Zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen steht die globale grüne Transformation an einem entscheidenden Punkt. Der aktuelle Bericht von Allianz Research „A decade after Paris: progress, paralysis and the race to net zero“ zeigt: Auch wenn die Fortschritte zwischen den Ländern stark variieren und noch einige Herausforderungen bestehen, schreiten viele schneller voran als allgemein angenommen – und wirtschaftliches Wachstum und Klimaneutralität schließen sich nicht aus.

Unternehmen, die ihre eigene Dekarbonisierung entschlossen vorantreiben, tragen wesentlich zur Transformation bei.
Die Analyse von Allianz Research basiert auf den Ergebnissen des Allianz Green Transition Trackers, der 69 Länder anhand von fünf Indikatoren bewertet – Kohlenstoff- und Energieintensität, konsum- und gebietsbezogene Emissionen pro Kopf sowie dem Anteil kohlenstoffarmer Energie am Strommix.
Der Tracker arbeitet mit zwei Bewertungsdimensionen: dem Peer Score, der den aktuellen Status der Dekarbonisierung zwischen den Ländern vergleicht, und dem Progress Score, der den Fortschritt jedes Landes im Verhältnis zum Ausgangsjahr 2015 und zum Netto-Null-Ziel 2050 misst.
Strukturelle Unterschiede im Ländervergleich
Der Ländervergleich spiegelt bekannte strukturelle Unterschiede wider. Länder mit niedrigerer Wirtschaftskraft, wie etwa Sri Lanka, erzielen aufgrund niedriger Pro-Kopf-Emissionen gute Peer Score Bewertungen, während europäische Staaten wie Schweden dank nachhaltiger Dekarbonisierungsmaßnahmen und des Ausbaus sauberer Energien punkten.

Ölexportierende Volkswirtschaften rangieren dagegen am unteren Ende der Skala. Besorgniserregend ist die Positionierung der beiden größten Emittenten der Welt:


China und die USA liegen auf Platz 57 bzw. 58 – ein deutliches Zeichen für das Ausmaß ihrer noch verbleibenden Aufgaben.
Global noch viel zu tun
Das Tempo der Dekarbonisierung in vielen Ländern ist ermutigend, reicht jedoch noch nicht aus.
Der Progress Score zeigt, dass 15 Länder bereits ein Drittel oder mehr des Weges in Richtung Netto-Null zurückgelegt haben. Sie liegen damit auf Kurs, sofern sie ihr derzeitiges Tempo beibehalten. Luxemburg und die Schweiz führen diese Gruppe an: Beide Länder zeichnen sich durch eine hohe Energieeffizienz und einen Strommix aus, in dem über 90% der Elektrizität aus kohlenstoffarmen Quellen stammen. Weitere 20 Länder haben bereits mindestens 20% des Weges geschafft – ein messbarer, wenn auch noch unzureichender Fortschritt.
Andere Volkswirtschaften haben deutlich mehr aufzuholen: Die USA und China, die gemeinsam rund 40% der globalen Emissionen verursachen, haben sich seit 2015 nur geringfügig verbessert.


„Die Klimapolitik steht weiterhin vor großen Herausforderungen, aber wir haben bereits erhebliche Fortschritte erzielt und sollten nicht auf halbem Weg aufgeben. Etwa die Hälfte der untersuchten Länder ist weiterhin auf gutem Weg, ihren Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung zu leisten. Das bedeutet nicht, dass die Mission erfüllt ist, aber es zeigt, dass wir nicht verloren sind. Diese Beispiele sollten als Motivation für die Nachzügler dienen, darunter China und die Vereinigten Staaten“; erörtert Patrick Hoffmann, ESG-Ökonom bei Allianz Research.
Österreich kann Klimaneutralität schaffen
Österreich belegt Platz 22 im Fortschritts- und Platz 23 im Ländervergleichsranking. Seit 2015 hat das Land bereits 26% der Lücke bei den untersuchten Klimaschutzindikatoren geschlossen. Damit liegt Österreich zwar noch hinter den führenden Staaten, befindet sich jedoch in einer guten Ausgangsposition, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.
Seit 2015 konnte Österreich seine Emissionen um 14% senken, während das Bruttoinlandsprodukt um 10% gewachsen ist. Dadurch sank die Kohlenstoffintensität der Wirtschaft um 22%, und der Anteil an den globalen CO₂-Emissionen verringerte sich von 0,17% auf 0,13%.
CO₂-arme Energien decken inzwischen 86% der Stromerzeugung, wobei erneuerbare Energie aus Wind und Solar 20% ausmachen. Dennoch verläuft die Transformation ungleichmäßig: Emissionen im Endkonsum sind weiterhin hoch und sowohl im Transportsektor als auch in der Landwirtschaft gibt es Nachholbedarf.


„Österreich hat gezeigt, dass wirtschaftliches Wachstum und sinkende Emissionen vereinbar sind. Der hohe Anteil CO₂-armer Stromerzeugung gibt dem Land Rückenwind auf dem Weg zur Klimaneutralität. Doch jetzt braucht es klare politische Entscheidungen: Endkonsum, Verkehr und Landwirtschaft bremsen weiterhin – nur entschlossene Maßnahmen können die gute Ausgangslage in echte Zielerreichung verwandeln“, verdeutlicht Katharina Utermöhl, Leiterin Thematic and Policy Research bei Allianz Research.
Fazit
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die global Klimawende zwar noch längst nicht abgeschlossen ist, aber auch keineswegs gescheitert ist.
„Die grüne Transformation ist keine Frage der Möglichkeit, sondern des Tempos. Länder, die Klimaziele in ihre wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen einbetten, positionieren sich für ein stärkeres, widerstandsfähigeres Wachstum. Die Herausforderung besteht nun darin, Investitionen dort zu beschleunigen, wo sie am wichtigsten sind – Energie, Infrastruktur und Technologie –, um sicherzustellen, dass die grüne Transformation sowohl glaubwürdig als auch inklusiv bleibt“, ergänzt Ludovic Subran, Chefvolkswirt und Chief Investment Officer der Allianz.
