Marginale Fortschritte bei der Besetzung von Frauen in Führungsgremien

Führungsfunktionen weiterhin ungleich verteilt – nur ein weibliches Vorstandsmitglied ist CEO.
© EY / Robert Herbst
Marginale Fortschritte bei der Besetzung von Frauen in Führungsgremien
Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich.

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Der Anteil weiblicher Vorstände in den 55 im Wiener Börse Index (WBI) gelisteten Unternehmen steigt langsam, erreicht jedoch weiterhin keine kritische Masse. Von den 192 Vorstandsmitgliedern sind 24 Frauen, was einem Anteil von 12,5 Prozent entspricht. Gegenüber August 2024 (22 Frauen) sind zwei Frauen hinzugekommen – ein marginaler Fortschritt, der jedoch einen neuen Höchststand markiert.

Marginale Fortschritte bei der Besetzung von Frauen in Führungsgremien
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Der Langzeitvergleich zeigt einen deutlichen Aufwärtstrend in der weiblichen Vorstandbesetzung:

Seit Juli 2015 hat sich der Anteil an Frauen im Vorstand von 4,1 Prozent auf 12,5 Prozent mehr als verdreifacht. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass sich die Zahl der Frauen um 17 Personen von sieben auf 24 erhöht hat, während die Anzahl der Männer in diesem Zeitraum von 162 auf 168 nahezu konstant geblieben ist.

Verlust der Dynamik

Dennoch zeigt sich, dass der Fortschritt in den letzten Jahren stark an Dynamik verloren hat. Der Anteil der rein männlich besetzten Vorstände bleibt mit 58 Prozent unverändert hoch.

Nur ein Unternehmen – die Oberbank AG – hat mehr als eine Frau im Vorstandsgremium. Trotz dieses positiven Trends bleibt der Vorstand eine Männerdomäne: 32 von 55 Unternehmen haben derzeit einen rein männlich besetzten Vorstand – das sind mit 58 Prozent fast sechs von zehn Unternehmen. Nur ein Unternehmen, die Oberbank AG, hat mehr als ein weibliches Vorstandsmitglied.

Dominanz operativer Funktionen

Gab es im August 2024 nur eine weibliche CEO, so ist dies auch im Januar 2025 unverändert: Radka Doehring von der Immofinanz AG nimmt weiterhin die Position einer Co-CEO ein.

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Die meisten Frauen arbeiten als Chief Operating Officer (COO) oder in anderen operativen Funktionen (9 Vorständinnen) sowie als Chief Financial Officer (7 Vorständinnen). Zwei Frauen sind als Chief Risk Officer tätig, weitere Positionen umfassen Chief Human Resources Officer, Chief Legal Officer und Chief Scientific Officer.

„Der historische Höchststand beim Frauenanteil in den Vorständen ist zwar ein positives Signal, aber keineswegs ausreichend. Die Tatsache, dass noch immer deutlich mehr als die Hälfte der Unternehmen keinen weiblichen Vorstand hat und nur eine einzige Frau an der Spitze eines Unternehmens steht, zeigt den dringenden Handlungsbedarf. Die Unternehmen verpassen die Chance, von unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen zu profitieren, was insbesondere in Zeiten massiver Transformation durch Digitalisierung, Klimawandel und Veränderungen in der Arbeitswelt essenziell ist. Vielfalt in Führungsgremien führt nachweislich zu besseren Entscheidungen und nachhaltigem Erfolg“, kommentiert Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich, die Ergebnisse.

Rückläufiger Frauenanteil in Aufsichtsräten

In den Aufsichtsräten liegt der Frauenanteil aktuell bei 31,6 Prozent, ein leichter Rückgang gegenüber dem Höchstwert von 31,8 Prozent im August 2024. Dies ist auf die gestiegene Gesamtzahl der Aufsichtsratsmitglieder zurückzuführen, während die Anzahl der Aufsichtsrätinnen konstant blieb. So sitzen derzeit insgesamt 165 Frauen in den 522 Aufsichtsgremien der WBI-Unternehmen.

