Populistische Parteien sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen und greifen das neoliberale globale System an, von dem sich so viele im Stich gelassen fühlen. Das Ergebnis ist ein drastisch verändertes weltpolitisches Umfeld, geprägt von einer nationalistischen Politik und einem wachsenden staatlichen Einfluss, einem zunehmenden Misstrauen zwischen den Nationen und einer stärkeren Priorisierung der Arbeiterinteressen gegenüber denen der Unternehmen.
So endet die Globalisierung – was weitreichende Auswirkungen auf die Finanzmärkte hat.
„It sounds like a plan, but perhaps not the best one“
So chaotisch seine zweite Amtsperiode auch begonnen haben mag – US-Präsident Donald Trump hat einen Plan, wie er das Leben seiner Wähler verbessern und die nationale Sicherheit stärken will.
Sein Finanzminister Scott Bessent hat diesen Kurswechsel klar artikuliert: Geplant ist eine stärkere Verlagerung von einer konsumorientierten zu einer investitionsgetriebenen Wirtschaft. Dadurch sollen Potenzialwachstum und Produktivität gesteigert und bessere Perspektiven für Arbeitnehmer geschaffen werden.
Im ersten Schritt sieht der Plan eine Senkung der Staatsausgaben vor. Das würde niedrigere Zinsen ermöglichen und die Finanzierung der als unhaltbar hoch angesehenen Staatsverschuldung erleichtern. Die expansive Fiskalpolitik der letzten Jahre hat die Inflation angeheizt und zu höheren Zinssätzen geführt, was die Investitionen des privaten Sektors gedämpft und die Ungleichheit weiter verschärft hat. Jetzt soll der Privatsektor einspringen und die Investitionslücken füllen, die sich durch die Kürzung der Staatsausgaben auftun.
Neben einer Senkung der Unternehmenssteuern hat die Regierung eine Deregulierung des Bankensektors eingeleitet, um den Weg für eine entsprechend höhere Kreditvergabe zu ebnen. Die Lockerung der Vorschriften zur Energieproduktion soll helfen, die Energiepreise zu dämpfen, was niedrigere Zinsen und Verbraucherpreise ermöglichen würde. Durch höhere Zölle werden inländische Unternehmen abgeschottet und die Rückverlagerung von Produktion in die USA gefördert, damit US-Unternehmen auch bei einem starken Dollar wettbewerbsfähig sind.
Ziel ist es, die Fertigungsindustrie zurückzuholen, einen investitionsintensiveren Sektor mit einer höheren Produktivitätsrate. So soll die Position der USA in einem fragmentierten geopolitischen Umfeld gesichert und besser bezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden.
Wechselkursbewegungen
Mehrere Zweit- und Drittrundeneffekte werden dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen. Auch wenn zuletzt vor allem über das Handelsdefizit gesprochen wurde – die Bewegungen auf den Devisenmärkten werden nicht von den Handelsströmen bestimmt, sondern von globalem Kapital auf der Suche nach Rendite.
Die letzten mehr als 20 Jahre waren von einer chronischen Nachfrageschwäche in Märkten außerhalb der USA geprägt. Dadurch haben amerikanische Verbraucher Waren aus dem Rest der Welt gekauft. Diese Einnahmen wurden dann am US-Finanzmarkt investiert, was die Preise von US-Vermögenswerten und den Dollar gestützt hat.

Dieser Prozess führte zu einem noch größeren Leistungsbilanzdefizit der USA, Wohlstandsgewinnen und einem höheren Konsum, in der Folge jedoch auch zu einer Aushöhlung der Produktionsbasis, einer Schwächung der nationalen Sicherheit und einer Umwandlung der USA in eine Dienstleistungswirtschaft mit stagnierenden Löhnen. Im derzeitigen dollarbasierten System gibt es nichts, was dieses Ungleichgewicht korrigieren könnte.
