Im Rahmen des ESG-Performance-Rankings 2024 analysierte die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Österreich die Nachhaltigkeitsleistung der 140 umsatzstärksten Unternehmen des Landes.
Augenmerk der Methodik lag dabei nicht nur auf der Transparenz der Nachhaltigkeitsberichterstattung, sondern vor allem auf einer messbaren Verbesserung in den Bewertungskriterien gegenüber den letzten Jahren. Die Kriterien der Untersuchung basieren unter Berücksichtigung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die Studie beruht auf öffentlichen Informationen, wie etwa Nachhaltigkeits- und Lageberichten der jeweiligen Unternehmen.
Verbesserte ESG-Performance?
Ein Blick auf die Ergebnisse zeigt eine positive Tendenz: Die durchschnittliche ESG-Performance der analysierten 140 Unternehmen stieg im Vergleich zum Vorjahr auf 32 % (2023: 26 %).
Trotz dieses Fortschritts erreichte auch in diesem Jahr kein Unternehmen die volle Punktzahl, die für messbare ESG-Ziele und Verbesserungen in allen Bewertungskriterien erforderlich wäre.
„In unserer Studie haben wir den Blick eines externen Kunden oder Investoren eingenommen, der nicht auf eine Vielzahl von guten Taten blickt, sondern darauf, wie sich die ESG-Performance eines Unternehmens messbar in den letzten Jahren verbessert hat“, erörtert Agatha Kalandra, Vorstandsmitglied und ESG-Lead bei PwC Österreich, über das Erkenntnisinteresse der Studie.
ESG-Berichterstattung: Stärken und Schwächen
Die analysierten Unternehmen erzielten ihre höchsten Werte in den Kategorien „Messung der Scope 1, 2 und 3 Emissionen“, „Qualität der Ziele zur Emissionsreduktion“ sowie „Unfallrate“.
Deutliches Verbesserungspotenzial zeigt sich hingegen bei den Kriterien „ESG-Kriterien in der Management-Vergütung“, „Frauenanteil in Vorstand und Geschäftsführung“ sowie „relative und absolute Emissionsreduktion der letzten drei Jahre“.
Ein Branchenvergleich offenbart ebenfalls klare Unterschiede: Die Sektoren „Telekommunikation, Medien & Technologie“ (durchschnittliche Performance: 47 %), „Finanzdienstleister“ (39 %) sowie „Pharma und Chemie“ (36 %) gelten 2024 als führend. Nachholbedarf besteht insbesondere in den Branchen „Nahrungs- und Genussmittel, Getränke“ (16 %) sowie „Sonstige“ (21 %).
Diversität und Anreizstrukturen als Erfolgsfaktoren
Ein höherer Frauenanteil in der Geschäftsführung oder im Vorstand wirkt sich positiv auf die ESG-Performance aus: Die 19 Unternehmen mit mindestens 30 % Frauenanteil in Spitzenpositionen schnitten in der Gesamtbewertung um 50 % besser ab als der Durchschnitt der analysierten 140 Unternehmen.
Die Ergebnisse deuten auf eine enge Korrelation zwischen ESG-Performance und Frauenanteil hin, ohne jedoch kausale Zusammenhänge abschließend zu analysieren.
„ESG-Management ist ein interdisziplinäres Themenfeld. Es muss aus einer ganzheitlichen Perspektive betrachtet werden. Vielfalt – nicht nur im Geschlechterverhältnis, sondern auch im Hinblick auf Ausbildung und Themenexpertise – ist sicherlich förderlich für ein gutes Verständnis der ESG-Risiken und Chancen. Vielfalt ist kein Add-on, sondern ein Must-have, um auf das komplexe Thema Nachhaltigkeit gut vorbereitet zu sein“, betont Philipp Gaggl, Director ESG-Consulting bei PwC Österreich.
