Die komplexe österreichische Steuerlandschaft und die hohe Abgabenquote bremsen den Wirtschaftsstandort aus. Obwohl Unternehmen schon lange Reformen fordern, tut sich seitens der Politik zu wenig. Zahlreiche wirkungsvolle Maßnahmen liegen am Tisch, die für einen neuen Aufschwung sorgen könnten.
Das belegt eine neue volkswirtschaftliche Analyse, die EcoAustria im Auftrag von Deloitte durchgeführt hat.
Seit langem gilt das österreichische Steuersystem als großer Hemmschuh für die heimische Wirtschaft. Auch die immer lauter werdenden Appelle von Unternehmen haben bisher zu keinen umfassenden Reformen geführt.
„Der österreichische Standort befindet sich seit geraumer Zeit im Sinkflug. Seit Jahren versuchen wir deshalb die Verantwortlichen aus der Politik wach zu rütteln. Leider hat sich bis jetzt zu wenig getan. Im Gegenteil: Die geopolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingen haben die Situation erheblich verschärft. Der Wirtschaftsstandort Österreich verliert im internationalen Wettbewerb dramatisch an Attraktivität, ein Ende der Abwärtsspirale ist nicht in Sicht. Wenn der Wohlstand hierzulande erhalten werden soll, muss jetzt gehandelt werden“, verdeutlicht Harald Breit, CEO von Deloitte Österreich.
Entlastung des Faktors Arbeit
Um das Ruder herumzureißen ist ein Bündel an steuerlichen und fiskalpolitischen Maßnahmen notwendig. Vor allem der Entlastung des Faktors Arbeit kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu.
Laut dem Deloitte Austrian Tax Survey fordern mehr als zwei Drittel der Unternehmen in Österreich eine Reduktion der Lohnnebenkosten. 40 % wiederum sprechen sich für eine weitere Reduktion des Einkommensteuersatzes aus. Aus volkswirtschaftlicher Sicht würden beide Maßnahmen einen signifikanten Unterschied machen.
„Unsere Berechnungen verdeutlichen, dass Abgabenreduktionen beim Faktor Arbeit mit positiven Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekten im Ausmaß von rund 30.000 Personen beziehungsweise 4,5 Milliarden Euro verbunden sind sowie die Konsum- und Investitionsnachfrage stärken. Zudem führen die positiven volkswirtschaftlichen Effekte zu zusätzlichen öffentlichen Einnahmen, sodass sich die Abgabensenkung zum Teil selbstfinanziert“, erklärt Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria.
Senkung der Unternehmenssteuern
Neben der Entlastung des Faktors Arbeit ist für die Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes auch die Reduktion der Unternehmenssteuern essenziell, und hier insbesondere die Senkung der Körperschaftssteuer (KÖSt).
Eine Senkung der KÖSt ab dem Jahr 2025 um zwei Prozentpunkte auf 21 % würde laut der Studie ein Entlastungsvolumen für die Wirtschaft von gut einer Milliarde Euro bringen.
„Dadurch ergibt sich nicht nur neuer Spielraum für Investitionen und Innovationen seitens der Unternehmen, sondern man würde auch der Abwanderung von Unternehmen in Niedrigsteuerländer entgegenwirken. Außerdem ist eine niedrigere KÖSt auch ein positives Signal für internationale Unternehmen, die eine Ansiedlung in Österreich in Erwägung ziehen“, erörtert Herbert Kovar, Managing Partner Tax & Legal bei Deloitte Österreich.
Gegenfinanzierung
Eine umfassende Abgabensenkung hätte viele positive Folgen, doch muss diese auch finanziert werden. Angesichts des enormen Budgetdefizits erscheint das auf den ersten Blick schwierig.
„Bei genauerer Betrachtung liegen viele Hebel für eine Gegenfinanzierung auf der Hand. Sie reichen von einer schrittweisen Anhebung des gesetzlichen und faktischen Pensionsantrittsalters über eine Abschaffung der wenig zielführenden Bildungskarenz bis hin zu einer Reform des Klimabonus. Generell müssen Unterstützungen nach dem Gießkannenprinzip ein Ende haben – diese bringen wenig und kosten viel“, konstatiert Herbert Kovar.
Das größte Potenzial für die Gegenfinanzierung liegt in Einsparungen bei Bürokratie und Verwaltung. Durch die Hebung von Effizienzpotenzialen in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Gesundheit und Bildung könnten bis zu 10 Milliarden Euro eingespart werden.
„In den Bürokratiedschungel fließt ein großer Teil des Haushaltsbudgets. Es braucht eine Föderalismusreform sowie eine Änderung der Abgabenautonomie beziehungsweise des Finanzausgleichssystems. All das würde das Budgetloch maßgeblich verkleinern“, betont Harald Breit.
Vermögenssteuer?
Immer wieder wird rund um die Gegenfinanzierung auch die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer ins Spiel gebracht. Diese ist nach der Analyse von EcoAustria nicht zielführend, da sie mit höheren Kapitalnutzungskosten, einer Investitionszurückhaltung und entsprechenden Wertschöpfungsverlusten verbunden wäre.
„Die Einführung einer klassischen Vermögenssteuer würde im Jahr 2030 einen Wertschöpfungsverlust für Österreich von 4,3 Milliarden Euro mit sich bringen, da es durch die Besteuerung zu einer geringeren Investitionstätigkeit kommt. Das steht in keiner Relation zur erwartbaren Budgetverbesserung von 3,3 Milliarden Euro. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine solche Steuer abzulehnen. Es gibt hier zahlreiche wirkungsvollere Maßnahmen, die jetzt zügig umgesetzt werden sollten“, ergänzt Monika Köppl-Turyna abschließend.
Mehr Informationen zur vollständigen Studie finden Sie hier.