Kalte Empathie – strategische Einflussnahme und gezielte Manipulation

Was passiert, wenn Empathie nicht zur Unterstützung, sondern zur gezielten Beeinflussung genutzt wird?
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Kalte Empathie – strategische Einflussnahme und gezielte Manipulation
Wird kalte Empathie, als Strategie, unterschätzt?

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Gemeinhin wird das Wort Empathie im deutschen Sprachgebrauch ausschließlich positiv konnotiert – es kann mit „Einfühlungsvermögen“ übersetzt werden und beschreibt, wie sich Menschen in die Position anderer versetzen können und daraus ableiten, wie Mitmenschen in verschiedenen Situationen am besten geholfen werden kann.

„Genau genommen beschreibt das aber nur einen Teil von Empathie – nämlich die emotionale Empathie. Die so genannte kognitive Empathie beschreibt die Fähigkeit, andere Menschen rational zu durchschauen, ihr Verhalten vorherzusehen und dieses Wissen gezielt einzusetzen. Anders als emotionale Empathie, die Mitgefühl und Mitfreude umfasst, kann die kalte Variante auch zur strategischen Einflussnahme und Manipulation führen – etwa in Verhandlungssituationen, Führungsrollen oder im digitalen Raum“, erklärt Michael Busch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Entrepreneurship und Management an der Fachhochschule Wiener Neustadt (FHWN).

Michael Busch beschäftigte sich für ein Paper eindringlich mit dem Thema und der stark unterschätzten Kraft der kognitiven Empathie.

Mannigfaltige Einsatzmöglichkeiten

„Es macht einen Unterschied, ob ich mein Gegenüber verstehen will, um zu helfen – oder um seine Schwächen für eigene Zwecke auszunutzen“, betont der Experte.

Diese Unterscheidung sei entscheidend für einen reflektierten Umgang mit Empathie im Alltag und Beruf.

Um das zu untermauern, führt Michael Busch drastische Beispiele an: Von Hasspredigern auf Social Media, die das Bedürfnis junger Menschen nach Zugehörigkeit instrumentalisieren, bis hin zu Karrierestrategen, die emotionale Intelligenz gezielt vortäuschen, um schneller aufzusteigen.

„Manche Menschen nutzen kognitive Empathie als Karrierebooster – Werte und Mitgefühl werden dabei nur inszeniert“, erörtert Michael Busch.

Kalte Empathie – strategische Einflussnahme und gezielte Manipulation
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Auch im unternehmerischen Umfeld begegne man kalter Empathie regelmäßig – ob im Vorstellungsgespräch, bei der Selbstvermarktung auf LinkedIn oder in Meeting-Dynamiken.

Gefährliches Ungleichgewicht

Der Autor plädiert dafür, sich mit der eigenen empathischen Haltung kritisch auseinanderzusetzen: „Wie selbstlos bin ich wirklich? Wie oft sehe ich andere nur als Mittel zum Zweck?“

Gleichzeitig warnt er davor, die manipulative Wirkung kalter Empathie bei anderen zu unterschätzen – besonders im Umgang mit narzisstischen oder psychopathischen Persönlichkeiten. Denn ohne den ausgleichenden Einfluss emotionaler Empathie droht das soziale Miteinander zu einer Bühne taktischer Vorteilsnahme zu verkommen.

Forschungsinstrumente zur Messung kognitiver Empathie existieren bereits – etwa der Interpersonal Reactivity Index oder die TOP-Skala im deutschsprachigen Raum. Sie helfen dabei, typische Merkmale der sogenannten „Dunklen Triade“ – Narzissmus, Machiavellismus, Psychopathie – zu erfassen. Michael Busch fordert, solche Instrumente stärker in Führungskräfteentwicklung, Auswahlprozesse und Coaching zu integrieren. Profitieren würden davon nicht nur Unternehmer und Mitarbeitende, sondern am Ende auch die Allgemeinheit.

„Eine Gesellschaft, die auf langfristigen Zusammenhalt setzt, braucht emotionale Empathie als Gegengewicht zur kognitiven“, ergänzt der wissenschaftliche Mitarbeiter an der FHWN.

Der reflektierte Umgang mit dieser Ambivalenz sei essenziell – im Privaten ebenso wie im beruflichen Kontext.

https://www.fhwn.ac.at

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