Handel oder Zölle stehen in einer direkten Verbindung mit Kapitalflüssen. Durch eine Änderung der Regeln kann diese Rückkopplungsschleife umgekehrt werden, was zu einem schwächeren Dollar führt. Geopolitische Spannungen werden auch andere Staaten dazu veranlassen, ihre Binnennachfrage anzukurbeln, wenn sie sich in Handelsfragen und in der Verteidigung nicht mehr auf die USA verlassen können.
Deutschland und China haben aus diesem Grund bereits Konjunkturpakete aufgelegt. Aufgrund der weltweit hohen Dollarschulden wird ein schwächerer Dollar auch zu einer deutlichen Lockerung der globalen Finanzierungsbedingungen führen. Dies wird es den Zentralbanken der Schwellenländer ermöglichen, die Zinsen zu senken, ohne sich Sorgen um eine Destabilisierung ihrer Finanzsysteme machen zu müssen.
Zölle und Rezessionsrisiken
Das zumindest ist der Plan, der allerdings mit Risiken behaftet ist. Ein solcher Prozess muss sehr sorgfältig und schrittweise umgesetzt werden. Zölle wirken wie Steuern. Sie entziehen der Wirtschaft Geld und belasten sowohl Verbraucher als auch Unternehmen.
Das könnte den Optimismus dämpfen, der für die relative Stärke der USA verantwortlich ist. Die realen Haushaltseinkommen könnten sinken, was die Gewinnmargen der Unternehmen schmälern und zu Umsatzverlusten führen könnte.
Alle diese Faktoren sind dafür verantwortlich, dass die US-Wirtschaft so lange dominieren konnte: Die Unternehmen keines anderen Industrielands haben so sehr von der Globalisierung profitiert wie die der USA. Ein Vertrauensverlust bei Verbrauchern und Unternehmen könnte eine Rezession auslösen. Und solange die Inflation über dem Zielwert der US-Notenbank liegt, könnten höhere Zölle diese daran hindern, die Zinsen zu senken. Schließlich war es der Rückgang der Güterpreise, der seit 2022 zu einer Abkühlung der Inflation beigetragen hat, während die Dienstleistungspreise stabil geblieben sind.
Seit Trumps „Liberation Day“ haben sich die Ereignisse überschlagen. Inzwischen scheint jedoch wieder etwas mehr Besonnenheit einzukehren. Bessent weiß, dass Märkte bei Laune gehalten werden müssen. Durch eine Rezession ließe sich das Handelsdefizit leicht verringern. Das ist jedoch in niemandes Interesse. Mit einer Reihe von Deals soll der Schaden jetzt begrenzt werden.
Selbst im Falle Großbritanniens bleibt jedoch ein Basiszollsatz von 10% bestehen. Damit steht Großbritannien nicht besser da als vor Trumps „Tag der Befreiung“. Andere Länder dürfen keine bessere Behandlung erwarten – schließlich weist Großbritannien noch nicht einmal einen Handelsüberschuss gegenüber den USA auf. Trumps pauschaler Ansatz ist auch dadurch wenig sinnvoll, dass die USA nicht alles selbst produzieren können und an einigen Branchen überhaupt kein Interesse haben. So erwarten wir einfache Einigungen mit Ländern (vor allem Schwellenländern), die weniger komplexe Güter (Möbel, Holz, Bekleidung) und Rohstoffe exportieren. Exporteure von High-End-Produkten (Mobiltelefone, Autos, Maschinen) dürften es dagegen schwerer haben.
Die Zölle werden bleiben, könnten aber gezielter angewendet werden. Eine Neuausrichtung der Wirtschaft ist jedoch kein Selbstläufer (wie Großbritanniens Wachstumsraten zeigen) – gelingen wird sie nur mit einem privaten Sektor, der Vertrauen in die Wirtschaftspolitik hat und wirklich mitzieht. Unabhängig davon wird die Produktivität der USA kurzfristig leiden, auch wenn die Chance besteht, dass die Weltwirtschaft bis 2026/27 dynamischer und ausgewogener dasteht als heute.
