Industriewandel 2.0 – der europäische Clean Industrial Deal und seine Bedeutung

Der „Deal“ soll die Dekarbonisierung beschleunigen und die Zukunft der verarbeitenden Industrie sichern.
© EU-Kommission / Dati Bendo
Industriewandel 2.0 – der europäische Clean Industrial Deal und seine Bedeutung
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission.

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Mit dem „Deal“ für eine saubere Industrie will die Europäische Kommission einen kühnen Wirtschaftsplan zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Resilienz unserer Industrie umsetzen. Da unsere Industrien mit hohen Energiekosten sowie einem harten und oft unfairen globalen Wettbewerb zu kämpfen haben, benötigen sie dringend Unterstützung.

Wachstum, Wettbewerb und Bürokratie

Mit diesem Deal wird die Dekarbonisierung als starker Wachstumsmotor für die europäische Industrie positioniert. Dieser Rahmen kann für mehr Wettbewerbsfähigkeit sorgen, da er Unternehmen und Investoren Sicherheit und Berechenbarkeit bietet und sie davon ausgehen können, dass Europa weiterhin fest entschlossen ist, seine Wirtschaft bis 2050 zu dekarbonisieren.

„Europa will nicht nur ein Kontinent der industriellen Innovation sein, sondern auch ein Kontinent der industriellen Produktion. Die Nachfrage nach sauberen Produkten ist allerdings zurückgegangen, und einige Investitionen wurden in andere Teile der Welt verlagert. Bekanntlich gibt es für unsere europäischen Unternehmen immer noch zu viele Hindernisse – angefangen bei hohen Energiepreisen bis hin zu übermäßigem Regelungsaufwand. Mit dem Deal für eine saubere Industrie können die noch bestehenden Fesseln unserer Unternehmen gekappt werden. Außerdem soll ein klarer Business Case für Europa vorgelegt werden“, verdeutlicht Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Überdies ergreift die Kommission Maßnahmen, die auf eine effizientere Gestaltung unseres Regulierungsumfelds und den Abbau von bürokratischen Hürden für Unternehmen abzielen.

Dekarbonisierung, Reindustrialisierung und Innovationen

Es wird der Fokus auf zwei eng zusammenhängende Sektoren gelegt:

Auf den energieintensiven Industrien, da es dringender Unterstützung für die Dekarbonisierung und die Elektrifizierung bedarf. Der Sektor hat mit hohen Energiekosten, unlauterem globalen Wettbewerb und komplexen Vorschriften zu kämpfen, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt wird.

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© PantherMedia / ribkhan

Gleichsam auf den sauberen Technologien, die künftig eine zentrale Rolle bei Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum spielen und für den industriellen Wandel von entscheidender Bedeutung sein werden. Die Kreislauffähigkeit ist auch ein wesentliches Element des Deals, da die begrenzten Ressourcen der EU optimal einsetzt und übermäßige Abhängigkeiten von Rohstofflieferanten aus Drittländern verringert werden müssen.

Der Deal sieht Maßnahmen zur Stärkung der gesamten Wertschöpfungskette vor. Er dient als Rahmen für maßgeschneiderte Maßnahmen in bestimmten Sektoren. Die Kommission wird Anfang bis Mitte März einen Aktionsplan für die Automobilindustrie und im Frühjahr einen Aktionsplan für Stahl und Metalle vorlegen. Weitere auf den Bedarf zugeschnittene Maßnahmen sind für die chemische Industrie und die Industrie für saubere Technologien geplant.

Niedrigere Energiekosten

Erschwingliche Energie ist das Fundament für Wettbewerbsfähigkeit. Daher hat die Kommission einen Aktionsplan für erschwingliche Energie angenommen, mit dem die Energiekosten für Industrie, Unternehmen und Haushalte gesenkt werden sollen.

Der Aktionsplan zielt darauf ab, saubere Energien rascher auszubauen, die Elektrifizierung zu beschleunigen, unseren Energiebinnenmarkt durch physische Verbindungsleitungen zu vollenden, Energie effizienter zu nutzen und die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen zu verringern.

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© PantherMedia / filmfoto

Ankurbelung der Nachfrage nach sauberen Produkten

Durch den Rechtsakt zur beschleunigten Dekarbonisierung der Industrie wird die Nachfrage nach in der EU hergestellten sauberen Produkten steigen, weil Nachhaltigkeit, Resilienz und „Made in Europe“ künftig Kriterien für die Vergabe öffentlicher und privater Aufträge sein werden.

Die Kommission wird 2026 mit der Überarbeitung des Rahmens für die Vergabe öffentlicher Aufträge die Kriterien Nachhaltigkeit, Resilienz und europäische Präferenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für strategische Sektoren einführen.

In dem Rechtsakt zur beschleunigten Dekarbonisierung der Industrie ist auch eine freiwillige Kennzeichnung für die CO2-Intensität von Industrieprodukten – zunächst für Stahl im Jahr 2025 und in der Folge für Zement – vorgesehen. Die Kommission wird die Methoden für die CO2-Bilanzierung vereinfachen und harmonisieren. Dank dieser Kennzeichnungen, die den Verbrauchern als Information dienen werden, können die Hersteller ihre Anstrengungen zur Dekarbonisierung gewinnbringend verwerten.

Finanzierung?

