Von den derzeit 194 Vorstandsmitgliedern der 56 im WBI gelisteten österreichischen Unternehmen sind 23 weiblich – das ist zwar eine Vorständin weniger als zum 1. Jänner 2024, allerdings lag damals die Zahl der Vorstandsposten um acht höher als zum jüngsten Stichtag.
Denn zu Jahresbeginn standen in insgesamt 202 Vorstandsposten 24 Managerinnen 178 Kollegen gegenüber; damit war auch damals jedes neunte Vorstandsmitglied (11,9 %) eine Frau. Der Langzeitvergleich zeigt einen klaren Aufwärtstrend in der weiblichen Vorstandbesetzung: Mit 1. August 2024 hat sich der Anteil an Frauen im Vorstand gegenüber 2015 bei sehr niedrigem Niveau von 4,1 Prozent auf 11,9 Prozent beinahe verdreifacht.
In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass sich die Zahl der Frauen um 16 Personen von sieben auf 23 erhöht hat, während die Anzahl der Männer in diesem Zeitraum von 171 Vertretern im Vorstand weiter auf 194 gestiegen ist.
Vorstand als Männerdomäne
Der Vorstand bleibt Männerdomäne: 33 von 56 Unternehmen haben derzeit einen rein männlich besetzten Vorstand – das sind mit 59 Prozent fast sechs von zehn Unternehmen. Kein einziges Unternehmen hat mehr als ein weibliches Vorstandsmitglied.
Gab es zu Jahresbeginn noch zwei weibliche CEOs, nimmt derzeit nur mehr eine Frau, Radka Doehring von der Immofinanz-AG, die Position einer Co-CEO ein. Die meisten Frauen arbeiten derzeit als CFOs (7) bzw. sind in operativen Funktionen tätig (9), darunter drei COOs. Diese Zahlen sind seit Jänner unverändert.
Frauenanteil in Aufsichtsräten
Der Frauenanteil in den heimischen Aufsichtsräten zeigt – nach einem Anstieg im Jänner auf 30,9 Prozent – weiter leicht nach oben und erreicht 31,5 Prozent: In den Aufsichtsgremien sitzen wie auch schon zu Jahresbeginn 167 Frauen, aber nur mehr 363 Männer. Im Jänner waren es noch 374 Männer. Somit bleibt zwar die Anzahl der Aufsichtsrätinnen gleich, aber der Prozentsatz erhöhte sich aufgrund der gesunkenen Gesamt-Posten (530 statt 541 im Jänner 2024).
Seitdem mit 1. Jänner 2018 die gesetzliche Genderquote von 30 Prozent in Kraft getreten ist, erhöhte sich der Frauenanteil in den Kontrollgremien der österreichischen WBI-notierten Unternehmen deutlich und kontinuierlich von 19,7 Prozent (Stichtag: Dezember 2017) auf aktuell fast 32 Prozent.
„Der Anteil von weiblichen Vorstandsmitgliedern hat zwar einen historischen Höchststand erreicht, aber zum Feiern ist es dennoch viel zu früh. Es bewegt sich zwar etwas, aber äußerst langsam. Dass nur jede neunte Person im Leitungsorgan dieser Unternehmen eine Frau ist und der Großteil der Unternehmen tatsächlich ausschließlich von Männern geführt wird, bildet nun mal nicht unsere Gesellschaft ab. Die Unternehmen verpassen durch diese traditionell noch immer weitgehend homogen besetzten Gremien eine große Chance, auf den massiven Transformationsdruck, dem sie in den letzten Jahren durch Digitalisierung, Klimawandel und Veränderung der Arbeitswelt ausgesetzt sind, differenzierter zu reagieren. Denn Verschiedenheit in der Zusammensetzung der Gremien bereichert durch unterschiedliche Standpunkte. Selbstverständlich bedeutet dies nicht, dass ein unterschiedliches Geschlecht zwangsläufig zu heterogenen Sichtweisen führt, aber die häufig andere gesellschaftliche Prägung ermöglicht oft einen erweiterten Blinkwinkel. Verschiedene Studien belegen, dass verstärkte Geschlechtergleichheit in Führungspositionen zu einer verstärkten ökologischen Verantwortung durch nachhaltige Investitionen, verbesserter sozialer Performance, erhöhter Mitarbeiter:innenzufriedenheit sowie Chancengleichheit führt. Das sind wiederum derzeit beinahe allgemeingültige Ziele“, kommentiert Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich, die Ergebnisse.
