Klimawende und Ressourcen – wie rohstoffintensiv ist die Dekarbonisierung?

Erneuerbare sparen Kohle, Öl und Gas, erfordern jedoch Rohstoffe wie Kobalt, Lithium, Kupfer und Eisen.
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Klimawende und Ressourcen – wie rohstoffintensiv ist die Dekarbonisierung?
Felix Creutzig Leitautor der Studie und Forscher vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin.

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Die Studie „Demand-side Strategies Key for Mitigating Material Impacts of Energy Transitions“ diskutiert ein optimistisches Szenario aus Sicht des Klimaschutzes, in dem es gelingt, den Einsatz fossiler Energien schnell zu reduzieren.

Leitautor ist Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin. Mitgewirkt haben unter anderem Helmut Haberl und Dominik Wiedenhofer von der Universität für Bodenkultur (BOKU) sowie Volker Krey vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA).

Zunahme des Materialverbrauchs?

Ohne Gegenmaßnahmen wird der Material- und Landbedarf für erneuerbare Energien, Elektroautos und nachhaltige Verkehrsinfrastrukturen sowie das Abfallaufkommen zunehmen. Dies bringt beträchtliche ökologische und soziale Risiken auf regionaler und lokaler Ebene mit sich.

© Springer Nature Limited 2024

„Zwar wird die Weltwirtschaft insgesamt durch die Dekarbonisierung weniger rohstoffintensiv als heute, und die Emissionen an Treibhausgasen und anderen Schadstoffen werden sinken, aber der Bedarf an Kobalt und Lithium für Elektroautos wird um das Zwanzigfache steigen. Auch der Bedarf an Eisen, Aluminium und Kupfer für Windkraftwerke und Stromnetze könnte sich verdoppeln. In unserer Studie zeigen wir erstmals systematisch, dass sich durch nachfrageseitige Klimalösungen gegensteuern lässt – etwa durch Verhaltensänderungen bei Mobilität, Wohnen und Ernährung sowie durch den Ausbau der Materialkreisläufe in der Wirtschaft“, kommentiert der Leitautor Felix Creutzig.

Risikoprofil für Rohstoffe

Durch eine umfassende Auswertung der wissenschaftlichen Literatur wurde für jeden Rohstoff ein detailliertes Risikoprofil erstellt. Dabei wurden Faktoren wie der Landbedarf, Risiken für die Biodiversität, der teilweise enorme Wasserbedarf sowie Gesundheitsschäden durch Giftstoffe, schlechte Arbeitsbedingungen, Folgeeffekte wie Korruption, politische Instabilität und geopolitische Abhängigkeiten berücksichtigt.

So ist beispielsweise das politisch äußerst instabile Guinea für fast ein Viertel der weltweiten Produktion des Aluminium-Vorläufers Bauxit verantwortlich. Die Hälfte der Kobaltvorkommen befindet sich im vom Bürgerkrieg zerrütteten Kongo, und 90 Prozent der Halbleiterwafer für Solarzellen werden in China produziert.

© Springer Nature Limited 2024

„Der steigende Materialbedarf führt zu sozialen, ökologischen und geopolitischen Risiken. Dazu gehören, unter anderem, die Vertreibung von Menschen aus Gebieten, in denen Rohstoffe gewonnen werden, Verletzungen und Todesfälle durch Arbeitsunfälle, Kartellstrukturen, Korruption und andere Missstände“, warnt Volker Krey.

Nachfrageseitige Lösungsansätze

Diese Probleme können begrenzt werden, indem der Energie- und Ressourcenbedarf durch nachfrageseitige Maßnahmen so gering wie möglich gehalten wird.

„Unsere Studie zeigt, dass es erhebliche Potenziale gibt, den Energie- und Ressourcenverbrauch zu senken, ohne dass dabei Einschränkungen notwendig sind“, betont Helmut Haberl.

Nachfrageseitige Strategien wie die Verbesserung der Ressourceneffizienz, der Ersatz individueller Mobilität durch öffentliche Verkehrsmittel, die Wiederverwendung und das Recycling vorhandener Materialien sowie die thermische Sanierung von Gebäuden spielen dabei eine entscheidende Rolle. Auch rohstoffsparendes Design, etwa bei Photovoltaik- und Windkraftanlagen, sowie die verstärkte Kreislaufführung von Rohstoffen können helfen, den Ressourcenverbrauch der Klimawende zu begrenzen.

„Unsere Forschung unterstreicht den doppelten Nutzen nachfrageseitiger Lösungen bei der Eindämmung des Klimawandels und der Reduzierung des Materialverbrauchs“, konstatiert Felix Creutzig.

Sektorale Lösungsansätze

Im Verkehrssektor können verkehrssparende Strukturen beispielsweise aktive Mobilität fördern. Dies spart nicht nur Energie, sondern hat auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit durch vermehrte Bewegung. Durch Pooling-Lösungen wie Carsharing kann der Bedarf an Privatfahrzeugen drastisch reduziert werden, was sowohl den Materialbedarf als auch die Emissionen senkt.

Im Gebäudesektor sollten natürliche Baumaterialien verwendet, Altbauten modernisiert und Wohnraum intensiver genutzt werden.

„Dabei geht es nicht um Zwang, sondern um positive Anreize für die Menschen sowie um Investitionen in Infrastruktur, die klimafreundliche Praktiken wie aktive Mobilität und gesunde Ernährung fördern“, ergänzt Helmut Haberl.

Abschließend fordern die Forscher in der Studie eine verstärkte interdisziplinäre Kooperation und innovative Ansätze in der Politikgestaltung, um diese nachfrageseitigen Maßnahmen wirksam zu nutzen. Sie betonen die Bedeutung der Integration solcher Strategien in globale Klimaschutzpläne, um einen ganzheitlichen Ansatz für eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen.

https://boku.ac.at

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