Anleihenmärkte
Wenn jemals ein guter Zeitpunkt für ein derartiges Experiment der USA war, dann jetzt. Eine Rezession ist keineswegs vorprogrammiert. Die finanzielle Lage der Verbraucher und die Bilanzen der Unternehmen sind sehr robust und weisen nur wenig Ungleichgewichte auf, wie der starke Konsum und die bemerkenswerte Performance der Unternehmen im postpandemischen Umfeld steigender Zinsen gezeigt haben.
Die rekordhohe Profitabilität der US-Unternehmen und der rekordhohe Wohlstand der USA haben die Weltwirtschaft am Laufen gehalten – und tun es weiterhin, wie die unverändert robusten Konjunkturdaten zeigen. Ob es hierbei bleibt, wird vor allem davon abhängen, wie die Unternehmen reagieren, wenn ihre Gewinne sinken – ob sie zum Beispiel anfangen, Personal abzubauen. Die US-Administration bemüht sich nun, dies zu verhindern, da sie erkannt hat, dass die Fed nichts ausrichten kann, wenn die Regierung zu aggressiv vorgeht.
Sinkende Kurse von US-Vermögenswerten und ein schwächerer Dollar scheinen unvermeidbar, von der US-Regierung sogar geradezu begrüßt zu werden. Aber wie sieht es am Anleihenmarkt aus?

Unter zeitlichen Gesichtspunkten ist dies ein größeres Problem, da der Anleihenmarkt weiter durch die hohen Staatsschulden und Haushaltsdefizite unter Druck steht. Tatsächlich betrug das Defizit der USA in den 7 Monaten bis April 1,05 Billionen US-Dollar und war damit um 23% höher als ein Jahr zuvor. Das lässt Zweifel aufkommen, ob die Zolleinnahmen ausreichen werden, um diese Lücke zu schließen, zumal die Staatsausgaben weiterhin sehr hoch sind. Ein Blick auf den Rest der Welt und die derzeit zu beobachtenden geopolitischen Verschiebungen lässt vermuten, dass sich daran so bald nichts ändern wird.
Die US-Zinsen sind weiterhin so hoch, dass sie restriktiv wirken und die Schuldenkosten erhöhen. Eine Stagflation ist gleichbedeutend mit einem schwächeren Wachstum und einer höheren Inflation. Dadurch sinken die Steuereinnahmen. Entlastende Zinssenkungen sind jedoch nicht in Sicht. Das kann mehr Anleiheemissionen erforderlich machen. Ein Handelskrieg führt auch zu einer geringeren Nachfrage nach US-Vermögenswerten und Dollars, vor allem in Ländern, die zwischen die Fronten geraten. Dadurch werden die Zinskurven steiler. In einem Umfeld gestörter Handels- und Kapitalströme verlieren Anleihen ihr Diversifikationspotenzial. Das macht sie aus Anlegersicht noch weniger attraktiv.
Solange sich nichts ändert, wird der Markt US-Anleihen meiden und die Form der Zinsstrukturkurve wird die Glaubwürdigkeit der US-Politik widerspiegeln. Das macht das Vorgehen der US-Administration noch problematischer und ist zweifellos der Grund für die jüngste Kehrtwende in Reaktion auf die negativen Auswirkungen der höheren Zinsen.
Fazit
Mit ihrem radikalen politischen Experiment will die US-Administration vor allem zwei Dinge erreichen: den Wiederaufbau der heimischen Produktionsbasis durch ein investitionsgetriebenes Wachstum und die Stärkung der seit Jahren stagnierenden Realeinkommen der Arbeitnehmer.
Mittel- bis langfristig könnte der politische Kurswechsel der US-Wirtschaft zugutekommen. Auf dem Weg dahin muss jedoch kurzfristig mit einem schwächeren Wachstum, einer höheren Inflation und einem noch größeren Haushaltsdefizit gerechnet werden. Der Regierung steht in jedem Fall eine Gratwanderung bevor. All dies wird weitreichende Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben.
„Ich gehe davon aus, dass der Anleihenmarkt das Vorgehen der US-Regierung sehr genau verfolgen wird“, ergänzt Mark Nash, Investment Manager, Fixed Income – Absolute Return, bei Jupiter Asset Management.