Branchenunterschiede
Am höchsten ist der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder mit 21,4 Prozent, wie auch schon zu Jahresbeginn, in der Immobilienbranche: Hier sind bei den fünf gelisteten Unternehmen unter den insgesamt 14 Vorständ:innen drei Frauen vertreten. Auf den nächsten Rängen folgen die Rohstoff-, Finanz- und Energieversorger-/Energiebranche, wo jeweils jedes achte Vorstandsmitglied weiblich ist. Besonders niedrig ist der Anteil an Vorständinnen mit nur sieben Prozent in der Industrie: Hier sind bei den 12 gelisteten Unternehmen von den 41 Mitgliedern nur drei weiblich. In drei Branchen (Automobilbranche, Telekommunikation, Transport & Logistik) findet sich in den Vorständen sogar keine einzige Frau.
Bei der Besetzung der Aufsichtsgremien ist die Finanzbranche führend, was den Frauenanteil betrifft, denn hier sind fast vier von zehn Gremial-Mitgliedern weiblich (38,8 Prozent), gefolgt von der Transport- und Logistikbranche (37 Prozent), der IT-Branche (34,9 Prozent) und der Energiebranche, wo 33,9 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder weiblich sind. Am niedrigsten ist der Anteil weiblicher Gremiumsmitglieder mit 18,9 Prozent aktuell in der Rohstoffbranche.
Der Anteil der Vorständinnen hat sich im Untersuchungszeitraum deutlich dynamischer entwickelt als der Anteil der Aufsichtsrätinnen, dies ist jedoch dem niedrigen Niveau geschuldet: Der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder in den letzten zehn Jahren hat sich von 4,1 Prozent im Juli 2015 auf aktuell 12 Prozent verdreifacht, in absoluten Zahlen sind damit 16 weibliche Vorstandsmitglieder dazugekommen.
Der Anteil weiblicher Aufsichtsräte von 17,1 Prozent im Juli 2015 auf aktuell 31,5 Prozent hat sich nicht einmal verdoppelt: 2015 hatten 89 Frauen diese Rolle inne, 2024 sind derzeit 167 als Aufsichtsrätinnen tätig. Dennoch: Der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder liegt weiterhin deutlich über dem Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder. Außerdem sind in 68 Prozent der Aufsichtsgremien mindestens zwei Frauen vertreten, während in keinem einzigen Vorstand mehr als eine einzige Frau Mitglied ist.
„Dass die Quotenregelung gut und richtig war, um die Chancengleichheit zu erhöhen, ist evident. Die knappe Erfüllung der Quote zeigt, dass es eine solche braucht, um die Genderdiversität in Führungsgremien voranzutreiben und ohne eine solche kaum ein Veränderungswille der derzeit männlich beherrschten Strukturen vorhanden ist. Es bedarf noch tiefgreifende und weitreichende Maßnahmen – über die einzelnen Unternehmen hinaus – in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, um langfristige Veränderungen zu bewirken. Frauenförderung, Gehaltstransparenz, eine Kinderbetreuungsreform und eine stärkere Einbeziehung der Männer in Lenkungs- und Vereinbarkeitsmaßnahmen sind nur einige Beispiele. Die Hoffnung bleibt, dass die ab 2026 EU-weit geltende Geschlechterquote einen weiteren Anstoß geben wird. Demnach sollen mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten an das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht gehen – da ist noch ordentlich Luft nach oben“, unterstreicht Helen Pelzmann abschließend.
Zu diesen Ergebnissen kommt das Mixed Leadership Barometer der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY.