Trotz stagnierender Umsätze und sinkender Gewinne: Die innovativsten Top-Konzerne der Welt investieren weiterhin stark in Forschung und Entwicklung (F&E). So sind die Forschungs- und Entwicklungsbudgets der 500 Unternehmen weltweit mit den höchsten F&E-Ausgaben im Jahr 2023 um insgesamt zwölf Prozent gestiegen – obwohl der Umsatz nur um zwei Prozent zulegte und der Gesamtgewinn sogar um neun Prozent schrumpfte.
Seit dem Jahr 2018 stieg die Zahl der US-Unternehmen im Top-500-Ranking deutlich: von 140 auf zuletzt 169. Der Anteil Europas schrumpfte leicht – von 142 auf 139 Unternehmen –, im speziellen aber verlor Asien an Gewicht: Die Zahl der asiatischen Konzerne im Ranking ging von 213 auf 180 zurück.
533 Milliarden Euro investierten die 169 Konzerne mit Sitz in den Vereinigten Staaten – ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dahinter folgen – mit deutlichem Abstand – Firmen aus Japan (87 Milliarden Euro, plus 11 %) und Deutschland (75 Milliarden Euro; plus 6 %).
„Die Zukunftsfähigkeit und Innovationskraft zu stärken, steht für die Top-Unternehmen weltweit ganz oben auf der Strategie-Agenda – auch jetzt, in einer anhaltend konjunkturschwachen Phase, wird gezielt und kräftig in Forschung und Entwicklung investiert. Immerhin geht es nicht zuletzt um die technologische Führerschaft, und die ist heiß umkämpft. Kostensenkungsprogramme, die derzeit sehr wohl gang und gäbe sind, konzentrieren sich eher auf Prozesse in Verwaltung oder Produktion. F&E weiter zu treiben bleibt dagegen essenziell“, unterstreicht Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich.
Erhöhte F&E-Intensität
Über alle 500 analysierten Unternehmen hinweg stieg die F&E-Intensität, also der Anteil der F&E-Ausgaben am Umsatz, von 7,0 auf 7,4 Prozent – am stärksten allerdings in den USA, wo der Wert von 9,2 auf 10,2 Prozent anstieg.
In Europa legte er von 6,5 auf 6,6 Prozent zu, in Asien stagnierte er bei 5,3 Prozent. Die 31 deutschen Unternehmen, die sich im Ranking platzieren können, steigerten ihre F&E-Intensität leicht von 5,8 auf 5,9 Prozent.
„US-Unternehmen sind hier ganz klar die Klassenbesten, trotz eines nur leichten Umsatzwachstums und eines Gewinnrückgangs. Die Schere zwischen den USA und Europa/Asien geht immer mehr auf. Immerhin könnte man salopp sagen: Die Forschungsinvestitionen der Gegenwart sind die Gewinne der Zukunft – und ohne Forschung sehen Unternehmen ihren Anspruch auf Technologieführerschaft schnell dahinschwinden“, so Gunther Reimoser.
Technologiekonzerne an der Spitze
Sieben Unternehmen in den weltweiten Top 10 der Unternehmen mit den höchsten Innovationsausgaben sitzen in den Vereinigten Staaten, sechs von ihnen sind Digitalkonzerne.
Amazon hatte 2023 das größte Innovationsbudget – umgerechnet etwa 79 Milliarden Euro* (plus 17 %). Auf dem zweiten Platz folgt die Google-Muttergesellschaft Alphabet mit Entwicklungsausgaben von 42 Milliarden Euro (plus 15 %), vor Meta Platforms (u.a. Facebook, WhatsApp und Instagram) mit 36 Milliarden Euro an Forschungs- und Entwicklungsausgaben (plus 9 %).
Zwei europäische Unternehmen belegen ebenfalls Platzierungen in den Top 10: Volkswagen auf Rang acht (15,8 Milliarden Euro, plus 10 %) und der Schweizer Pharmakonzern Roche auf Rang zehn (14,6 Milliarden Euro, minus 7 %).
„Ohne Investition in Innovation heute kein Geschäftserfolg morgen – jetzt zu sparen wäre der völlig falsche Weg für unsere Euro-Unternehmen. Gerade bei den hohen Steuersätzen in Österreich und Deutschland müssen neue Wege erschlossen werden, um die Innovationskraft unserer Betriebe zu fördern, siehe zum Beispiel schnellere Abschreibungsmöglichkeiten, Bürokratieabbau und ein Ausdünnen des Regulierungsdschungels“, konstatiert der Experte.
F&E-Investitionen in Österreich
Voestalpine erreicht Rang 482 mit 191 Millionen Euro F&E-Ausgaben (2022: 171 Millionen Euro) und verzeichnet somit ein Plus von zwölf Prozent.
Andritz AG erzielt unter den Top-600 Rang 550 mit 137 Millionen Euro F&E-Ausgaben (2022: 114 Millionen Euro) – sogar eine Erhöhung von 20 Prozent. Beide österreichischen Unternehmen steigerten somit ihre F&E-Investitionen deutlich, Andritz sogar mit einem höheren Plus als F&E-Lead Amazon (geschätzt plus 17 %).
Investitionsvorreiter Pharmabranche
Die höchste F&E-Intensität weisen traditionell Pharma-Unternehmen auf, bei denen der Anteil der Forschungsausgaben am Gesamtumsatz im Vergleich zum Vorjahr sogar nochmals deutlich stieg:
Von 15,6 auf 18,3 Prozent – führend sind auch hier die nordamerikanischen (21,6 %) vor den europäischen (17,4 %) und asiatischen Wettbewerbern (14,4 %).
Als überdurchschnittlich innovationsfreudig erweist sich Europa in erster Linie in der Automobilindustrie: Während die europäischen Automobilunternehmen 6,1 Prozent ihres Umsatzes in F&E investieren, liegt der Anteil in Asien bei 5,0 Prozent und in Nordamerika bei 3,9 Prozent.
Forschungsausgaben und Margen
In zahlreichen Branchen ist ein deutlicher Zusammenhang von einer hohen Intensität bei Forschung und Entwicklung auf der einen und einem hohen Gewinn auf der anderen Seite zu beobachten. Über alle 500 Unternehmen hinweg beträgt die EBIT-Marge von überdurchschnittlich stark investierenden Unternehmen 14,5 Prozent, während sie bei den Unternehmen, die wenig in F&E investieren, nur bei 11,2 Prozent liegt.
Beispiel Informationstechnologie: In dieser Branche liegt die EBIT-Marge bei überdurchschnittlich stark investierenden Unternehmen bei 16,9 Prozent. Bei den IT-Firmen, die wenig Geld in Innovationen stecken, beträgt sie hingegen nur bei 10,1 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bereich E-Commerce (14,2 % gegen-über 7,5 %).
„Der unmittelbare positive Einfluss von Investitionen in Forschung und Entwicklung auf den Geschäftserfolg ist schwer in Zahlen zu fassen. Investitionen zahlen sich oft erst nach längerer Zeit aus, und auch Fehlschläge können vorkommen. Unsere Analyse zeigt aber deutlich, dass jene Unternehmen, die überdurchschnittlich stark investieren, besonders erfolgreich sind. Dieses Potenzial darf kein Unternehmen auf der Straße liegen lassen – sonst kann es rasch heißen: Anschluss an die Mitbewerber verloren“, ergänzt Gunther Reimoser abschließend.
Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, für die die 500 börsennotierten Unternehmen weltweit mit den größten F&E-Budgets untersucht wurden.