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Seit Inkrafttreten der gesetzlichen Genderquote von 30 Prozent am 1. Januar 2018 erhöhte sich der Frauenanteil in den Kontrollgremien der österreichischen WBI-notierten Unternehmen dennoch deutlich von 19,8 Prozent (Stichtag: Dezember 2017) auf aktuell über 31 Prozent – ein Fortschritt, der über die Jahre aber an Zugkraft verloren hat.

87 Prozent der Unternehmen (48 von 55) haben mindestens eine Frau im Aufsichtsrat, in 69 Prozent der Unternehmen (38 von 55) sind sogar mindestens zwei Frauen vertreten. Sieben Unternehmen haben nach wie vor keine einzige Frau im Aufsichtsrat.

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Auf Kapital- und Arbeitnehmerseite ist der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder nahezu identisch, mit 31,7 Prozent bzw. 31,4 Prozent.

Branchenanalyse

Am höchsten ist der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder mit 20 Prozent in der Transport- und Logistikbranche: Bei den zwei gelisteten Unternehmen ist von fünf Vorstandsmitgliedern eine Frau vertreten.

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In der Energiebranche sind bei sechs gelisteten Unternehmen drei von 17 Vorstandsmitgliedern weiblich (17,6 %). Die Immobilienbranche folgt mit einem Frauenanteil von 16,7 Prozent im Vorstand. In zwei Branchen – Automobilindustrie und Telekommunikation – findet sich in den Vorständen keine einzige Frau.

Bei der Besetzung der Aufsichtsgremien führt die IT-Branche mit einem Frauenanteil von 41 Prozent: Unter den 39 Aufsichtsratsmitgliedern der fünf gelisteten IT-Unternehmen sind 16 Frauen vertreten.

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Die Finanzbranche folgt mit 38,8 Prozent weiblichen Aufsichtsratsmitgliedern, gefolgt von Transport & Logistik (37 %) und Energie (33,9 %). Am niedrigsten ist der Anteil weiblicher Gremiumsmitglieder mit 14,8 Prozent aktuell in der Rohstoffbranche.

Weitreichendere Maßnahmen erforderlich

Der Anteil der Vorständinnen hat sich im Untersuchungszeitraum zwar deutlich dynamischer entwickelt als der Anteil der Aufsichtsrätinnen, dies ist jedoch dem niedrigen Ausgangsniveau geschuldet.

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Seit Juli 2015 hat sich der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder von 4,1 Prozent auf aktuell 12,5 Prozent mehr als verdreifacht. In absoluten Zahlen bedeutet dies einen Zuwachs von 17 weiblichen Vorstandsmitgliedern. Der Anteil weiblicher Aufsichtsräte stieg im gleichen Zeitraum von 17,2 Prozent auf 31,6 Prozent, was einer Steigerung von 14,4 Prozentpunkten entspricht.

„Die leichte Abnahme des Frauenanteils in den Aufsichtsräten zeigt, dass gesetzliche Quoten allein nicht ausreichen. Es bedarf tiefgreifender und weitreichender Maßnahmen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, um langfristige Veränderungen zu bewirken. Dazu gehören unter anderem Gehaltstransparenz, eine Reform der Kinderbetreuung und eine stärkere Einbindung von Männern in Vereinbarkeitsmaßnahmen“, betont die Expertin.

„Die ab 2026 EU-weit geltende Geschlechterquote könnte ein wichtiger Impuls sein, um die Rahmenbedingungen für weibliche Karrieren zu verbessern. Demnach sollen mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten an Frauen gehen. Jedoch braucht es schon jetzt tiefgreifende Maßnahmen. Hier besteht noch erheblicher Handlungsbedarf“, ergänzt Helen Pelzmann abschließend.

Zu diesen Ergebnissen kommt das Mixed Leadership Barometer der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY. Dafür werden halbjährlich die Strukturen von Vorständen und Aufsichtsräten der im Wiener Börse Index gelisteten österreichischen Unternehmen analysiert.

https://www.ey.com

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