Am größten war die Bedeutung digitaler Technologie für österreichische Unternehmen auf dem Höhepunkt der Covid-Pandemie im Jänner 2022: Damals gaben vier von fünf Unternehmen an, dass digitale Technologien für das eigene Geschäftsmodell eine große Rolle spielen.
Aktuell liegt dieser Anteil bei nur noch 63 Prozent – und geht damit im zweiten Jahr in Folge erneut zurück (2023: 67 %). Immerhin 37 Prozent der Betriebe geben an, dass digitale Technologien für das eigene Geschäftsmodell eine nur geringe oder sogar gar keine Rolle spielen. Ein Viertel (25 %) bewertet die Rolle der Digitalisierung aber anhaltend als sehr groß. Gleichzeitig ist der Anteil der Unternehmen, für die digitale Konzepte kaum eine oder gar keine Rolle spielen, seit dem Vorjahr erneut angestiegen – und zwar von 33 Prozent auf 37 Prozent. So hoch war der Wert seit 2018 nicht mehr.
In der Finanzdienstleistung (60 %), gefolgt vom Bereich Soziales, Wissenschaft, Bildung und Kultur (31 %) und Tourismus (30 %) werden digitale Technologien besonders häufig eingesetzt, Schlusslicht ist die Immobilienwirtschaft bzw. das Baugewerbe (16 %) sowie der Sektor Transport, Energie und Verkehr (6 %).
„Die Bedeutung digitaler Technologie für österreichische Unternehmen geht erneut zurück. Dieser Abwärtstrend unterstreicht die Notwendigkeit für Unternehmen, die digitale Transformation nicht nur als vorübergehende Lösung in Krisenzeiten zu betrachten, sondern als integralen Bestandteil ihrer langfristigen Strategie. Jene, die digitale Technologien gezielt einsetzen, um innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben, können ihr Potenziale voll ausschöpfen“, so Susanne Zach, Partnerin und Leiterin AI & Data bei EY Österreich.
Rückläufige digitale Investitionen
„Möchte man weiterhin mit der Transformation durch Digitalisierung Schritt halten, sind Investitionen in KI und den damit verbundenen Technologien unverzichtbar“, ergänzt Christoph Mayer, Partner Cloud Transformation und verantwortlich für die EY Microsoft Service Group bei EY Österreich.
Rund jedes vierte österreichische Unternehmen (24 %) will in den nächsten Jahren in KI investieren – im Vorjahr war der Anteil Investitionswilliger deutlich geringer (15 %). Unternehmen, die in den kommenden Jahren Investitionen in KI-Technologien planen, wollen diese vor allem in den Bereichen IT und EDV (50 %) sowie Marketing, Vertrieb, Kundendienst (43 %) einsetzen. Immerhin 19 Prozent der Betriebe, die Investitionen in KI planen, streben deren Einsatz im F&E-Bereich an, elf Prozent im Bereich Produktentwicklung bzw. Innovation.
Nur mehr 18 Prozent wollen im Bereich Data Analytics aufstocken, jeder siebte Betrieb (15 %) plant, Cloud Computing einzusetzen. Gegenüber dem Vorjahr hat die Bedeutung von Data Analytics und Cloud Computing deutlich abgenommen (minus 6 bzw. minus 9 %). Der Anteil der Unternehmen, die in den kommenden Jahren nicht in weitere digitale Technologien investieren wollen, ist gegenüber dem Vorjahr deutlich von 38 auf 48 Prozent gestiegen.
„Viele Unternehmen haben Probleme damit, geeignete Fachkräfte zu finden – das hat auch Auswirkungen auf geplante Digitalisierungsprojekte, die durch fehlendes Personal nur langsam oder gar nicht vorankommen“, führt Christoph Mayer aus.
Wien als Digitalisierungshotspot
Im Bundesländer-Ranking punkten Unternehmen mit Sitz in Wien: 38 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Digitalisierung bereits jetzt eine sehr große Rolle für das eigene Geschäftsmodell spielt, für weitere 29 Prozent eine mittelgroße.
Dahinter folgen Betriebe in Salzburg (31 % sehr wichtig, 34 % wichtig) und Tirol (25 % sehr wichtig, 32% wichtig). Für Betriebe in Kärnten haben digitale Technologien die geringste Bedeutung (14 % sehr wichtig, 51 % wichtig), sie reihen sich damit ganz am Ende des Rankings ein. Betrachtet man die Zahlen aus den Vorjahren, geht die Bedeutung digitaler Technologien auch in den Bundesländern zurück.
Kluft zwischen „groß“ und „klein“
Für große und kleine Player der österreichischen Wirtschaft haben digitale Technologien jedoch unterschiedliche Relevanz: Digitale Technologien sind für Geschäftsmodelle von Unternehmen mit Jahresumsätzen jenseits der 30 Millionen Grenze deutlich wichtiger als für Unternehmen mit weniger als zehn Millionen Euro.
