Österreichs Vorstände bekommen weibliche Verstärkung, denn die Anzahl weiblicher Vorstandsmitglieder in Österreichs börsennotierten Unternehmen (Stichtag 1. August 2023) ist im Vergleich zum Jahresanfang (Stichtag 1. Jänner 2023) gestiegen.
Somit agieren in den im Wiener Börse Index notierten heimischen Unternehmen gesamt 20 weibliche Vorstandsmitglieder, die 178 männlichen gegenüberstehen. Nur zwei Frauen sind aktuell CEOs, die meisten Frauen arbeiten derzeit als CFOs (7) bzw. sind in operativen Funktionen tätig (6), darunter drei COOs.
Zu Beginn der Untersuchungen im Juli 2015 lag der Frauenanteil in Vorständen bei 4,1 Prozent. In absoluten Zahlen ist die Anzahl an weiblichen Vorstandsmitgliedern innerhalb der letzten sieben Jahre um 13 Personen gestiegen, wie auch jene der Männer. Damit haben aber noch immer fast zwei Drittel (64 %) der Unternehmen keine einzige Frau im Vorstand. Darüber hinaus hat auch kein einziges Unternehmen mehr als eine Frau im Vorstand.
„Österreichische Unternehmen, die ihre Vorstände kaum mit Frauen besetzen, verschenken nicht nur Potenzial, sondern auch Vielfalt, erhöhte soziale Performance, Mitarbeiterzufriedenheit sowie Innovation. Es wird Zeit, dass die Wirtschaft Diversität als Chance und als Wettbewerbsvorteil begreift. Aktuell ist in österreichischen börsennotierten Unternehmen nur jedes zehnte Vorstandsmitglied weiblich. Es ist zwar ein Anstieg erkennbar, er ist aber schmerzhaft langsam“, kommentiert Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich, die Ergebnisse.
Förderungen und Maßnahmen
Die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wirtschaft erfordert umfassende Maßnahmen, um langfristige Veränderungen zu bewirken. Gezielte Programme zur Förderung von Frauen in Führungspositionen sowie transparente Gehaltsstrukturen können dazu beitragen. Zudem bedarf es weiterer rechtsverbindlicher Vorgaben. Die von den EU-Mitgliedsstaaten und dem europäischen Parlament vorgegebene Geschlechterquote, die ab 2026 von den Mitgliedsstaaten umzusetzen ist, ist ebenfalls ein wesentlicher Schlüssel.
Demnach sollen mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten an das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht gehen. Wie auch die österreichische Entwicklung der Geschlechterquote im Aufsichtsrat zeigt, scheinen Veränderungen ohne solche gesetzlich verbindlichen Vorgaben kaum stattzufinden.
Flankierend ist es wichtig, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Geschlechter zu fördern:
„Bis auf einige Ausnahmen wird das Zusammenspiel von Beruf und Familie fast ausschließlich als eine für Frauen, aber nicht für Männer betreffende Frage diskutiert. Lenkungs- und Vereinbarkeitsmaßnahmen für Männer wie Teilzeit oder Jobsharing werden in vielen Unternehmen wenig forciert. Um Frauen in Führungspositionen zu unterstützen, muss der Blick auf beide Geschlechter gerichtet werden und individuelle Lebensmodelle für Frauen sowie Männer müssen gefördert werden“, verdeutlicht Helen Pelzmann.
Die meisten Frauen sind momentan in den Chefetagen der Immobilienbranche anzutreffen, wo ihr Anteil bei 23 Prozent liegt. An zweiter Stelle folgt die Konsumgüterbranche (17 %) und an dritter Stelle die Informationstechnologie (11 %) sowie die Finanz- und Industriebranche mit je zehn und sieben Prozent. Keine einzige Vorständin gibt es in drei Branchen: Automobil, Telekommunikation und Transport.
Genderquote in Kontrollgremien greift
Der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder ist seit dem Beginn der Erhebung im Jahr 2015 in jedem Jahr kontinuierlich gestiegen. Seitdem mit 1. Jänner 2018 die gesetzliche Genderquote von 30 Prozent in Kraft getreten ist, erhöhte sich der Frauenanteil in den Kontrollgremien der österreichischen WBI-notierten Unternehmen deutlich und kontinuierlich von 19,7 Prozent (Stichtag: Dezember 2017) auf aktuell 30 Prozent.
Von den derzeit 533 Aufsichtsratsmitgliedern der im WBI notierten österreichischen Unternehmen sind 160 Frauen. In 50 der 56 untersuchten Unternehmen gibt es aktuell mindestens eine Frau im Aufsichtsrat. 38 Unternehmen beschäftigen zwei weibliche Aufsichtsratsmitglieder.
„Seit der Implementierung der Quotenregelung hat sich der Frauenanteil in den Kontrollgremien signifikant erhöht, selbst wenn sie eine umstrittene Maßnahme darstellt. Die Quote hat dazu beigetragen, die Themen Diversität und Gleichstellung verstärkt in den Fokus der Unternehmens-Agenda zu rücken. Die Zahlen zeigen, dass die Quote deutlich Wirkung zeigt“, erklärt Helen Pelzmann.
Am höchsten ist der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder derzeit mit 37 Prozent in der Transport- und Logistikbranche, wo mehr als jedes dritte Aufsichtsratsmitglied eine Frau ist. Dahinter folgen die Finanzbranche (36 %) und die Energiebranche (33 %). Am niedrigsten ist der Anteil weiblicher Gremiumsmitglieder mit rund 18 Prozent aktuell im Rohstoffsektor.
Trotz deutlicher Fortschritte bei der ausgewogenen Besetzung von Aufsichtsräten und dem Erfüllen der gesetzlichen Frauenquote der Unternehmen muss weiter daran gearbeitet werden, Parität zu schaffen, so Helen Pelzmann abschließend: „Die Genderquote zeigt Wirkung, es gibt 54 weibliche Aufsichtsratsmitglieder mehr als zum Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Frauenanteil in Kontrollgremien ist von 18 auf 30 Prozent geklettert. Dennoch dürfen wir uns nicht darauf ausruhen, sondern müssen uns weiter für die Bildung ausgewogener Gremien einsetzen.“
Zu diesen Ergebnissen kommt das Mixed Leadership Barometer der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY.