Das Insolvenzgespenst geht um. Laut aktuellen Berechnungen werden in Österreich rund 5.500 Unternehmen das heurige Jahr nicht überleben, das entspricht 15 Firmenpleiten pro Kalendertag. Und das ist erst der Anfang, wie eine aktuelle Analyse der Wiener Unternehmensberatung Advicum Consulting zeigt.
Vor allem die massiv rückläufigen Bauzahlen, die nach wie vor hohe Inflation und die aktuelle Zinspolitik wirken sich negativ auf die weitere Entwicklung aus. Die anstehenden Lohnrunden mit Forderungen von über 10 Prozent Steigerungen befeuern zudem die Preisspirale immer weiter.
„Zombieunternehmen“?
„Europa schießt sich aus dem Markt“, fürchtet Advicum Equity-Partner Daniel Knuchel und zieht den Vergleich mit der Schweiz.
Im Gegensatz zu Österreich und der EU habe sich die Schweizer Nationalbank dazu entschieden keinen weiteren Zinsschritt zu gehen, da die Schweizer Wirtschaft sich bereits abkühlt. Die Währung ist gestärkt – fast schon zu stark und man bereitet wieder Lockerungen vor. Gemäß einer Studie der Creditreform sind in der Schweiz vor allem die „Zombiefirmen“ von den Insolvenzen betroffen – eine dringend notwendige und erfrischende Bereinigung, so dass sich die Unternehmenslandschaft erneuern kann.
Trübe Aussichten
Hierzulande dürften die Zeiten dagegen noch schwieriger werden, erwarten die Advicum Experten. Zuletzt waren vor allem Bau- und Baunebengewerbe, Gastronomie und Hotellerie sowie der gesamte Handelsbereich von Unternehmenskonkursen betroffen.
Österreichweit ist die Insolvenzrate in den ersten drei Quartalen um 10 Prozent gestiegen, in den Bundesländern Kärnten, Burgenland und Steiermark gar um bis zu 40 Prozent und damit deutlich über dem Vorkrisenniveau.
„Spricht man mit den Unternehmern, gibt es für die nahe Zukunft wenig Zuversicht. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der europäische Wirtschaftsmotor Deutschland deutlich hustet und noch weiter husten wird. Das wird sich auch auf die österreichische Wirtschaft auswirken“, betont Daniel Knuchel.
Chancen und Lösungsansätze
Die aktuelle Situation biete Unternehmen aber auch Chancen, die es zu nutzen gilt. Gefragt seien Weitblick, eine Abkehr vom Verlassen auf staatliche Unterstützungen, mehr Unternehmertum und ein gemeinsames Verständnis, dass alle ihren Beitrag leisten müssen.
„Wir kommen zurück zur alten Weisheit ‚Die Schnellen fressen die Langsamen‘. Das bedeutet: eine rasche Anpassung des eigenen Geschäftsmodells, rechtzeitige Konsolidierung und ein mutiger Blick nach vorne“, fasst Daniel Knuchel abschließend zusammen.
Schnell sei man heute vor allem durch konsequente Fokussierung, nachhaltige Digitalisierung und die aktive Nutzung der Chancen, die neue Technologien bieten. Jedenfalls sollten Unternehmen, die sich vor einem Insolvenzszenario schützen wollen, schnellstmöglich entscheiden, in welche Richtung sie sich weiterentwickeln wollen – am besten mittels eines „Fit and Proper Checks“. Und vor notwendigen Veränderungsschritten dürfe man dann ebenfalls nicht zurückschrecken.