Kann der Einzelhandel von fortschrittlichem Digital-Marketing profitieren?

Oliver Olschewski, CEO der Offerista Group Austria, beleuchtet sieben Fakten, die für Händler wichtig sind.
© Natalie Paloma, Offerista Group Austria
Kann der Einzelhandel von fortschrittlichem Digital-Marketing profitieren?
Oliver Olschewski, CEO der Offerista Group Austria.

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Der richtige Inhalt platziert an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit – das ist ein Schlüssel erfolgreichen Marketings. Doch in einer Welt, die zunehmend digitaler wird, funktioniert die Kund:innenansprache vergangener analoger Zeiten so nicht mehr. Warum es für den Handel wichtig ist, auf Digital-Marketing zu setzen, veranschaulicht Oliver Olschewski. 

1. Abschied vom Werbeprospekt 

Der Handel nutzt spezielle Formate, die sich im „Programmatic-Umfeld“ bzw. Standard-Ads relevanter Plattformen (z.B. Social Media) nicht wiederfinden. Noch ist der Flyer – also das klassische Werbeprospekt – eines der Hauptmedien für Händler. 

Die erhöhten Papierpreise und die zunehmenden Werbeverweiger:innen-Quoten haben jedoch bereits bei einigen Händlern zum Überdenken der eigenen Flugblattstrategie geführt. So gaben im Sommer 2022 große Handelsketten in Deutschland ihren Ausstieg aus dem klassischen Postwurf bekannt. Mit einem kompletten Aus ist man in Österreich noch zurückhaltender, jedoch wurden auch hier bereits Maßnahmen zur Reduktion gesetzt. Große Discounter haben ihre Flugblätter schon abgespeckt – und das sowohl hinsichtlich Größe, Umfang, Gewicht und auch Auflage. Aber auch für die Konsument:innen selbst wird das Flugblatt immer unbeliebter. Laut der Umfrage von mindtake im Auftrag der Offerista Group Austria informieren sich aktuell nur mehr 60,8 Prozent über den klassischen Postwurf, 2016 waren es noch 86,6 Prozent.  

© MindTake Research
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2. Digitaler Flyer ist nur ein Zwischenschritt 

Der erste Schritt in Richtung digitale Angebotskommunikation war für eine Vielzahl an Händlern das digitale Flugblatt. Der Erfolg dieses Werbeformats auf der eigenen Händler-Webseite oder auch auf Aktionsportalen lässt sich nicht verneinen. Das Stöbern durch das PDF kommt dem Durchblättern des haptischen Flugblattes sehr nahe und erfreut sich daher an Beliebtheit bei einigen Konsument:innen. Oliver Olschewski ist sich aber sicher, dass es sich zwar um einen sehr erfolgreichen Zwischenschritt, aber nicht um das Ende der Fahnenstange handelt. Aber auch der Flyer in der digitalen Welt ist genauso statisch wie sein Print-Pendant. Dadurch lassen sich Inhalte nicht an Formate oder Channels anpassen. 

Sowohl der erkennbare Printshift hin zu digitalen Maßnahmen als auch die speziellen Herausforderungen in der Handelswelt (hyperlokale Aussteuerung von Angeboten) haben dem Handelsmarketing neue Türen geöffnet. 

Passende zukunftsfitte Formate: 

  • Produktfeed-basierte Werbemittel 
  • Push Notifications in Shopping-Apps 
  • Instream- und Outstream-Videos 
  • Stories innerhalb von Social Media Plattformen 
  • Großflächige Display-Ads, wie Understitials (mobile, im Hauptcontent) oder Sidebar-Ads, die die Angebote direkt zeigen 
  • Flyer Ads 
© PantherMedia/Rawpixel
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3. Zielgruppenspezifische Plattformen bespielen 

Die für die Händler relevante Marketing-Welt ist sehr zerklüftet. „Natürlich sind Social-Media-Kanäle und Google Ads relevant, aber was ist mit Plattformen, die speziell Shopper erreichen, wie Stocard, Bring! oder andere Plattformen, die im Prozess der Einkaufsplanung (von der Inspiration bis hin zum Kauf) besucht werden?“, stellt Oliver Olschewski die Frage. 

Millionen von Konsument:innen nutzen solche Dienste. Diese Plattformen sind für Einzelhändler unglaublich relevant, es fehlt aber an Einheitlichkeit. Das heißt, es gibt häufig unterschiedliche Preismodelle, keine programmatische Anbindung und uneinheitliche Formate zur Darstellung der lokalen Angebote. Auf einer Plattform werben reicht dabei nicht, um die Kampagne skalieren zu können und einen Effekt im Geschäft zu spüren, bedarf es einer kanalübergreifenden Aussteuerung der Kampagne (also einer Cross-Channel-Optimierung). 

Die Herausforderung dabei: Jede Plattform muss aktuell einzeln kontaktiert und betreut werden. „Um dies durchzuführen, müssen Händler entweder ein großes Inhouse-Team aufbauen oder mit Dienstleistern zusammenarbeiten“, so Oliver Olschewski. 