Kurzfristig werden im Rahmen des Deals für eine saubere Industrie über 100 Mrd. EUR zur Förderung einer umweltfreundlichen Fertigung in der EU mobilisiert. In diesem Betrag sind zusätzliche Mittel in Höhe von 1 Mrd. EUR für Garantien, die im aktuellen mehrjährigen Finanzrahmen veranschlagt sind, enthalten.

Die Kommission plant:

  • Die Annahme eines neuen Rahmens für staatliche Beihilfen. Damit wird eine einfachere und raschere Genehmigung staatlicher Beihilfen für den Ausbau erneuerbarer Energien ermöglicht, die Dekarbonisierung der Industrie vorangebracht und für ausreichende Fertigungskapazitäten im Bereich saubere Technologien gesorgt.

  • Die Stärkung des Innovationsfonds und Vorlage eines Vorschlags für eine Bank zur Dekarbonisierung der Industrie mit einem Finanzierungsziel von 100 Mrd. EUR auf der Grundlage verfügbarer Mittel des Innovationsfonds, zusätzlicher Einnahmen aus Teilen des Emissionshandelssystems sowie der Überarbeitung von InvestEU.

  • Die Änderung der InvestEU-Verordnung zwecks Erhöhung der Risikotragfähigkeit von InvestEU. Dadurch werden bis zu 50 Mrd. EUR an zusätzlichen privaten und öffentlichen Investitionen – auch für saubere Technologien, saubere Mobilität und Abfallreduzierung – mobilisiert.

Die Europäische Investitionsbank (EIB-Gruppe) wird den Deal für eine saubere Industrie auch mit einer Reihe konkreter neuer Finanzierungsinstrumente unterstützen, und zwar mit einem „Netzherstellungspaket“, das Rückgarantien und andere risikomindernde Unterstützungsmaßnahmen für die Hersteller von Netzkomponenten vorsieht, einem gemeinsamen Pilotprogramm der Europäischen Kommission und der EIB mit Rückgarantien für Strombezugsverträge, die von KMU und energieintensiven Industrien geschlossen werden und einer Garantiefazilität für saubere Technologien, die sie im Rahmen des von InvestEU geförderten Programms Tech EU auf den Weg bringt.

Rohstoffe und Kreislauffähigkeit

Kritische Rohstoffe sind für die europäische Industrie von zentraler Bedeutung. Die EU muss daher den Zugang zu Rohstoffen sicherstellen und von unzuverlässigen Lieferanten unabhängiger werden. Dass die Kreislauffähigkeit zum Kernstück der Strategie zur Dekarbonisierung wird, trägt gleichzeitig zu einer optimalen Nutzung der begrenzten Ressourcen der EU bei.

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© PantherMedia /  VadimVasenin

Die Kommission plant:

  • Die Einrichtung eines Mechanismus, der es europäischen Unternehmen ermöglicht, sich zusammenzuschließen und ihre Nachfrage nach kritischen Rohstoffen zu bündeln.

  • Die Einrichtung eines EU-Zentrums für kritische Rohstoffe für den gemeinsamen Erwerb von Rohstoffen im Auftrag interessierter Unternehmen. Durch gemeinsame Beschaffungen lassen sich Größenvorteile und eine stärkere Hebelwirkung zur Aushandlung besserer Preise und Konditionen erzielen.

  • Die Annahme eines Rechtsakts über die Kreislaufwirtschaft im Jahr 2026, um den Übergang zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen, ferner um sicherzustellen, dass knappe Materialien effizient genutzt und wiederverwendet werden. Ebenso um globale Abhängigkeiten zu verringern sowie hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Bis 2030 sollen 24 % der Materialien kreislauffähig sein.

Globale Partner

Die EU braucht mehr denn je verlässliche globale Partner. Ergänzend zu den bestehenden und neu hinzukommenden Handelsabkommen wird die Kommission in Kürze die ersten Partnerschaften für sauberen Handel und Investitionen auf den Weg bringen, mit denen die Lieferketten diversifiziert und für beide Seiten vorteilhafte Abkommen geschlossen werden.

Gleichzeitig wird die Kommission noch entschlossener handeln, um unsere Industrien mit einer ganzen Reihe von handelspolitischen Schutzmaßnahmen und anderen Instrumenten vor unlauterem globalem Wettbewerb und Überkapazitäten zu schützen. Die Kommission wird auch das CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) vereinfachen und ausbauen.

Fachkräfte

Für den Wandel unserer Industrien werden qualifizierte Arbeitskräfte und Spitzentalente gebraucht. Die Kommission wird eine Union der Kompetenzen einrichten, die in die Beschäftigten investiert, Kompetenzen entwickelt und hochwertige Arbeitsplätze schafft.

Mit bis zu 90 Mio. EUR aus dem Programm Erasmus+ wird der Deal dazu beitragen, branchenspezifische Kompetenzen für strategische, mit dem Deal für eine saubere Industrie zusammenhängende Industriezweige auszubauen. Im Zuge des Deals werden auch hochwertige Arbeitsplätze und soziale Auflagen gefördert.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind das Ergebnis der aktiven Zusammenarbeit, die mit führenden Vertretern der Industrie, den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft im Rahmen der Erklärung von Antwerpen, für einen europäischen Industriedeal und der Energiewende-Dialoge der Europäischen Kommission, eingeleitet wurde.

Nähere Informationen zum vollständigen Paper „Clean Industrial Deal“ finden Sie hier.

https://commission.europa.eu

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