Die letzten 15 Monate haben die Immobilienwirtschaft verändert und auch bereits in den Immobilien selbst Veränderungen bewirkt. Bestes Beispiel hierfür sind sicherlich der Büromarkt und der Einzelhandel.
Neue Strukturen werden gesucht, um die Veränderungen der letzten Monate in den Flächen abbilden zu können. Bei Büros sind nicht nur durch das HomeOffice neue Nutzungen der Flächen zu erwarten, die Unternehmen selbst beginnen sich neu zu strukturieren.
Diese Entwicklungen hängen aber – nicht nur in Österreich, aber hier besonders – weltweit von einem Umdenken der Gesetzgeber ab. Wolfdieter Jarisch, Vorstand der S+B Gruppe spricht das spricht das Spannungsverhältnis zwischen Nutzungskonzept und Flächenwidmungsplan an: „Da braucht es bei der Stadt mehr umdenken“; denn: Der Trend gehe zu integrierten Büroflächen in Wohngebäuden, die gemeinsam genutzt werden könnten. Die S+B Gruppe plant im Bezirksteil Neu-Marx im dritten Wiener Bezirk eine neue hybride Form des Wohnens, vermischt mit Arbeiten und Leben, zu schaffen. Die Flächenwidmung aber spricht ausschließlich von Wohn- bzw. Büroeinheiten – in der Hinsicht müsse der Magistrat flexibler werden, wenngleich „die Stadt unsere Ideen mit offenen Armen aufgenommen hat“, sagt Jarisch.
Und noch ein „rechtlicher“ Punkt wird in den kommenden Monaten schlagend werden. „Insgesamt sind viele Unternehmen bereit, den Schritt zur Flexibilisierung zu gehen“, sagt Anton Bondi, Geschäftsführer von Bondi Consult, allerdings gibt es die rechtlichen Rahmen, „die das gar nicht erlauben“. Es ist immer wieder ein Thema der Arbeitszeiten: „Es geht nicht darum, meinen Mitarbeiter zu zwingen, um 22 Uhr noch E-Mails zu schreiben“, sagt Anton Bondi, sondern „es geht um seine Mündigkeit. Es ist mir egal, ob es um 16 Uhr passiert oder um 2 Uhr früh, solange der Job erledigt wird“. Ähnlich sieht es auch Wolfdieter Jarisch richtet einen Appell zum Umdenken – und zwar nicht nur an Unternehmen, sondern primär an die Gesetzgebung: „Die Arbeit muss gemacht werden. Aber wann, kann mir doch eigentlich egal sein. Wenn mein Mitarbeiter den sonnigen Nachmittag lieber auf der Donauinsel verbringt, ist mir das recht. Dafür sitzt er um 22 Uhr am Computer und ist glücklich. Und wer glücklich ist, macht bessere Arbeit!“
Der Handel
Die Retailmieten in Österreich durch zwei Trends bestimmt: Erstens, die Nachverhandlung bestehender Mietverträge und andererseits durch den Corona verstärkten Trend der Rückgänge der erzielbaren Mieten bei Neuverträgen. Allerdings zeigt sich bei den Neuabschlüssen bereits sehr interessante Entwicklungen, die in weiterer Folge die Flächen an sich, aber auch die Innenstädte verändern werden.
„Es war für uns überraschen wie intensiv das letzte halbe Jahr war.“, so Mario Schwaiger, Bereichsleiter der Sparte Einzelhandel bei EHL Gewerbeimmobilien: „Generell das Thema Lebensmitteleinzelhandel ist das prägendste gewesen im ersten Halbjahr.“ Nicht nur die eingesessenen Einzelhändler suchen, sondern auch länderspezifische türkische, asiatische oder russische Märkte suchen Flächen zur Expansion … und Biosupermärkte: „Die Konzepte kommen an“, so Schwaiger: „Nachhaltigkeit spiegelt sich aber nicht nur im Lebensmittelbereich, sondern bei den Gastronomiekonzepten.“
Der Online-Lebensmittelladen drängt immer mehr in die Städte. Vorerst werden noch weniger frische Waren angeboten als andere Güter des täglichen Lebens. Gesucht werden Flächen bis 500 Quadratmeter, die mehr der Logistik denn der Präsentation dienen.
Auch die Verbindung von Shoppingcentern und Kunst war vor wenigen Jahren nicht denkbar. Jetzt gibt es bereits die ersten faszinierenden Ansätze. SES macht es möglich. Aktuell ist mit dem Kunsthistorischen Museum Wien eine der weltweit renommiertesten Kunstinstitutionen im EUROPARK Salzburg zu Gast. Erstmals werden hochwertige Repliken weltberühmter Kunstwerke von Tizian, Bruegel, Raffael, Vermeer oder Cranach aus der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in einem Shoppingcenter ausgestellt.
Vielmehr hat sich das bisherige Konzept mit seiner Monokultur, bestehend aus austauschbaren Retail-Flächen immer gleicher Filialisten, als unrentabel erwiesen. Aktuell werden die Prozesse, die zum Untergang führen, durch die Pandemie nur weiter beschleunigt. Es lebe also die Innenstadt der Zukunft – sie ist Chance und Herausforderung zugleich. Und besitzt das Potenzial, die moderne City abzulösen, meint Stefan Schillinger ist Managing Partner des deutschen Unternehmens ACCUMULATA.
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