Es bedurfte einer jahrelangen Vorarbeit für den Tag X. Als Israels Luftwaffe Richtung Iran aufstieg, gingen tief im Feindesland alle hochpräzisen Waffensysteme los, die über Jahre von Agenten eingeschleust worden waren. Sie waren in der Nähe ihrer elektronisch markierten Ziele platziert.
Irans gesamte Generalität sowie Kommandozentren waren mit einem Schlag „enthauptet“. Kommunikationskanäle fielen aus, die Luftabwehr war ausgeschaltet. Drohnen überraschten Generäle auch in ihren Schlafzimmerbetten. Das war eine Meisterleistung des Auslandsgeheimdienstes Mossad. Sie lief nach dem Muster der simultanen Explosionen der 2700 Handys der Hisbollah ab, die mit Sprengstoff präpariert waren. Das Vorgehen erinnert auch an eine Kriegslist der Ukraine, bei der Lastwagen genutzt wurden, um Drohnen tief nach Russland zu transportieren und sie als mobile Abschussrampen für Angriffe auf russische Luftwaffenstützpunkte einzusetzen.
Lange Liste spektakulärer Kommandoaktionen
Der Mossad geht im Iran ein und aus und genießt die Unterstützung oppositioneller Kräfte. Die Iran-Aktion reiht sich in eine Chronik spektakulärer Einsätze des israelischen Auslandsgeheimdienstes ein:
Argentinien, 1960: Entführung des Nazi-Verbrechers und Holocaust-Organisators Adolf Eichmann. Er wurde in einer Kiste nach Israel geschmuggelt und nach einem Prozess hingerichtet.
Damaskus, 1965: In der syrischen Hauptstadt wird der israelische Meisterspion Eli Cohen öffentlich gehenkt. Er wäre fast stellvertretender Verteidigungsminister Syriens geworden. Ihm verdankt Israel den Blitzsieg im Sechstagekrieg.
Irak, 1966: Der Mossad überredet einen irakischen Piloten zur Flucht mit seiner damals modernsten MIG-21 nach Israel. Israels Luftwaffe benötigte dafür, zwecks Ausbildung, ein Feindflugzeug sowjetischer Bauart. Im Sechstagekrieg 1967 hat Israel dann alle syrischen Kampfjets abgeschossen.
Paris, 1969: Der Mossad beschafft sich die Baupläne – 47 Zentner Akten – der französischen Mirage-Jets, deren Auslieferung, obwohl bezahlt, Frankreichs Staatschef De Gaulle verweigerte. Dazu wurde ein Mitarbeiter eines Schweizer Lizenzbauers mit 200.000 Dollar bestochen. Ebenso kaperte der Mossad aus dem französischen Hafen Cherbourg acht Raketenboote, die zwar bezahlt, aber zurückgehalten worden waren.
Ägypten,1969: Ein Mossad-Kommando erbeutet in einer dreistündigen Operation eine sieben Tonnen schwere sowjetische Radarstation der ägyptischen Flugabwehr plus Besatzung.
München, 1972: Nach dem Überfall der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September auf die israelische Olympiamannschaft werden alle 20 Beteiligten sukzessive in gut gesicherten Unterkünften aufgespürt und liquidiert.

Kairo, 1973: Der Mossad-Agent, Schwiegersohn des ägyptischen Präsidenten Nasser und Vertrauter des Präsidenten Sadat, warnt Israel vor dem Angriff zum Oktoberkrieg 1973 – vergeblich.
Entebbe, 1976: Der Mossad ist beteiligt an der Vorbereitung zur Befreiung der Geiseln einer in Tel Aviv gestarteten und nach Uganda entführten Maschine. Die militärische Operation leitet der spätere Premierminister Ehud Barak. Der Offizier Yehonathan Netanyahu, ein Bruder des Premiers, wird getötet.
Irak, 1981: Zerstörung des irakischen Kernreaktors.
Äthiopien, 1981: Rettung der äthiopischen Juden durch eine geheime Evakuierung nach Israel.
London, 1986: Der Mossad entführt den israelischen Atomtechniker Mordchai Vanunu, der Atomgeheimnisse preisgegeben hatte.
Tunis, 1988: Tötung des palästinensischen Terrorchefs Abu Dschihad.
Brüssel, 1990: Tötung des kanadischen Waffeningenieurs Gerald Bull. Er wollte Iraks Saddam Hussein eine „Superkanone“ bauen.
1996: Sprengstoffanschlag auf den Hamas-Chefbombenbauer Yahia Ayash durch Fernzündung seines präparierten Mobiltelefons. Es war dies die erste Tötung eines Feindes durch Einsatz von Elektronik. Viele weitere Tötungen erfolgten auf diese Art.
April 2018: Der Mossad hat eine halbe Tonne bzw. 55.000 Seiten der iranischen Atombehörde entwendet. Aus diesen Plänen zitiert Premier Netanyahu bei seinem Vorwurf, der Iran strebe die Atombombe an.
Iran, 2021: Der Mossad legt durch eine Explosion das Stromsystem der iranischen Atomanlage Natanz lahm.
Dubai, 2010: Tötung von Hamas-Militärführer Mahmud al-Mabhuh in seinem Hotelzimmer.
Iran, 2024: Tötung von Hamas-Chef Ismail Haniya. Er befindet sich auf einem Besuch in Teheran, um der Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten Massud Peseschkian beizuwohnen. Wenige Stunden später wird Haniya in einer streng bewachten Regierungs-Residenz getötet – durch eine ferngezündete Bombe.
Libanon, 2024: Manipulierte Pager (Vorläufer der iPhones) töten bzw. verletzten 2700 Hisbollah-Leute. Der Mossad hat die Aktion akribisch und von langer Hand vorbereitet. Die Hisbollah hatte bei einer Firma in Taiwan Pager für ein eigenes von Israel unabhängiges Kommunikationsnetz bestellt. Die in Taiwan produzierten Geräte wurden dann aber über ein internationales Geflecht von Tarn-Firmen des Mossad insgeheim nach Israel umgelenkt, bevor sie den Libanon erreichten. In Israel bauten Mossad-Spezialisten die kleinen Sprengsätze in die Geräte ein. Zu Beginn des Libanon-Kriegs erteilte Israels Regierung den Befehl zur simultanen Detonation. Detail am Rande: Auch der iranische Botschafter in Beirut trug Verletzungen davon.
Erstveröffentlichung Kronen Zeitung
Autor: Kurt Seinitz