Wasser im Mittelpunkt

Technologiegespräche Alpbach: Niederösterreich stellte H2O ins Zentrum seiner Break Out Session.
© PantherMedia/mario7

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Bereits seit 18 Jahren ist die niederösterreichische Wirtschaftsagentur ecoplus mit einer eigenen Break Out Session bei den Alpbacher Technologiegesprächen vertreten. Im Pandemie-Jahr 2020 lautet das übergeordnete Thema „Fundamentales“. „Dementsprechend haben wir eines der höchsten Güter der Menschheit in den Mittelpunkt gestellt“, sagte am Wochenende der nö. Technologielandesrat Jochen Danninger. Dabei beleuchtete eine hochkarätige Runde die verschiedensten Perspektiven des Themas – als Ökosystem und Lebensraum ebenso, wie als Energielieferant, Wirtschaftsfaktor und aus gesundheitlicher Sicht.

In Österreich sind wir es gewohnt, jederzeit Trinkwasser in hervorragender Qualität zur Verfügung zu haben. Aus globaler Sicht ist das allerdings keine Selbstverständlichkeit und daher ist Forschung im Bereich Wasser auch von so großer Bedeutung. Danninger: „In Niederösterreich haben wir mit dem Wassercluster Lunz sozusagen ein großes ‚Naturlabor‘, in dem drei Universitäten zusammenarbeiten und – europaweit einzigartig – Grundlagenforschung zum Ökosystem Wasser betreiben.“

Artenvielfalt und Nährstoffangebot

Im Rahmen der virtuellen, interaktiven ecoplus Break Out Session wurde einerseits die aktuelle Situation betrachtet und andererseits analysiert, welche Entwicklungen im Zuge der Klimaveränderung und der Globalisierung beim Thema Wasser zu erwarten sind. Martin Kainz erforscht am Wassercluster Lunz die Zusammenhänge zwischen Artenvielfalt und Nährstoffangebot in Gewässern. Schadstoffe stören die natürliche Balance und können auch schwerwiegende Auswirkungen auf den Menschen haben. Die Forschergruppe konzentriert sich dabei vor allem auf Lipide und welche Auswirkungen eine Mangelversorgung auf die Gehirnentwicklung von Fischen hat. Daraus könnten sich Hinweise ergeben, dass auch beim Menschen eine falsche Ernährung neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer begünstigen könnte.

Beim Zusammenhang von Wasser und Gesundheit kommt dem Sicherheitsmanagement von Wasserressourcen höchste Priorität zu. Andreas Farnleitner leitet den Fachbereich Wasserqualität und Gesundheit an der Karl Landsteiner Universität für Gesundheitswissenschaften. Er informierte über den aktuellen Forschungsstand in der Mikrobiologie. Modernste Technologien können nicht nur die Spuren von Krankheitserregern verfolgen, sondern diese Methoden können auch zunehmend automatisiert werden. Damit steht eine große Informationsmenge zur Verfügung, um weltweit die Grundlagen für eine sichere Wasserversorgung zu schaffen.

Ausgleich und öffentliche Versorgung

Wasserhygiene steht auch im Zentrum der Arbeit von Regina Sommer, die die Abteilung Wasserhygiene an der Medizinischen Universität Wien leitet. Ihre Aufgabe ist es, Menschen vor Infektionen, die durch Wasser hervorgerufen werden, zu schützen. Eine wirksame Methode ist die UV-Desinfektion von Wasser und hier ist heimisches Know-how weltweit federführend. Das gilt auch für zukunftsweisende Sensorsysteme, wie sie von Martin Brandl und seinem Team am Zentrum für Wasser- und Umwelt Sensorik der Donau-Universität Krems entwickelt werden. Mit sogenannten „Smart Sensors“ können viele Parameter gleichzeitig überwacht werden, die für eine qualitativ hochwertige Trinkwasserversorgung wichtig sind.

Genützt werden diese modernen Technologien unter anderem auch vom Wasserversorger EVN Wasser, der mit seiner Infrastruktur die Versorgungssicherheit für ganz Niederösterreich gewährleistet. „Dabei stellen uns Klimawandel und Urbanisierung vor neue Herausforderungen“, so Geschäftsführer Franz Dinhobl. Wasser ist in Österreich zwar ausreichend vorhanden, aber nicht gleich verteilt. Hier muss ein Ausgleich durch die öffentliche Versorgung erfolgen. Immerhin zeigen diverse Studien – zuletzt per März 2020 im Auftrag der ÖVGW durch das Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz an der Wiener Uni für Bodenkultur –, dass wir trotz Hitzewellen prinzipiell keine Wasserknappheit befürchten müssen.

„Es gibt aber Regionen, die stark von zunehmender Trockenheit betroffen sind“, konstatiert Studienautor Roman Neunteufel. Und man kann und soll sehr wohl als Einzelner etwas tun. Neunteufel: „Wirklich sparen kann man beim Wasser, das wir mit unseren täglichen Gütern verbrauchen. Das sind rund 5000 Liter Wasser am Tag – das sogenannte virtuelle Wasser.“ Für die Wasserversorger sind dabei vor allem die Verbrauchsspitzen, die im Frühjahr beim Befüllen der Swimmingpools und im Sommer beim Wässern des Gartens entstehen, ein Problem. „Gerade in Trockenperioden sollten sich die Verbraucher fragen, ob es wirklich notwendig ist, den ganzen Garten zu wässern“, sagt Neunteufel. „An solchen Tagen sind die Anlagen der Versorger ohnehin schon an der Kapazitätsgrenze.“

