Obwohl die Coronapandemie Unternehmen aus nahezu allen Branchen beeinträchtigte, war der Tourismussektor sicherlich einer der am stärksten betroffenen Bereiche. Die auferlegten Reiseverbote machten es für Flugunternehmen, Hotelketten und Online-Buchungsplattformen schwierig, Kund:innen zu halten und Einnahmen zu generieren. Durch die Wiederaufnahme des Reiseverkehrs und das aufgestaute Fernweh der Menschen hofft die Tourismusbranche nun auf einen erneuten Boom.
„Wir gehen davon aus, dass sich die Wiederaufnahme des internationalen Reiseverkehrs auch in den Aktienkursen der Tourismusunternehmen niederschlagen wird“, erläutert Shanna Strauss-Frank, Österreich-Sprecherin der Investmentgesellschaft Freedom Finance Europe.
Preisstrategie im Wandel
Gleichzeitig wurde die Branche durch die Pandemie nachhaltig verändert. Viele Menschen konnten durch die Reiseverbote mehr Geld sparen als üblich und möchten dieses nun in ihre Urlaube investieren – ein Trend, der sich unter dem Begriff „Revenge Travel“ etabliert hat. Allerdings sind durch die hohe Inflation auch die Preise gestiegen, wodurch sich viele einen Trip derzeit gar nicht leisten können – oder wollen.
„Unternehmen aus der Reisebranche werden ihre Preisstrategie sorgfältig wählen müssen, um ein Gleichgewicht zwischen Rentabilität und Erschwinglichkeit für die Kunden herzustellen. Nicht alle Unternehmen werden sofort wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreichen können.“, betont die Expertin.
Flugindustrie im Aufschwung
Trotz Inflation scheint sich die Flugindustrie derzeit gut von vergangenen Ausfällen zu erholen. Im März 2023 verzeichnete der weltweite Flugverkehr, im Vergleich zum Vorjahr, laut Angaben der International Air Transport Association (IATA), einen Anstieg um 52,4 Prozent.
Im asiatisch-pazifischen Raum waren es sogar ganze 159 Prozent mehr. Österreich liegt im April dieses Jahres bei einem Plus von 36,35 Prozent an beförderten Fluggästen im Vorjahresvergleich, was in etwa mit dem europäischen Durchschnitt von 37 Prozent übereinstimmt.
„Obwohl die Preise deutlich anstiegen, sind die Menschen derzeit dazu bereit, ihr Geld für Flugtickets auszugeben. Die weiterhin geltenden Kapazitätsbeschränkungen machen die derzeitige Situation für Fluggesellschaften umso lukrativer“, konstatiert Shanna Strauss-Frank.
Beispielsweise stieg die Lufthansa-Aktie im Vergleich zum Vorjahr um 58,8 Prozentpunkte, während die Aktie von Ryanair um 37,5 Prozent stieg. Allerdings wächst nach dem Chaos im letzten Jahr, inklusive Flugverspätungen, Ausfällen sowie zurückgebliebenem Gepäck auch der Druck auf die Airlines. Sämtliche unerwartet auftretende Probleme führen zu Mehrkosten, die sich anschließend wiederum in den Ticketpreisen widerspiegeln.
Online-Trend beeinflusst Branche
Weitere Entwicklungen der Pandemie haben zur Folge, dass viele Geschäftstreffen, nach bestandener Bewährungsprobe, mittlerweile eher online abgehalten werden. Dies wirkt sich nicht nur auf Fluggesellschaften, sondern auch auf Hotels und Online-Buchungsketten aus.
Im Vergleich zu den Airlines steigen die Aktien der Hotelketten eher gemächlicher. So verzeichnete die Aktie von Marriott im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 16,9 Prozent, jene vom Konkurrent Hilton stieg um 16,7 Prozent. Etwas überraschend verbucht die Hyatt-Aktie dafür gar einen Sprung von 46,4 Prozent.
„Zwar steigt die Nachfrage auch bei den Hotelketten, diese bekommen allerdings die Auswirkungen der Inflation noch einmal mehr zu spüren“, erörtert die Österreich-Sprecherin von Freedom Finance Europe.
Denn viele Kosten, für welche auch die Hotellerie aufkommen muss, wie etwa für Nahrungsmittel oder auch Energie, seien überproportional gestiegen. Dagegen konnten Buchungsplattformen wie Airbnb (Anstieg von 23,8 Prozent) oder Booking.com (30,7 Prozent) ebenfalls wieder Gewinne erzielen. Airbnb bilanzierte im ersten Quartal 2023 einen Gewinn von 117 Millionen Dollar bei einem Buchungsanstieg von 19 Prozent. Bei Booking waren es sogar 38 Prozent mehr gebuchte Nächte und ein Gewinn von 266 Millionen Dollar.
Erholung der Tourismusaktien
Die Zahlen zeigen, dass sich Tourismusaktien aus verschiedenen Sektoren im letzten Jahr wieder einigermaßen von der Pandemie erholen konnten. Dafür spricht auch die wiederaufgekommene Reiselust der Österreicher:innen:
Laut einer repräsentativen Umfrage des ÖAMTC planen 78 Prozent einen Sommerurlaub, nur neun Prozent wollen definitiv nicht verreisen. Abzuwarten bleibt, wie sich die Reisetrends, die durch die Pandemie entstanden sind, auf die Kurse der Tourismusunternehmen auswirken werden. Viele Touristen legen nach den Corona-Strapazen nun mehr Wert auf Flexibilität und Absicherung, oftmals in Form von Reiserücktrittsversicherungen. Ein Trend hin zu Inlandsreisen ist ebenfalls zu beobachten. Der Tourismussektor muss sich also erst einmal auf die neuen Gewohnheiten der Menschen einstellen.
„Vieles hängt von Faktoren wie dem Tempo der globalen Erholung, den Reisetrends und der Marktdynamik vor dem Hintergrund der Zentralbanken-Politik ab. Schlussendlich muss selbst abwogen werden, wie viel Verbesserungspotenzial man bei Tourismusaktien noch erwarten kann. Aber bekanntlich bergen Krisen nicht nur Risiken, sondern auch Chancen“, stellt Shanna Strauss-Frank abschließend fest.