Das Marktforschungsunternehmen Ipsos bezeichnet das Jahr 2024 aufgrund der wachsenden populistischen Tendenzen als das wohl größte politische Experiment in der Geschichte der Menschheit. Damit könnten sie recht haben:
Die USA haben gerade erst gewählt und in Deutschland stellt Kanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag – die Neuwahlen am 23. Februar 2025 sind bereits avisiert. Die übermächtig wirkende Politikverdrossenheit, der Unmut und die Zukunftsängste innerhalb unserer Gesellschaft brauchen mehr denn je eine zuverlässige sowie transparente Berichterstattung.
Warum genau diese aktuell schwierig ist, und was Journalist:innen jetzt tun können, weiß Naomi Owusu, CEO und Mitbegründerin von Tickaroo.
„Schneller“ Journalismus und die Vertrauensfrage
Die Exklusivität einer Story sichern, die neuesten Nachrichten zuerst verbreiten oder mit den sozialen Netzwerken um Aufmerksamkeit ringen – Medienschaffende stehen unter enormem Druck, wenn es ums aktuelle Zeitgeschehen geht.
Was darunter leidet, ist vor allem die Qualität der Berichterstattung, wodurch Leser:innen zunehmend das Gefühl bekommen, unvollständige oder zu oberflächliche Informationen zu erhalten. Der Aufstieg des „schnellen“ Journalismus bedeutet zudem, dass Redaktionen immer weniger Zeit haben, die Gültigkeit ihrer Quellen zu überprüfen, was die Bedenken ihrer Zielgruppen nur weiter schürt.
Mit schwerwiegenden Folgen, denn das wachsende Misstrauen in die traditionellen Formate führt zu einer immer stärkeren Abkehr von seriösen Medien und einer vermehrten Orientierung an Plattformen wie TikTok, Telegram und Co.
Die Wahlberichterstattung der unmittelbaren Vergangenheit ist hierfür ein gutes Beispiel. Schließlich wird Journalismus häufig als politisches Werkzeug angesehen, mit dem die öffentliche Meinung kontrolliert wird. Insbesondere in den sozialen Medien werden Nachrichtenorganisationen immer wieder als „links-“ oder „rechtsgerichtet“ und zu „zentristisch“ eingestuft – Zuschreibungen, die oft von Politikern selbst kommen. Diese Polarisierung untergräbt die Integrität der Berichterstattung und verstärkt den Eindruck, dass journalistische Arbeit eher von persönlichen Überzeugungen oder versteckten politischen Agenden beeinflusst wird als von der Verpflichtung zu ausgewogener, faktenbasierter Berichterstattung.
Doch nicht nur das gestiegene Misstrauen, auch die Anforderungen an die Zugänglichkeit der Nachrichten haben sich stark verändert. Konsument:innen wünschen sich Inhalte, die nicht als starre, zeitlich vorgeschriebene Monologe präsentiert werden, sondern die durch Relevanz für ihr tägliches Leben, Kontext, Genauigkeit sowie eine Verbindung zu den Themen und deren Verfasser:innen überzeugen.
Authentizität – nahbarer Journalismus
Eines ist klar: Das aktuelle Bild, das viele innerhalb unserer Gesellschaft von Journalist:innen und Pressevertreter:innen haben, muss sich ändern.
Die Beziehung zwischen Medienschaffenden und dem eigenen Publikum ist dabei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Indem die Menschen in den Redaktionen mit ihren komplexen Aufgaben und ihrer beruflichen Integrität gezeigt werden, können Medienorganisationen ein tieferes Verständnis für den tatsächlichen Prozess hinter der Berichterstattung schaffen.
Für derartige Insights sind Live-Blogs die ideale Lösung, um sowohl Nachrichten in Echtzeit zu liefern als auch die Nachvollziehbarkeit der Informationen zu gewährleisten. Etwa indem die jeweiligen Updates klar als „unbestätigt“ oder „in Entwicklung“ gekennzeichnet werden. Das schafft Vertrauen zwischen Journalist:innen und Leserschaft.
Sie erinnern zudem an den authentischen „old-school“ Journalismus, bei dem Nachrichten direkt vom Ort des Geschehens aus verbreitet werden. Durch die Verlinkung zu zusätzlichen Artikeln, Videos oder Grafiken und die Einbindung von Kommentarfunktionen unterstützen sie eine umfassendere Erzählung, die Lesende ganzheitlich da abholt, wo sie stehen. Dieser „Audience-First“-Ansatz, der über reine Updates hinausgeht, bietet einen direkten Dialog mit dem Publikum und erfüllt dessen zentrales Bedürfnis nach Verbindung – und gerade das ist in Zeiten der wachsenden Nachrichtenmüdigkeit und -vermeidung wichtig.
Denn die Zielgruppe hat eine Meinung und möchte sich am Diskurs beteiligen.
Proaktivität gefordert
Die Geschwindigkeit, mit der sich die politischen Ereignisse in den letzten Wochen entwickelt haben und auch noch entwickeln werden, erfordert proaktives Handeln auf Medienseite.
Die Leserschaft von heute erwartet mehr als nur schnelle Nachrichten. Wer die eigene Integrität sicherstellen sowie transparent sein möchte, kann mithilfe von Live-Blogs einen entscheidenden Zugang zur Zielgruppe schaffen und in einen direkten Dialog treten.
In diesen politisch ungewissen Zeiten ist es entscheidend, dass der Journalismus menschlicher, authentischer und vor allem nahbarer wird, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Medien wiederherzustellen.