Grüner Wasserstoff als wichtiges Puzzleteil zur Klimaneutralität

Naturkatastrophen rücken alternative Energiequellen mehr denn je in den Fokus von Investoren.
© Carolina Frank / Steiermärkische Sparkasse
Grüner Wasserstoff als wichtiges Puzzleteil zur Klimaneutralität
Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien, Steiermärkische Sparkasse.

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Solar-, Wind- und Kernenergie-Unternehmen profitieren bereits davon, dass es zur Dekarbonisierung keine Alternative gibt, wenn man die Erderwärmung eindämmen will. Vor diesem Hintergrund steigt aber auch das Interesse der Anleger:innen am Markt für Wasserstoff, schreiben die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking.

Für die Internationale Energieagentur IEA ist Wasserstoff ein relevanter Bestandteil auf dem Weg zur Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2050, wie es auf der Pariser Klimaschutzkonferenz vor acht Jahren festgelegt wurde. Insbesondere Wirtschaftszweige, in denen sich die Dekarbonisierung als schwierig erweist – etwa die Schwerindustrie, der Fernverkehr, die Schifffahrt und die Luftfahrt – könnten Nutznießer neuer Technologien rund um Wasserstoff sein.

Wasserstoff als Zukunfts- und Schlüsseltechnologie

Wasserstoff, das häufigste und leichteste Element (H2) auf der Erde, ist ein sauber brennendes, farb- und geruchloses Gas. Es hat zwar nur eine geringe Dichte bzw. Volumenmasse, doch die Energiedichte ist fast dreimal so hoch wie die von Diesel oder Benzin.

Es ist ein Energieträger aber keine Energiequelle. Man kann Energie speichern, wodurch es als Batterie fungieren kann, um erneuerbare Energien zu ergänzen und Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zwischen Solar- und Windkraft auszugleichen. Die Höhe der CO2-Emissionen, die bei der Wasserstoffproduktion anfallen, hängt von der Quelle ab, aus der es gewonnen wird:  Wasserstoff aus Kohle hat hohe Emissionen, Wasserstoff aus Windkraft hat sehr geringe bis gar keine Emissionen.

Da es keine Kohlenstoffemissionen verursacht, hat Wasserstoff die Fähigkeit, fossile Brennstoffe bei der Betankung von Langstreckentransporten wie Lkw, Zügen, Schiffen und Flugzeugen, bei der Speicherung erneuerbarer Energien und Stromversorgungsketten und bei energieintensiven Fertigungsprozessen wie der Stahlerzeugung, der Herstellung von Chemikalien sowie der Zement- und Erdölraffination zu ersetzen. Der Bereich des Fernverkehrs hat sich aufgrund des zu hohen Gewichts von Lithium-Ionen-Batterien und ihrer unzureichenden Reichweite bei der Dekarbonisierung als besonders schwierig erwiesen. Wasserstoff bietet eine leichte Alternative, die die erforderliche Strecke zurücklegen kann, um den Verkehrssektor näher an Netto-Null-Emissionen zu bringen.

Grüner Wasserstoff als wichtiges Puzzleteil zur Klimaneutralität
© PantherMedia / rclassenlayouts

Es gibt zwei wasserstoffbasierte Technologien, die den Bedürfnissen dieser Branche gerecht werden: wasserstoffbetriebene Motoren, die ähnlich funktionieren wie diesel- oder benzinbetriebene sowie Wasserstoff-Brennstoffzellen, die Strom erzeugen, indem sie Wasserstoff und Sauerstoff in einer elektrochemischen Zelle kombinieren.

Große Fahrzeughersteller wie Daimler, Volvo oder Toyota arbeiten intensiv daran, wasserstoffbetriebene Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Hyundai hat im Jahr 2023 in Kanada den H2-betriebenen SUV Nexo vorgestellt und testet in den USA einen Wasserstoff-Brennstoffzellen-Elektro-Lkw.

„Farbenlehre“ bei Wasserstoff

Trotz des Überflusses existiert Wasserstoff nicht allein, sondern ist entweder an Fluor, Stickstoff oder Sauerstoff gebunden. Die herkömmlichen Verfahren zum Aufbrechen dieser Bindungen und zur Herstellung von reinem Wasserstoff verwenden laut IEA fossile Brennstoffe wie Kohle und Erdgas und sind daher für erhebliche CO2-Emissionen verantwortlich. Daher werden Prozesse benötigt, die sauberere, umweltfreundlichere Lösungen bieten. Es ist dieser Bedarf, der die größten Chancen für Investoren bietet, da die Technologie für die Produktion, Speicherung und Nutzung von sogenanntem grünem Wasserstoff weiterentwickelt wird.

Während es keinen sichtbaren Unterschied zwischen Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen und Wasserstoff aus erneuerbaren Energien – dem so genannten „grünen“ Wasserstoff – gibt, verwendet die Industrie ein Farbensystem, um die Produktionsmethoden nach ihrer Kohlenstoffintensität zu unterscheiden. Die wichtigsten sind Braun, Grau, Blau und Grün.

