Finanzwelt unter Schock: Disziplin als beste Strategie für volatile Märkte?

In herausfordernden Marktphasen zeigt sich, dass man ein durchaus starkes Nervenkostüm braucht.
© Carolina Frank / Steiermärkische Sparkasse
Finanzwelt unter Schock: Disziplin als beste Strategie für volatile Märkte?
Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien, Steiermärkische Sparkasse.

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Die unberechenbare US-Zollpolitik rüttelt kräftig an den weltweiten Kapitalmärkten und mit den Aktienkursen sinkt oft auch die Zuversicht der Investoren. Viele Anleger:innen stellen sich jetzt die Frage, ob Disziplin die richtige Strategie ist.

„Es gilt, der Versuchung zu widerstehen, Aktien „rechtzeitig“ zu verkaufen, denn der günstige Wiedereinstieg – so lehrt die Erfahrung – gelingt fast nie“, verdeutlichen die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking.

Eine langfristige Geldanlage „glättet“ aber in der Regel auch starke Kursausschläge infolge von Krisen. „Time in the market“ statt „Timing the market“, lautet ein beliebtes Zitat von Börsenexpert:innen.

„Liberation Day“

Die US-Regierung unter Donald Trump hat am 2. April 2025, den der US-Präsident „Liberation Day“ nannte, umfangreiche Zollanhebungen angekündigt. Die Zollsätze übersteigen deutlich die im Vorfeld erwarteten Tarife. Donald Trump zeigt sich nach der Verkündung seines Zollpakets allerdings offen für Verhandlungen.

Aktuell hat er die angeblich reziproken Zölle, die kurz zuvor erst in Kraft getreten sind, für 90 Tage ausgesetzt. Importgüter in die USA würden vorerst nur dem universellen Einfuhrzoll von 10 Prozent unterliegen. Trump begründete sein Nachgeben damit, dass mehr als 75 Länder Verhandlungen mit den USA aufnehmen wollten und bisher keine Vergeltungsmaßnahmen ergriffen hätten.

Eskalation mit China

Gleichzeitig hat Trump zusätzliche Zölle gegen China angedroht. Eine gewisse Eskalation zwischen den USA und China scheinen die Finanzmärkte wohl schon eingepreist zu haben. Doch der Streit mit China spitzt sich zu. Während der Rest der Welt aufatmet, dreht Trump an der Eskalationsspirale gegenüber China mit Importzöllen auf chinesische Waren in Höhe von 125 Prozent. China hat ebenso negativ reagiert und weitere Extrazölle von 50 Prozent sowie zusätzliche Strafmaßnahmen eingeführt.

Höhere Zölle bedeuten eine Steuererhöhung für die USA. Man muss davon ausgehen, dass höhere Zölle die globale Konjunktur voraussichtlich bremsen, die US-Wirtschaft massiv belasten und die Inflation anheizen werden – zumindest kurzfristig. Die von Trump erhoffte Reindustrialisierung der USA ist kurzfristig nicht darstellbar. Die horrenden Zölle würden den Kosten- bzw. Preisdruck deutlich erhöhen. Mittel- bis längerfristig jedoch – und darauf kommt es in der Geldanlage an – werden sich die Handelspartner aller Voraussicht nach anpassen.

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Karl Freidl, Leiter Private Banking Graz, Steiermärkische Sparkasse.
© Margit Kundigraber / Steiermärkische Sparkasse

„Es wird zwischen den betroffenen Ländern zu Verhandlungen kommen. Weitere Änderungen in der Zollpolitik könnten dann folgen“, erklären Alexander Eberan und Karl Freidl, Leiter Private Banking Wien sowie Graz, von der Steiermärkischen Sparkasse.

Strategien?

Auch die Mitgliedsländer der Europäischen Union sind alarmiert. Sie ringen um eine Strategie, mit der sie auf die Zollkaskade von Trump antworten wollen. Die Europäische Union hat geplante Gegenzölle im Handel mit den USA 90 Tage vice versa, als Antwort auf Trumps „Moratorium“, ausgesetzt.

Zuvor hatten die für den Handel zuständigen Minister, der 27 Mitgliedsländer, darüber in Luxemburg diskutiert. Sie haben den USA ein Abkommen zum Freihandel mit Industriegütern angeboten. Autos, aber auch Pharmaprodukte, Chemikalien oder Maschinen könnten in diesem Fall frei zwischen der EU und den USA zirkulieren. Eine endgültige Lösung ist jedoch trotz Verhandlungen, Angeboten und Gegenangeboten nicht in Sicht. Wie der Zollstreit weitergeht, ist derzeit nur schwierig abzuschätzen.

Gemischte Aussichten

Das Risiko für eine Rezession in den USA oder zumindest einer rückläufigen Konjunktur, auch weltweit, nimmt zu. Ein Signal gab der sinkende Ölpreis – ein deutliches Zeichen, dass die Marktteilnehmer mit einer schwächeren globalen Konjunktur rechnen.

Die Investmenthäuser Goldman Sachs und JPMorgan stufen das Risiko einer Rezession und einer steigenden Inflation infolge der jüngsten Zölle als erhöht ein. Die US-amerikanische Notenbank Fed dürfte dann wohl im Fall einer Rezession zu präventiven Zinssenkungen greifen, um den wirtschaftlichen Schaden in Grenzen zu halten.

Allerdings: Es gibt immer noch viele erfolgreiche Unternehmen mit guten Gewinn- und Wachstumsaussichten – diesseits und jenseits des Atlantiks. Die globale Konjunktur läuft noch anhaltend stabil, der Arbeitsmarkt ist sowohl in den USA als auch in Europa robust und die Unternehmensgewinne bleiben hoch.

„In der Ruhe liegt die Kraft“

„Die Erfahrung hat gelehrt, dass im Umgang mit geopolitischen Ereignissen und anderen Marktrisiken taktische, oder gar hektische Portfolioanpassungen nicht erfolgversprechend sind. Eine unaufgeregte Portfolioallokation ist in einem schwierigen Umfeld mit offenem Ausgang von Vorteil. Niemand kann Börsenkurse prognostizieren. Genauso wenig lässt sich das Verhalten von Donald Trump voraussehen. Wer aktiv versucht, Börsenkorrekturen mit Verkäufen zuvorzukommen, erzielt eine systematisch tiefere Rendite beziehungsweise Performance. Das belegt eine ganze Reihe von Studien. Jetzt auf die Auswirkungen von Zöllen und möglichen Gegenzöllen zu spekulieren und daraus Entscheidungen zur Veränderung der Asset Allocation abzuleiten, würde wohl nicht zielführend sein“, meinen die Experten.

Es gilt abzuwarten, wie die angepeilten Verhandlungen zwischen den USA und den betroffenen Ländern verlaufen werden, welche Gegenmaßnahmen es noch geben wird. Anhaltend wichtig ist es, auf eine breite Streuung und somit Diversifikation zu achten, sowohl im Anleihen- als auch im Aktienteil.

Ausblick

Die Unsicherheit an den Finanzmärkten wird in den kommenden Wochen und Monaten vermutlich hoch bleiben. Aufgrund der massiven Kursrückgänge gibt es jedoch bereits erste attraktive Einstiegsniveaus. Einmal mehr ist es, in diesen hochvolatilen und sehr schwankungsintensiven Finanzmärkten, von Vorteil, den sogenannten „Cost Average Effekt“ – das Durchschnittskostenprinzip – in Form eines Investmentplans, etwa eines monatlichen Ansparplanes, zu nutzen.

https://www.sparkasse.at/steiermaerkische

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