Die durchgehende, ungestörte und sichere Wasserversorgung hierzulande ist die Hauptaufgabe der in der ÖVGW zusammengeschlossenen Mitgliedsunternehmen. Aktuell zählen dazu mehr als 260 Wasserversorgungsunternehmen und über Kooperation mit Landesverbänden weitere 1.500 Wasserversorger, die rund 80 Prozent der heimischen Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen. „Alle Trinkwasserversorger, also auch die kleinsten Betriebe, sind in Österreich in ein System eingebunden, das Ausbildung und Überwachung umfasst“, erklärt ÖVGW-Präsident Franz Dinhobl. „Dadurch und über das 80.000 km lange Leitungsnetz ist sichergestellt, dass alle Wasserversorger in Österreich rund um die Uhr ausgezeichnetes Trinkwasser liefern.“

In der neuesten Wasserversorgungsstudie über Klimaszenarien und Versorgungssicherheit berichten Neunteufel und sein Team, dass es 2019 echte Versorgungseinschränkungen nur in einem Fall gab. In einem zweiten Fall haben Sparaufrufe genügt, um eine Versorgungseinschränkung zu verhindern. Insgesamt gab es 2019 eine weniger angespannte Ressourcensituation als 2018 – als außergewöhnliche Vorkommnisse wurden dennoch wiederholt Rückgänge der Ressourcenverfügbarkeit (außergewöhnliche Absenkung der Brunnenwasserspiegel) und Verbrauchsspitzen genannt. Belegt ist aber jedenfalls ein außergewöhnlich niedriger Grundwasserspiegel infolge von regional oder saisonal geringem Niederschlag sowie zum Teil auch gleichzeitigem Auftreten erhöhter Entnahmemengen.

Was getan wird

Auf Bundesebene steht der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) im Vordergrund, für den derzeit das Projekt „Wasserschatz Österreichs“ (Laufzeit bis Ende 2020) realisiert wird. Im Bereich der Bundesländer hat NÖ kürzlich sein Strategiekonzept überarbeitet und unter dem Namen „Wasserzukunft Niederösterreich 2050“ veröffentlicht. Darin wird u.a. empfohlen, dass kommunal bzw. privatrechtlich organisierte Wasserversorgungsanlagen durch zentral organisierte Beratungskapazitäten unterstützt, lokale Gewinnungsstellen auch bei Anschluss an regionale oder überregionale Verbünde erhalten und Erneuerungen im langfristig nötigen Umfang und die Finanzierbarkeit der Wasserversorgungsysteme sichergestellt werden. In Vorarlberg gibt es flächendeckende Trinkwasservorsorgekonzepte (VTWK) mit Planungsetappen bis 2025 und 2040. Die Sicherung der Bedarfsdeckung ist derzeit laut Landesregierung NICHT (Hervorhebung durch den Verfasser) in allen „Ländle“-Gemeinden (z.B. des Bregenzerwaldes) gegeben.

In der oberösterreichischen Landesstrategie „Zukunft Trinkwasser“ sind strategische Positionen zu den drei „Säulen“ Grundwasserschutz, Verteilstruktur und Organisationsform festgehalten. Zusätzlich sind darin Strategien zu Einzelwasserversorgung, Krisenvorsorge und Notwasserversorgung sowie Vermarktung festgelegt. Zum verbesserten Grundwasserschutz soll flächendeckende, grundwasserschonende landwirtschaftliche Bodennutzung gestärkt und besonders relevante Grundwasserbereiche vor in Konkurrenz stehenden Flächennutzungen geschützt werden. Weiters sollen Schutz- und Schongebiete vorsorgend bewirtschaftet werden und zielgerichtete flächendeckende Sanierungsmaßnahmen in belasteten Grundwasserkörpern erfolgen. Und: „Bestrebungen zur Liberalisierung des Wassersektors werden mit Nachdruck abgelehnt.“

So empfinden das auch die Kärntner, wenn sie die Trinkwasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht auf dem Grundsatz der Gemeinnützigkeit und nicht als „Handelsware“ sehen. Die langfristige Strategie des Trinkwasserversorgungskonzepts Kärnten beinhaltet die Verbindung des Zentralraums durch Ringschluss und die Ergänzung der Bedarfsdeckung im Ring um das Zentrum – die Verbindung der Städte Klagenfurt, Villach, Feldkirchen, St. Veit – mit Trinkwasser von außen. Oberkärnten (höher bzw. alpin) werde mit höheren Niederschlagsmengen gegenwärtig und auch in Zukunft im Vergleich zu Unterkärnten (zudem dichter besiedelt) geringere Probleme in der Trinkwasserversorgung aufweisen. In der überregionalen Wasserzuteilung liegt der Schwerpunkt im Wörtherseeraum und dem Bereich Klagenfurt.

Last but not least empfiehlt der Wasserversorgungsplan in der „Grünen Mark“ u.a. einheitliche Standards für die Datenweitergabe der unterschiedlichen Monitoringsysteme, eine optimierte behördliche Kontrolle von Bewirtschaftungsvorgaben sowie einen Geothermie Kataster und Grundlagen zur Optimierung des Ressourcenschutzes und der Grundwasserbewirtschaftung. Weitere steirische Maßnahmen für eine sichere Trinkwasserversorgung sind die Evaluierung des Wasserbedarfsprognosemodells in 10-Jahres-Abständen, die Sicherung der Transportleitungskapazitäten sowie Erfassung und Analyse bereits verfügbarer Trinkwasserverkommen für den Wasserausgleich innerhalb des Bundeslandes. Insbesondere werden dabei mögliche Störfälle und potenzielle Auswirkungen des prognostizierten Klimawandels berücksichtigt (z. B.: Prüfung einer zweiten steirischen Transportleitung aus der Obersteiermark in den Süden bzw. Osten der Steiermark) und eine generelle Studie über die Nutzungs- und Verteilungsmöglichkeiten von Tiefengrundwasser in Katastrophenfällen erstellt.

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