Christoph Leitl: Wer muss sich vor Donald Trumps Drohungen fürchten?

Die Ankündigung des designierten US-Präsidenten, die Zölle zu erhöhen, hat Europa aufgeschreckt.
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Christoph Leitl: Wer muss sich vor Donald Trumps Drohungen fürchten?
Europa-Experte Christoph Leitl

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Allein Österreich würde das 4 Milliarden Euro mehr für die Lieferungen von Waren in die USA kosten und damit mögliche Abwanderungen von produzierenden Unternehmen von Europa in die USA beschleunigen. Soweit die Befürchtungen: Ich habe mir die Zeit genommen, die Zahlen im Detail angesehen und dabei ganz interessante Erkenntnisse gewonnen.

Die EU liefert in die USA Exporte in der Höhe von 500 Milliarden Euro pro Jahr, die Importe von den USA belaufen sich auf 360 Milliarden Euro. Damit ergibt sich der von Donald Trump ausgewiesene Handelsüberschuss Europas in der Höhe von etwa 150 Milliarden Euro. Das Bild ändert sich allerdings, wenn man auch den Dienstleistungshandel berücksichtigt. Hier liefert die EU 290 Milliarden Euro, bezieht von den USA jedoch 400 Milliarden Euro. Damit ergibt sich ein Negativsaldo der EU gegenüber den USA von 110 Milliarden Euro.

Waren, Handel und Dienstleistungshandel gleichen sich damit in etwa aus, was ein starker Trumpf in den bilateralen Verhandlungen ist. Stellt die USA Forderungen, kann auch Europa Forderungen stellen. Jean-Claude Juncker hat gezeigt, wie so etwas geht.

Anders sieht es bei den Handelsbeziehungen zwischen USA und China aus. Die US-Exporte nach China betragen 150 Milliarden US$, die Importe aus China 540 Milliarden US$. Dadurch ergibt sich ein Defizit von 390 Milliarden US$, welches Donald Trump im Auge hat, umso mehr als sich die Dienstleistungs-Handelstätigkeit in bescheidenem Rahmen bewegt und die USA hier nur 15 Milliarden US$ Überschuss aufweisen, welcher kaum ins Gewicht fällt.

Christoph Leitl Wer muss sich vor Donald Trumps Drohungen fürchten
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USA und Europäische Union

Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Handelspartner der Europäischen Union. Auf sie entfallen 17% des gesamten EU-Warenverkehrs. Der Anteil Chinas liegt bei 15%. Die Handelsbilanz zwischen der EU und China ist klar zugunsten Chinas: Die EU-Exporte nach China beliefen sich auf 220 Milliarden Euro, währen die EU-Importe aus China 510 Milliarden Euro betrugen. Das Defizit beträgt somit 290 Milliarden Euro.

Im Dienstleistungshandel hat die EU mit 14 Milliarden Euro zwar einen Überschuss, der jedoch angesichts des gewaltigen Defizits im Warenbereich kaum ins Gewicht fällt.

Hier wird oft von den Direktinvestitionen gesprochen: Sie belaufen sich auf 180 Milliarden Euro von EU-Unternehmen in China und 140 Milliarden Euro von chinesischen Unternehmen in der EU.

Handelskrieg ante portas?

Ein im Raum stehender Handelskrieg durch massiv erhöhte Einfuhrzölle der USA gegenüber China würde die Situation für Europa als Ausweichmarkt für chinesische Produkte verschärfen. Ein Mitziehen mit den US-Zollmaßnahmen würde aber den gesamten Welthandel massiv beeinträchtigen und zu weiteren Autarkie-Bemühungen der großen Wirtschaftsblöcke führen. Dies kann nicht im Interesse Europas sein, welches auf wirtschaftliche Partnerschaften weitaus stärker angewiesen ist als China oder die USA.

Diese zahlenmäßige Analyse zeigt jedoch auch deutlich die wechselseitige Abhängigkeit der großen Wirtschaftsblöcke und ihre Verflochtenheit miteinander. Ich gehe daher davon aus, dass Donald Trump sicherlich die von ihm aufgezeigten Initiativen setzen wird, jedoch in einem Umfang, der verträglich ist, auch für amerikanische Interessen. Ich sehe daher die angekündigten 60 %-Zölle als Ausgangspunkt für Verhandlungen, während dessen ich im Verhältnis USA – Europa durch die praktisch ausgeglichene Bilanz die Dinge optimistisch einschätze.

Unabhängig davon hat Europa, im Rahmen einer Industriestrategie, zu definieren, welche Investitionen für Europa systemrelevant sind und nach einem Ende des Ukraine-Krieges auch der Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen mit Russland entsprechendes Augenmerk zu schenken.

Autor: Christoph Leitl

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