Erdgas ist ein wichtiger Energieträger und Rohstoff für die chemische Industrie. Es wird für eine Vielzahl von Materialien und Stoffen benötigt, die man für die Herstellung von lebenswichtigen Produkten wie Medikamente oder Düngemitte braucht. Ein Lieferstopp russischen Erdgases wegen der Krise in der Ukraine hätte drastische Konsequenzen für österreichische Chemieunternehmen. Die Branche hat daher einen Maßnahmenmix erarbeitet, mit dem die Versorgung der Industrie sowohl kurz- als auch längerfristig gewährleistet werden soll. „Der Fokus muss zuallererst auf eine rasche Auffüllung der Gasspeicher und eine Diversifizierung der Erdgas-Lieferanten gelegt werden. Das Zeitfenster dafür steht nicht ewig offen“, mahnt Hubert Culik, Obmann des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO).
Maßnahmen unverzüglich einleiten
Da diese Maßnahmen Vorlaufzeiten benötigen, muss unverzüglich damit begonnen werden, die nötigen Mengen sowie Transport- und Speicherkapazitäten zu organisieren. Gleichzeitig brauchen die Unternehmen einen Schutz vor den explodierenden Kosten. So kam es bereits wiederholt zu Produktionsstopps bei der Herstellung von Ammoniak, das bedeutend für die Düngemittelerzeugung ist. „Geplante Maßnahmen wie die Strompreiskompensation oder die Einführung des Dekarbonisierungsfonds müssen schnell umgesetzt werden. Bei der CO2-Bepreisung sollte die Diskussion nicht ideologisch, sondern sachlich und pragmatisch geführt werden. Sie ist bei den aktuellen Kostenexplosionen nicht mehr zielführend und sollte auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden“, fordert der Obmann der Chemieindustrie.
Nachhaltige Versorgungssicherheit durch Kreislaufwirtschaft, Wasserstoff und Biogas
Mittel- und langfristig steht die Entwicklung neuer Technologien für die Transformation der chemischen Industrie im Zentrum. Die Branche hat die folgenden vier zentralen Handlungsfelder dafür identifiziert:
- Ausbau und Bereitstellung ausreichender Kapazitäten erneuerbarer Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen
- Förderung der flächendeckenden Einführung einer Kunststoffkreislaufwirtschaft zur Reduktion von fossilen Rohstoffen
- Förderung von Schlüsseltechnologien wie Carbon Capture and Utilization (CCU) sowie die Eigenproduktion von erneuerbarem Wasserstoff
- Förderung des Ausbaus der Produktionskapazitäten von biobasierten Rohstoffen und Biogas
Massive Einsparungen möglich
Allein durch die umfassende Wiederverwertung von Kunststoffen könnte in Österreich die für die Dekarbonisierung der Chemieindustrie zusätzlich benötigte Energie halbiert werden. Zusätzlich würde auch ein Großteil der fossilen Ressourcen für die Neuproduktion wegfallen. Biobasierte Ressourcen und der Einsatz erneuerbaren Wasserstoffs könnten massive Einsparungen bei fossilem Energie- und Rohstoffeinsatz bringen. „Mit dem richtigen Maßnahmenmix können wir heute die entscheidenden Weichen für eine nachhaltige und von Russland unabhängige Energieversorgung stellen. Neben Förderungen für Forschung und Entwicklung braucht es rasch den Abbau von regulatorischen Hemmnissen und die Beschleunigung bei Zulassungsverfahren.“, fasst der Obmann des FCIO die notwendigen nächsten Schritte zusammen.