Der Anteil der Unternehmen, die digitalen Technologien eine sehr große oder mittelgroße Bedeutung beimessen, liegt bei größeren Unternehmen mit 68 Prozent deutlich höher als bei Unternehmen mit Jahresumsätzen von weniger als zehn Millionen Euro (59 %). Aber auch für Unternehmen, die zwischen zehn und 30 Millionen Euro Jahresumsatz machen, sind digitale Technologien nahezu gleich bedeutsam: 66 Prozent weisen ihnen eine große oder mittelgroße Bedeutung zu.
„Insbesondere für kleine Betriebe ist es essenziell, konstant am Ball zu bleiben und neue Entwicklungen im Technologiebereich in die Geschäftsmodelle zu integrieren, denn die digitale Transformation macht keinen Halt und es gilt, den Anschluss an die Mitbewerber nicht zu verlieren“, konstatiert Christoph Mayer.
Die meisten Unternehmen – unabhängig von der Umsatzkategorie – sind sich aber einig, dass dem technologischen Fortschritt eine große Bedeutung zuzuschreiben ist. 65 Prozent der heimischen Unternehmen sehen in der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft für das eigene Unternehmen eine Chance, während lediglich sechs Prozent in dieser Entwicklung eine Bedrohung sehen. Gegenüber Jahresbeginn 2023 ist damit der Anteil der Befürworter deutlich – um sechs Prozentpunkte – gestiegen.
Vor allem große Unternehmen sehen Chancen in der zunehmenden Digitalisierung. Größere Betriebe mit Jahresumsätzen jenseits der Dreißig-Millionen-Marke bewerten die steigende Digitalisierung im Durchschnitt deutlich häufiger als Chance als kleinere Unternehmen (81 %). Bei Unternehmen mit einem Umsatz zwischen zehn und 30 Millionen Euro sinkt die Zustimmung bereits deutlich um einige Prozentpunkte (63 %), während bei Betrieben mit weniger als zehn Millionen Euro Umsatz die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft durchschnittlich von nur mehr 59 Prozent als Chance beurteilt wird.
Gleichzeitig ist bei letztgenannten Unternehmen der Anteil derer, die der zunehmenden Digitalisierung indifferent gegenüberstehen, mit 36 Prozent deutlich höher als bei größeren Unternehmen (14 %).
Nicht nur bei der Umsatzgröße, sondern auch quer durch die einzelnen Sektoren gibt es Unterschiede bei der Chancen-Bewertung: Unternehmen aus dem Finanzsektor (88 %) und im Bereich Transport, Verkehr und Energie (77 %) sowie Soziales, Wissenschaft, Bildung und Kultur (72 %) sind besonders chancenorientiert.
Heimische Unternehmen im Immobilien- und Baugewerbe nehmen die digitale Transformation vermehrt als bedrohlich wahr (14 %). Wirft man einen Blick auf das Bundesländer-Ranking, so sehen vor allem Wiener, niederösterreichische und Salzburger Betriebe die Digitalisierung der Wirtschaft als Chance (je 71 %), in der Steiermark (13 %), in Kärnten (10 %) und in Tirol (9 %) empfinden die Betriebe sie jedoch eher als Risiko.
Digitalisierung und Standortpolitik
Nicht mal jedes zweite Unternehmen in Österreich sieht die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung bezogen auf den eigenen Standort positiv (41 %) – das sind weniger als vor einem Jahr, als der Anteil bei 50 Prozent lag.
2022 bewerteten diese noch 63 Prozent positiv. Nur 14 Prozent der Unternehmen bewerten sie aktuell als ausgezeichnet. Gleichzeitig ist der Anteil derer, die die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung als eher oder sehr schlecht bezeichnen, auf einen neuen Höchstwert von 13 Prozent gestiegen.
Betrachtet man die Bundesländer darauf bezogen, sind Unternehmen in Vorarlberg am zufriedensten mit den Standortbedingungen für Digitalisierung (19 % sehr positiv), gefolgt von Wien und Salzburg (je 18 % sehr positiv). Am unzufriedensten sind Unternehmen in der Steiermark (8 % sehr positiv) und Kärnten (9 % sehr positiv) mit den Rahmenbedingungen für die Digitalisierung – sowohl Abläufe und Produktion als auch Geschäftsmodell betreffend.
Wirft man einen Blick auf die Branchen, zeigt sich der Finanzsektor am zufriedensten mit den Standortbedingungen (21 %), gefolgt vom Tourismus und dem Sektor Immobilien und Baugewerbe (je 20 %). Im Handel (9 %), aber auch im Bereich Gesundheit/Life Science (5 %), der im Vorjahr noch am zufriedensten war (28 %), ist die Zufriedenheit am geringsten ausgeprägt.
„In einer Zeit, in der digitale Transformation nicht nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit für den Wirtschaftsstandort Österreich ist, zeigen die aktuellen Studienergebnisse deutlich, dass wir vor erheblichen Herausforderungen stehen. Es ist alarmierend, dass nur weniger als die Hälfte der Unternehmen die Rahmenbedingungen für Digitalisierung als positiv bewertet. Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit für umfassende Reformen und eine proaktive Standortpolitik, um Österreichs Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und unseren Unternehmen Werkzeuge an die Hand zu geben, die sie brauchen, um Österreichs Position als attraktiven und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort zu sichern“, unterstreicht Susanne Zach abschließend.
Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, für die über 600 mittelständische Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen in Österreich befragt wurden.