Freedom Finance Europe Ltd, und damit auch die verbundene Webplattform Freedom24 – berichtet über starke Nachfrage nach einem neu eingeführten Produkt. „Auch wenn wir die Konditionen bewusst im oberen Bereich des Marktes angesiedelt haben, hätten wir mit einem so starken Andrang nicht gerechnet“, sagt Shanna Strauss, stellvertretende Vertriebsleiterin des Brokers.
Zinssätze marschieren in Richtung 6 %
Das neue Produkt des Brokers hätte zur Jahrtausendwende wohl kaum größere Aufmerksamkeit erregt. Im Angebot sind festverzinsliche Anlagen mit Laufzeiten von 3-12 Monaten. Anleger können zwischen Anlagen in US-Dollar und in Euro wählen. Wer sich für US-Dollar entscheidet, erhält bis zu 6,15 % Zinsen für eine einjährige Laufzeit. Für Euro gibt es bis zu 4,5 %.
Jahrelang hatten Banken und Broker das Einlagengeschäft aufgrund der niedrigen Zinsen fast schon ad acta gelegt. Es gab lange Zeit nur zwei Möglichkeiten: Entweder boten die Geldhäuser so unattraktive Konditionen an, dass ohnehin niemand ein Konto eröffnete. Oder es wurde mit einem quersubventionierten Zinssatz geworben, der sofort einen regelrechten Ansturm auslöste – und hohe Kosten nach sich zog.
Nun ist die Situation anders. „Einlagen lassen sich am Geld- und Anleihemarkt problemlos refinanzieren“, erläutert Strauss und verweist auf die aktuellen Renditen. So erhalten Anleger für einjährige US-Staatsanleihen mehr als 5,4 %. Bei sechs Monaten liegt die jährliche Rendite sogar jenseits von 5,5 %. Noch deutlich höher liegen die Renditen bei Unternehmensanleihen.
Zinsen: Lockangebote sind gar keine mehr
Deshalb muss Freedom24 die Zinsen nicht quersubventionieren – oder versuchen, Kosten auf anderem Wege zu amortisieren. Es gibt deshalb für die Angebote keinerlei Auflagen wie etwa eine bestimmte Anzahl an Transaktionen oder einen Depotübertrag. Jeder Kunde kann das Angebot unabhängig von der bisherigen und zukünftigen Handelsaktivität wahrnehmen. Das Comeback der Zinsen ist der Grund dafür, dass auch Broker wieder mit sicheren Geldanlagen werben – obwohl das Kerngeschäft eigentlich im Wertpapierhandel besteht. Werbung mit Zinsprodukten hat auf dem deutschen Markt eine gewisse Tradition.
Doch nicht nur verzinsliche Bankprodukte, sondern auch Anleihen feiern ein Comeback. Im ersten Halbjahr konnten sich europäische Anleihefonds über Nettomittelzuflüsse in Höhe von 102 Milliarden EUR freuen – mehr als jede andere Anlageklassen. Dies geht aus Zahlen des Branchendienstes Morningstar hervor. Für das Gesamtjahr halten Marktanalysten Mittelzuflüsse von 200 Milliarden EUR in Anleihefonds für möglich. Auch hier ist eine grundlegende Veränderung des Marktumfelds ursächlich. In Europa werfen Anleihen mit Investmentgrade Rating erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder Renditen von mehr als 4 % ab. Doch das ist nicht alles: Wer heute in Anleihen investiert, spekuliert auch darauf, dass die Inflation bald zurückgeht. Dann könnte sich bei den gegenwärtigen Renditeniveaus ein attraktiver Realzins ergeben – und zwar ganz ohne Risiko.
Anleihefonds: Was ist eigentlich drin?
Anleger sollten bei Anleihefonds allerdings genau hinsehen, rät Strauss und verweist auf die großen Unterschiede bei der Konzeption der Produkte. „Ein Laufzeitenfonds kauft Anleihen mit ähnlicher Fälligkeit und löst sich zu einem vordefinierten Zeitpunkt auf. Anleihe ETFs bilden dagegen ein bestimmtes Segment gemäß ihrem Index ab und laufen theoretisch endlos weiter“.
