik der US-Notenbank ist also ein wichtiger Baustein für die Entwicklung der einzelnen Sektoren, viel hängt allerdings auch von der Psychologie und vom Vertrauen in die Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump ab. Das derzeit recht robuste Wachstum in den USA spricht für seinen Weg.
Allerdings mahnen Volkswirte, dass die Entwicklung nicht sonderlich nachhaltig sein könnte, und begründen diese Sicht mit Trumps Zollpolitik.
