Europäische Private Equity-Landschaft steht an einem Wendepunkt

Stabile DACH-Region: Deutschland zieht Kapital an – Österreich profitiert von enger Einbindung in den Markt.
© EY / Christina Häusler
Europäische Private Equity-Landschaft steht an einem Wendepunkt
Dieter Schalko, Transaktionsberater und Partner bei EY Österreich.

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Der europäische Private Equity-Markt befindet sich in einer Phase grundlegender Veränderungen. Nach Jahren niedriger Zinsen und US-Dominanz im Kapitalfluss verschieben sich die Kräfte: Investor:innen richten ihren Blick zunehmend nach Europa – vor allem auf Deutschland, wo Reformdynamik und Innovationskraft Kapital anziehen. Gleichzeitig bleibt das Marktumfeld angesichts geopolitischer Spannungen, Handelstarifen und konjunktureller Unsicherheit herausfordernd.

Europäische Private Equity-Landschaft steht an einem Wendepunkt
© EY Parthenon

Im ersten Halbjahr 2025 sank das Deal-Volumen um 13 Prozent auf 708 Transaktionen und lag damit deutlich unter dem Fünfjahresschnitt. Besonders stark betroffen waren Spanien und Portugal mit einem Rückgang von 31,6 Prozent, die CEE-Region mit minus 25,8 Prozent sowie Frankreich mit einem Minus von 20,1 Prozent. DACH mit nur 0,8 Prozent Rückgang und die Nordics mit 0,9 Prozent erwiesen sich dagegen als vergleichsweise stabil.

„Die Private Equity-Landschaft in Europa ist komplexer geworden. Wer heute erfolgreich sein will, braucht nicht nur Kapital, sondern vor allem klare Strategien, operative Exzellenz und den Mut, Transformation langfristig zu gestalten“, erörtert Dieter Schalko, Transaktionsberater und Partner bei EY Österreich.

Aufkommen langfristiger Investitionsstrategien

Die Zeiten schneller Gewinne durch „Leverage“ (Einsatz von Fremdkapital, um die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital zu steigern – Anm. d. Red.) sind vorbei. Mit hohen Finanzierungskosten und längeren Haltedauern rückt die operative Exzellenz in den Vordergrund. Due Diligence entwickelt sich zunehmend zu einem Hebel der Value Creation.

Operational Due Diligence untersucht heute nicht nur Risiken, sondern auch die Skalierbarkeit von Prozessen, die Resilienz der Lieferketten und die Potenziale zur Freisetzung von Working Capital.

Technologische Prüfungen sind umfassender geworden und beziehen Themen wie Cloud-Architekturen, künstliche Intelligenz und Cybersecurity ein, die sich vom Risikofaktor zum Werttreiber entwickeln.

Auch Nachhaltigkeit und regulatorische Anforderungen sind stärker in Transaktionsprozesse integriert und beeinflussen zunehmend sowohl die Narrative bei Exits als auch die Auswahl von KPIs.

Europäische Private Equity-Landschaft steht an einem Wendepunkt
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„Private Equity in Europa steht an einem Wendepunkt. Die reine Finanzoptimierung reicht nicht mehr aus – entscheidend ist, wie konsequent Portfoliounternehmen ihre operativen Hebel nutzen. Wer Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz verbindet, kann langfristig echten Mehrwert schaffen“, so Dieter Schalko.

Diese Entwicklung zwingt Private Equity-Firmen, langfristige Investitionsstrategien aufzubauen und Value Creation mit Transformationsprojekten zu verbinden. Finanzielle Kennzahlen bleiben wichtig, doch nachhaltige Performance entsteht immer mehr durch operative Verbesserungen.

Sektorenanalyse

Die sektoralen Verschiebungen im ersten Halbjahr 2025 zeichnen ein differenziertes Bild. Trotz eines Rückgangs um 16 Prozent bleibt der Technologie- und Telekommunikationssektor die treibende Kraft im europäischen Private Equity. Deals in den Bereichen künstliche Intelligenz, Software und Dateninfrastruktur sichern seine Dominanz und zeigen die strategische Bedeutung von Technologie-Investitionen.

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Überraschend stark entwickelte sich der Sektor Materials, der um 23 Prozent zulegte. Hier suchen Investor:innen zunehmend defensive Assets, die Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und industrielle Transformation stützen. Der Konsumsektor hingegen verzeichnete mit einem Rückgang von 33 Prozent den stärksten Einbruch und fiel aus den Top drei der aktivsten Branchen. Auch Industrials mit einem Minus von 31 Prozent und Healthcare mit minus 27 Prozent waren rückläufig.

Auch bei den Exits ist Zurückhaltung spürbar. Insgesamt wurden 319 Transaktionen gezählt, neun Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

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Strategische Verkäufe, traditionell der wichtigste Exit-Kanal, sanken leicht auf 213 Transaktionen. Secondary Buyouts gingen deutlich zurück und erreichten mit 100 Deals ein Minus von 19 Prozent. Der IPO-Markt ist weiterhin schwach, mit nur sechs Listings in der ersten Jahreshälfte und damit 41 Prozent unter dem Fünfjahresschnitt.

Die längeren Haltedauern sind ein klares Signal dafür, dass Investor:innen geduldiger agieren und verstärkt auf Teilverkäufe oder Anteilsveräußerungen setzen, um Liquidität zu schaffen. Damit verfestigt sich ein Trend hin zu langfristigeren Strategien.

Langfristige Chancen trotz Gegenwind

Private Equity in Europa zeigt 2025 zwei Gesichter: Einerseits sinkende Transaktions- und Exit-Zahlen, andererseits wachsende Chancen durch Kapitalzuflüsse, technologische Transformation und nachhaltige Geschäftsmodelle. Wer auf Value Creation setzt und bereit ist, Geduld mitzubringen, kann sich in diesem Umfeld entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern.

Unternehmen, die Private Equity-Investitionen anstreben oder bereits Portfoliofirmen sind, sollten jetzt ihre operativen Hebel aktivieren – von digitaler Transformation über resiliente Lieferketten bis hin zu nachhaltigen Strategien. So können sie die Erwartungen der Investor:innen erfüllen und ihre Wettbewerbsposition langfristig sichern.

Das sind die Ergebnisse einer EY-Studie, die Entwicklungen und Trends am europäischen Private Equity-Markt analysiert.

https://www.ey.com

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