Doch auch Einzeltitel des Anleihemarktes stehen bei Anleger wieder hoch im Kurs. Die Servicemitarbeiter von Freedom 24 berichten über verstärkte Nachfrage ihrer Kunden nach Schuldverschreibungen. „Das Interesse richtet sich sowohl auf einzelne Länder und Währungsräume als auch auf bestimmte Unternehmen“. Bei Freedom24 werden Anleihekäufe durch die Kundenbetreuer angeleitet und unterstützt. Dabei wird laut Strauss manchmal deutlich, dass sich in den letzten Jahren fast alles nur um Aktien gedreht hat. „Manche Kunden haben sich in den letzten Jahren sehr viel Wissen über den Aktienmarkt angeeignet, aber noch nie mit der Funktionsweise von Anleihen auseinandergesetzt“.
Bei der Wahl einer Anleihe müssen Anleger nicht nur Laufzeit und Ausfallrisiko auswählen, sondern auch auf mögliche Sonderbedingungen achten. Dazu gehören zum Beispiel Anleihen mit Inflationsschutz oder Sonderkündigungsrecht des Emittenten. „Man sollte schon genau hinsehen – und im Zweifel bei den ersten Trades im Bondbereich einen Berater hinzuziehen“.
Attraktiven Realzins für lange Zeit sichern
Die Zinsstruktur ist derzeit invers: Für kurzfristige Anlagen gibt es höhere Renditen als am langen Ende. Denn interessieren sich viele Anleger auch für die langen Laufzeiten. Schließlich, so fürchten manche, könnte die Ära der Zinsen bald wieder vorbei sein. Sollte die Inflation deutlich zurückgehen, so die Vermutung, werden die Notenbanken die Zinsen bald wieder Richtung null senken, um die lahmende Konjunktur zu stützen. Eine zehnjährige Staatsanleihe mit 4 % jährlicher Rendite wäre in einem Umfeld mit Inflationsraten unter 2 % und einem allgemeinen Zinsniveau nahe null ein langfristiger Garant für einen positiven Realzins.
Viele Anleger wollen Strauss zufolge aber mehr, als Staatsanleihen abwerfen – und entdecken derzeit den Markt für Unternehmensanleihen. Tatsächlich finden sich in Suchdatenbanken schnell bekannte Großunternehmen, deren Schuldtitel hohe Renditen abwerfen. Bonds von Air France KLM oder Telecom Italia etwa bieten bei 4-5 Jahren Restlaufzeit Renditen nahe 7 %.
Eine Anleihe der Landesbank Baden-Württemberg zahlt für knapp sechs Jahre fast 5,6 %. 5,5 % gibt es bei Nissan Motors für etwas mehr als fünf Jahre. Eine Anleihe der Deutsche Lufthansa mit 1,5 Jahren Restlaufzeit wirft mehr als 5,4 % ab.
US-Bondmarkt bietet höhere Renditen als Europa
Noch ein Stück höher ist das Renditeniveau auf dem amerikanischen Anleihemarkt. Eine Schuldverschreibung von American Airlines mit zwei Jahren Restlaufzeit bietet 6,5 %, ein Papier von Ford Motors mit gut fünf Jahren Laufzeit über 6 %. „Anleger sollten gerade bei Unternehmensanleihen jedoch stets das Ausfallrisiko beachten. Im Zweifel, also wenn der Emittent einer Anleihe zahlungsunfähig wird, ist das Geld weg”, erinnert Strauss. Hier bietet das Einlagengeschäft Anlegern Vorteile: Kundengelder sind in der Regel durch eine Einlagensicherung geschützt.
Strauss betont, dass dies seit 2015 auch für Anlagen in US-Dollar gilt. Beim Abschluss von Festzinsanlagen oder der Eröffnung eines Tagesgeldkontos sollten Sparer in Erfahrung bringen, welche Einlagensicherung gilt. Im Fall von Freedom 24 wäre im Ernstfall der zypriotische Investor Compensation Fund (ICF) mit einer Sicherungsgrenze von 20.000 EUR pro Kunde zuständig. Wie lange die Zinsen hoch bleiben, ist ungewiss. Viele Marktteilnehmer rechnen mit sinkenden Zinsen, sobald die Inflation spürbar nachlässt. Unklar ist jedoch, wie weit die Zinsen sinken könnten – und wann möglicherweise mit einem neuen Teuerungsschub und abermals steigenden Zinsen zu rechnen ist.
In dieser Woche jedenfalls haben die US-Notenbank Federal Reserve und die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen um jeweils 0,25 % angehoben.
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