Eine ähnliche Korrelation zeigt sich bei der Integration von ESG-Kriterien in die Management-Vergütung. Unternehmen, die hier hohe Punkte erreichten, erzielten auch in der ESG-Gesamtbewertung überdurchschnittliche Ergebnisse. Dies verdeutlicht, dass eine klare Anreizstruktur für ESG-Ziele nicht nur die Prioritätensetzung, sondern auch die Performance signifikant stärkt.
CO₂-Reduktion
Trotz der wachsenden Bedeutung des Klimawandels zeigen die Ergebnisse deutlichen Handlungsbedarf in diesem Bereich. Zwar haben 40 % der analysierten Unternehmen ihre Scope 1-, 2- und 3-Emissionen gemessen, doch lediglich 22 % erzielten eine positive Bewertung bei der „Qualität der Ziele zur Emissionsreduktion“.
Kritisch ist die tatsächliche Umsetzung von Klimazielen: Nur 14 % der Unternehmen konnten in den letzten drei Jahren eine absolute und relative Reduktion ihrer CO₂-Emissionen in den Kategorien „Scope 1“ und „Scope 2“ nachweisen.
Konkrete Ziele als Schlüssel zu besserer Performance
Unternehmen, die klare und messbare Science Based Targets (SBTi) verfolgen, erzielen deutlich bessere Ergebnisse: Die 31 analysierten Unternehmen mit SBTi schneiden bei der tatsächlichen Emissionsreduktion in den letzten drei Jahren im Durchschnitt doppelt so gut ab wie ihre Mitbewerber.
Eine solide Datengrundlage, die alle Emissionskategorien (Scope 1, 2 und 3) abdeckt, ist dabei unverzichtbar. Ohne diese Basis können realistische und wirksame Pläne zur Dekarbonisierung – wie sie etwa durch die Science Based Targets gefordert werden – kaum entwickelt und umgesetzt werden.
„Die Mechanismen sind im Kern nicht neu: Daten bilden die Grundlage für Ziele, und Ziele treiben die Performance. Das kennen Unternehmen bereits aus anderen Managementbereichen. Neu ist lediglich, dass nun der Klima- und Umweltschutz sowie die soziale Nachhaltigkeit im Fokus stehen“, kommentiert Philipp Gaggl.
Pioniere in der ESG-Transformation
Börsennotierte Unternehmen nehmen eine Vorreiterrolle in der ESG-Transformation ein:
Mit einer durchschnittlichen ESG-Performance von 50 % schneiden sie doppelt so gut ab wie nicht-börsennotierte Unternehmen, deren Durchschnittsleistung bei 25 % liegt. Dieser Vorsprung lässt sich unter anderem durch den stärkeren Druck von Finanzmärkten und Stakeholdern erklären, welchem börsennotierte Unternehmen ausgesetzt sind.
Hinzu kommt die frühzeitige regulatorische Verpflichtung durch das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG), welches größere Unternehmen bereits in der Vergangenheit zur Berichterstattung und Integration von Nachhaltigkeitsaspekten verpflichtet hat.
Status quo der Berichtspflichten
Konkret müssen knapp über hundert Unternehmen, die bisher bereits unter dem Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) berichten mussten, im Jahr 2025 für das Geschäftsjahr 2024 erstmals nach der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichten.
Im Jahr 2026 folgen weitere 1.400 Unternehmen, später auch börsennotierte KMU. Vor allem die erste Berichtsgruppe muss die Anforderungen der EU-Taxonomie und der European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die sich durch die CSRD-Pflicht ergeben, kennen und umsetzen.
„Ab 2025 werden ESG-Informationen zunehmend in den Markt integriert. Strengere externe Prüfungen werden die Datenqualität weiter verbessern. Unternehmen, die die Berichterstattung heute als Bürde sehen, werden bald den strategischen Mehrwert von ESG-Daten erkennen – sowohl intern für Risikomanagement, Kostenreduktion, Steuerung und Planung als auch extern für die Kommunikation mit Stakeholdern, Ratings und Finanzierung. Der Schlüssel liegt darin, ESG-Transparenz und -Performance als Chance zu begreifen, nicht nur als Verpflichtung,“ ergänzt Agatha Kalandra abschließend.