4. Zeit und Ort 

Zeit: Im lokalen Handelsmarketing wechseln Werbemittel besonders häufig. Gerade im Lebensmitteleinzelhandel ist es üblich, zweimal pro Woche neue Angebote zu kommunizieren, was eine zusätzliche Komplexität im Setup und der laufenden Kampagnenoptimierung mit sich bringt. Kurzfristige Out-of-Stock- oder Lieferschwierigkeiten bestimmter Warengruppen erschweren die Planbarkeit der Kommunikation zusätzlich. 

© PantherMedia/Yuri Arcurs
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Ort: Lokale Angebote bedingen ein spezifisches Geo-Targeting im unmittelbaren Umkreis der Filialen, um nicht unnötig Geld zu verbrennen. Diese Beschränkung führt zu höheren Einkaufskosten im Vergleich zu einer nationalen Aussteuerung. Besonders komplex wird es, wenn jeder Filiale unterschiedliche Angebote oder Aktionen zugeordnet sind. Um diese Komplexitätsstufe bewältigen zu können, bedarf es einer Automatisierung – vom Setup, über die Optimierung, bis hin zur Auswertung des Kampagnenerfolgs. 

5. Personalisierte Daten 

Personalisierung, einer der größten Vorteile im Digital-Marketing im Vergleich zu Print, benötigt strukturierte Daten, die den Händler meist nicht in geeigneter Form für eine digitale Nutzung zur Verfügung stehen. Deshalb wird oft auf das “Highlight”-Angebot der Woche zurückgegriffen, welches flächendeckend im Umkreis der Filialen beworben wird. Eine dynamische Content-Auslieferung, die jedoch über die Highlight-Angebote hinausgeht, bedingt technische Schnittstellen auf Händlerseite. 

„Diese werden auf lange Sicht unumgehbar sein, um den ROI (Return on Investment – Anm. d. Red.) in den Filialen nachhaltig zu maximieren. Denn mehr Dynamik in der Content-Auslieferung ist die Basis für userspezifisches oder kontextuelles Targeting und damit die Verbesserung der Werbewirkung am POS (Point of Sale – Anm. d. Red.)“, verdeutlicht Oliver Olschewski. 

6. Messung der Werbewirkung 

Die Werbewirkung einzelner Kanäle zu messen und den Media-Mix entsprechend zu optimieren ist jedoch schwer, „von einer 1:1 Attribution, wie sie im E-Commerce üblich ist, kann man nur träumen“, so der Experte. Hilfsmessgrößen wie “Store Visits” und deren uneinheitliche Messgrundlage erschweren die Erfolgsmessung pro Werbekanal. “Store Visit”-Messungen unterscheiden sich in der Messgrundlage von Plattform zu Plattform (z.B. Messung Post-view vs. Post Click oder hinsichtlich der Länge der Attributionsfenster). 

Es muss auf andere Arten der Attributionsmessung, wie beispielsweise auf die Messung anhand von Kassenbons zurückgegriffen werden. Diese lässt eine 1:1 Zuordnung der Werbewirkung nach Kanal zu und zeigt Effekte einer Kampagne auf den Gesamtumsatz und den Umsatz-Uplift für spezifische Produkte und Produktgruppen in einer Filiale. Aktuell ist die Art der Messung noch sehr selten im Einzelhandel im Einsatz. 

© PantherMedia/ChristianChan
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7. Vom Sinn und Unsinn der Standard-KPIs 

Oftmals weichen die für den Einzelhandel wichtigen KPIs von den aktuellen Digital-Abrechnungs-Standards ab. Statt auf CPM, CPC, CPO oder CPL zu optimieren, geht es Einzelhändlern zumeist um die Interaktion mit den Angeboten – ähnlich der Lesequote im Print-Prospekt. 

Die Lösung: Optimierung und Abrechnung nach Engagements (Interaktionen). „Diese Kennzahl nimmt an Wichtigkeit immer weiter zu und inkludiert mehr und mehr Formate. Wie definiert man zum Beispiel ein Engagement bei einem 15-Sekunden-Video? Hier gilt es für sich zu definieren, was als Interaktion gilt – ein Beispiel dafür wäre der “View-through”, d.h. bis zum Schluss angeschaute Videos“, sagt Oliver Olschewski. 

Weltweit werden in diesem Jahr die Werbeausgaben im Markt Digitale Werbung auf etwa 684,10 Mrd. Euro geschätzt, die Prognose für 2027 liegt bei 959,70 Mrd. Euro. Aber auch in einer Befragung österreichischer Kommunikations-, Medien-, PR- und Werbe-Expert:innen sehen diese eine Steigerung des Online-Marketingbudgets von 118,5 Prozent bis zum Jahr 2032, während Print um 38,9 Prozent in der Schätzung zurückgeht. 

„Digital-Marketing ist für Handelsunternehmen ein Must-have, aber an Komplexität nicht zu unterschätzen – vor allem nicht, wenn alle Maßnahmen Inhouse durchgeführt werden. Obwohl die Digitalisierung im Handel viele Vorteile mit sich bringt, gibt es auch einige branchenspezifische Herausforderungen, die es zu meistern gilt“, meint Oliver Olschewski abschließend. 

https://www.offerista.com

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