Brauner Wasserstoff verursacht die höchsten CO2-Emissionen, da jener aus Kohle hergestellt wird. Derzeit wird der Wasserstoffmarkt von grauem Wasserstoff dominiert, welcher durch thermochemische Umwandlung mit CO2 als Nebenprodukt aus Erdgas hergestellt wird. Blauer Wasserstoff, auch kohlenstoffarmer Wasserstoff genannt, liegt in Bezug auf CO2-Ausstoß zwischen grauem und grünem Wasserstoff. Dieser wird im Wesentlichen auf die gleiche Weise wie grauer Wasserstoff hergestellt, jedoch mit dem zusätzlichen Schritt, dass Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung eingesetzt werden, um die CO2-Emissionen zu reduzieren.

Investitionsmöglichkeiten?

Insgesamt wurde der globale Markt für grünen Wasserstoff auf 1,1 Milliarden US-Dollar geschätzt und wird voraussichtlich bis 2030 30,6 Milliarden US-Dollar erreichen.

In einem Marktbericht geht die Unternehmensberatung Deloitte davon aus, dass der Markt für grünen Wasserstoff bis 2030 den Wert des Marktes für Flüssigerdgas überholen und bis 2050 1,4 Billionen US-Dollar erreichen wird. Bis zum selben Jahr könnte der weltweite Handel mit Wasserstoff jährlich mehr als 280 Milliarden US-Dollar an Exporteinnahmen generieren. Die Nachfrage nach brennstoffzellenbetriebenen Elektrofahrzeugen und sauberen Energiequellen aus der Energiewirtschaft zählen zu den am schnellsten wachsenden Segmenten in diesem Markt.

Grüner Wasserstoff als wichtiges Puzzleteil zur Klimaneutralität
Karl Freidl, Leiter Private Banking Graz, Steiermärkische Sparkasse.
© Margit Kundigraber / Steiermärkische Sparkasse

Diese beeindruckende Wachstumsprognose ist auf proaktive Regierungen zurückzuführen, die sich auf „Null-Kohlenstoff-Emissionen“ konzentrieren und die Entwicklung des Wasserstoffsektors durch Investitionen in die Infrastruktur unterstützen. Die zunehmende Einführung von Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeugen, die Entwicklung von Elektrolysetechnologien und die Senkung der Kosten für die Erzeugung erneuerbarer Energien unterstützen den Wasserstoffmarkt ebenfalls in hohem Maße.

Doch noch sind die meisten der aktuellen Projekte für grünen Wasserstoff in der vorkommerziellen Phase. Eine der größten Herausforderungen bei der Weiterentwicklung grüner Wasserstofftechnologien sind die Kosten, doch die Produktionskosten werden im Laufe der Zeit sinken, was auf kontinuierlich sinkende Kosten für die Erzeugung erneuerbarer Energien, Skaleneffekte, Erfahrungswerte durch Projekte und technologische Fortschritte zurückzuführen ist.

Dadurch wird grüner Wasserstoff laut einer Analyse des Beratungsunternehmens PwC wirtschaftlicher. Eine weitere Herausforderung für die breitere Einführung grüner Wasserstofftechnologien ist laut PwC die noch geringe Infrastruktur für die großflächige Wasserstoffnutzung, nämlich Export- und Importterminals und Pipelines, deren Entwicklung mehrere Jahre dauert.

Laut BloombergNEF wird das weltweite Angebot an kohlenstoffarmem Wasserstoff bis 2030 um das 30-fache von derzeit 0,5 Millionen Tonnen Kapazität wachsen, wobei die USA mit rund 37 Prozent den größten Anteil am Wachstum haben. Mehr als die Hälfte dieses prognostizierten Angebots wird grüner Wasserstoff sein, der durch Elektrolyse hergestellt wird. Blauer Wasserstoff wird aber immer noch eine sehr große Rolle bei der Deckung der Nachfrage spielen.

Hürden bei Speicherung und Transport

Anleger sollten ihr Augenmerk auf die weltweit mittlerweile recht zahlreichen Unternehmen legen, die auf sauberem Wasserstoff basierende Technologien zur direktreduzierten Eisenverarbeitung, Elektrolyse zur Herstellung von sauberem Wasserstoff, Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologien, Wasserstoffspeicher- und Verteilungsinfrastrukturen für die Lieferketten sowie Technologien zur Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung entwickeln.

Doch wie bei jedem vielversprechenden oder revolutionären Produkt gibt es Hürden. Wenn die Wasserstoffproduktion weniger kohlenstoffintensiv wird, ihre Einsatzmöglichkeiten zunehmen und mehr Produktionsprozesse rentabel werden, werden sich unweigerlich die folgenden Herausforderungen ergeben:

Erstens ist H2 schwieriger zu speichern als fossile Brennstoffe, da er weniger dicht ist und einige Arten von Stahl und Eisen durchdringen kann, womit das Material spröde werden kann. Der Transport kann ohne Modifikationen per Erdgaspipelines nur zu 5 bis 15 Prozent bewältigt werden. Bestehende Pipelines könnten auf reine Wasserstoffpipelines umgestellt und neue Wasserstoffpipelines gebaut werden, wenn auch beides mit erheblichen Kosten. Die geringe Dichte von Wasserstoff macht den Transport auf der Straße, auf der Schiene oder auf dem Schiff kostspielig. Aber Innovationen und Anreize zur Kohlenstoffreduzierung sollten dies im Laufe der Zeit leichter möglich machen.

https://www.sparkasse.at/steiermaerkische

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