Österreich ist eine Nation des Leitungswasserkonsums und praktisch alle wissen dieses Privileg zu schätzen. Im Gegensatz zu den meisten Ländern sind wir gesegnet mit frischem Trinkwasser aus der Leitung – noch!

Neueste Messungen zeigen eine erhöhte Belastung mit so genannten Ewigkeits-Chemikalien, auch PFAS (Per- und Polyfluoralkylstoffe – Anm. d. Red.) genannt. Wie es die Bevölkerung mit dem Leitungswasserkonsum hält, und ob man über die Zukunft unseres Wassers besorgt ist, hat das österreichische Meinungsforschungsinstitut INTEGRAL in Kooperation mit der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 herausgefunden.
Österreich und das Leitungswasser
Wenngleich wir in vielen Statistiken beim Konsum von Alkohol oder Kaffee auf den vorderen Plätzen landen: Das Nummer 1 Getränk in Österreich ist Leitungswasser.
75% der Befragten genießen das kühle Nass aus der Leitung regelmäßig. Besonders beliebt ist Leitungswasser in den südlichen Bundesländern Steiermark und Kärnten und bei Befragten mit Matura-Abschluss. Den zweiten Platz im regelmäßigen Konsum belegt mit 70% Kaffee, mit deutlichem Abstand folgen Tee (49%), Mineral- und Sodawasser (46%) und Limonaden & Fruchtsäfte (39%). Alkoholische Getränke landen in den Eigenangaben mit 29% auf dem letzten Platz.
Aus dem Alltag ist unser Leitungswasser kaum wegzudenken: 73% aller Befragten trinken es täglich. Bei Frauen, 16-29-Jährigen und Personen mit Matura ist der tägliche Konsum sogar noch höher. Entsprechend hoch angeschrieben ist es auch, im Alltag Wasser zu sparen: 87% achten darauf (29% sehr, 58% eher). Vor allem Frauen gehen mit dem kostbaren Gut sparsam um.
Wertschätzung und Zukunftssorgen
Praktisch alle Befragten – 96% – wissen es laut der aktuellen Studie zu schätzen, dass wir in Österreich über qualitativ hochwertiges Leitungswasser verfügen. Gleichsam ist 9 von 10 Befragten bewusst, dass der Leitungswasserkonsum die Umwelt schont. Dies ist insbesondere Befragten aus der Gruppe 16-29 Jahre bzw. mit Matura klar.
Gleichzeitig herrscht Bewusstsein darüber, dass das Privileg unseres hochwertigen Leitungswassers nicht in Stein gemeißelt ist: 55% haben Sorge, dass sich die Qualität unseres Trinkwassers künftig verschlechtern wird. Ein knappes Viertel (23%) hat bereits jetzt Bedenken, dass das Leitungswasser mit Chemikalien verunreinigt sein könnte.
Milieuunterschiede
Die Haltung zum Trinkwasser wird stark durch unsere Lebenswelt bestimmt. So sind es die nachhaltigkeitsorientierten gesellschaftlichen Gruppen, die besonders gerne Leitungswasser konsumieren.
Dies zeigt eine Analyse nach Sinus-Milieus: Die gesellschaftskritischen Postmateriellen und die transformationswilligen Progressiven Realisten nutzen am häufigsten Trinkwasser aus der Leitung. Sie haben dabei stark im Blick, dass der Konsum von Leitungswasser die Umwelt schont.
Hingegen sind die beiden Milieus der gesellschaftlichen Mitte, die Adaptiv-Pragmatischen und die Nostalgisch-Bürgerlichen, besonders besorgt hinsichtlich der Qualität des Leitungswassers und künftiger Qualitätsverschlechterungen.
„Die Mitte ist sehr sicherheitsorientiert, das zeigt sich auch beim Leitungswasser. Komplexe Informationen aus den Medien lösen hier gewisse Sorgen aus.“, erklärt Bertram Barth, Geschäftsführer von INTEGRAL.
Problematik der Ewigkeits-Chemikalien
Ein Thema von wachsender Bedeutung für das österreichische Trinkwasser sind die so genannten Ewigkeits-Chemikalien. Sie können von der Umwelt gar nicht oder nur unvollständig abgebaut werden. Darauf machen Umweltschutzorganisationen regelmäßig aufmerksam.

Zum Beispiel wurde im österreichischen Leitungswasser die bis dahin wenig beachtete und kaum erforschte Ewigkeits-Chemikalie TFA (Trifluoracetat – Anm. d. Red.) in allen analysierten Stichproben nachgewiesen. TFA ist das nicht weiter abbaubare Endprodukt des Zerfalls anderer PFAS-Verbindungen, etwa aus der Kältetechnik oder aus Pestiziden. Die im Trinkwasser vorgefundenen Konzentrationen von TFA lagen um Größenordnungen über den durchschnittlichen Belastungen anderer PFAS. Zur Belastung des Grundwassers mit TFA tragen vor allem Pestizide aus der Landwirtschaft bei, mit einem potenziellen jährlichen Anteil von 76%, gefolgt von Regenwasser mit 17% sowie Kläranlagen und Gülle mit je 3%. Hingegen lässt sich die Kontamination von Grundwasser durch andere PFAS als TFA sehr oft auf industrielle Emissionen, Feuerlöschschäume, Deponiesickerwasser oder Abwasser aus Kläranlagen zurückführen.
45% der Befragten haben davon schon gehört, insbesondere Befragte mit Matura sind sich dessen bewusst.
„Angehörige des Postmateriellen Sinus-Milieus sind besonders gut informiert: Ganze 70% haben bereits von PFAS gehört.“, wirft dazu Sandra Cerny, Studienleiterin bei INTEGRAL, einen Blick auf die Lebenswelten.

Einigkeit herrscht in der Bevölkerung darüber, dass PFAS-Verbindungen verboten werden sollten: Insgesamt möchten 91% die so genannten Ewigkeits-Chemikalien verboten wissen, 54% sogar sicher.
Für den Pestizid- und Chemie-Experten Helmut Burtscher-Schaden von GLOBAL 2000 zeigt dieses Ergebnis ganz deutlich:
„Die Österreicherinnen und Österreicher schätzen hochwertiges Leitungswasser – und sie wollen es geschützt wissen. Das bestärkt uns in unserem Einsatz für ein Verbot gefährlicher Ewigkeits-Chemikalien, allen voran die sogenannten PFAS-Pestizide. Wir werden alles daransetzen, weitere Belastungen unserer Gewässer durch PFAS zu verhindern. Nur so lässt sich die Qualität unseres Trinkwassers langfristig sichern.“