Dynamik im Wettbewerb der erfolgreichsten Automobilkonzerne

Die Marktdominanz der deutschen Autoindustrie schwindet zusehends zugunsten der globalen Rivalen.
© EY
Dynamik im Wettbewerb der erfolgreichsten Automobilkonzerne
Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West.

Teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp

Die drei deutschen Autokonzerne wurden im vergangenen Jahr sowohl bei der Umsatz- als auch bei der Gewinnentwicklung von der Mehrzahl der Wettbewerber überflügelt: Während der Umsatz der 16 weltweit führenden Autokonzerne im vergangenen Jahr um 1,6 Prozent zulegte, verzeichneten die deutschen Autobauer zusammen ein Umsatzminus von 2,8 Prozent.

Dynamik im Wettbewerb der erfolgreichsten Automobilkonzerne
Umsatz und Gewinn der weltgrößten Automobilhersteller im Jahr 2024.
© dpa / dpa-infografik GmbH

Nur der französisch-amerikanische Autokonzern Stellantis erzielte mit minus 17 Prozent eine noch schwächere Umsatzentwicklung als die drei deutschen Autokonzerne.

Gewinnentwicklung und Profitabilität

Bei der Gewinnentwicklung hinkten die deutschen Autobauer der Mehrzahl der anderen Unternehmen hinterher: Insgesamt lag der Gewinnrückgang von Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW bei 27 Prozent. Schlechter als Mercedes-Benz und BMW entwickelten sich nur Nissan (minus 73 Prozent) und Stellantis (84 Prozent).

Ebenso bei der Profitabilität mussten die deutschen Autobauer Einbußen hinnehmen. Im Vorjahr waren noch Mercedes-Benz, Stellantis und BMW die margenstärksten Autokonzerne der Welt gewesen. Im Jahr 2024 wurde das Margenranking hingegen angeführt von Kia, Suzuki und Toyota. Mercedes-Benz rutscht vom ersten auf den vierten Platz, BMW vom dritten auf den sechsten, und Stellantis sogar von Platz zwei auf Platz 15. Der Volkswagen-Konzern belegte 2024 wie im Vorjahr den zehnten Platz.

Besser als die deutschen Autobauer entwickelten sich vor allem die japanischen Hersteller, deren Gesamtumsatz um acht Prozent zulegte, während der Gewinn nur um ein Prozent schrumpfte. Die US-Autobauer legten zusammen sowohl beim Umsatz – um sechs Prozent –, als auch beim Gewinn – um fünf Prozent – zu.

Die schlechte Performance der deutschen Autobauer habe mehrere Gründe, erklärt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West:

„Derzeit läuft es nicht gut für die deutschen Autobauer. Der Absatz entwickelt sich schwach, die hohen Investitionen in die Elektromobilität amortisieren sich nicht, weil die Nachfrage bei weitem nicht so stark ist wie erhofft. Hinzu kommen hausgemachte Probleme wie teure Software-Fehlschläge, Restrukturierungskosten und Rückrufe. Auch hohe Investitionen in neue Modelle und Innovationen kosten viel Geld und belasten die Marge. Im vergangenen Jahr stiegen die Aufwendungen der drei deutschen Autokonzerne für Forschung und Entwicklung um fünf Prozent auf den Rekordwert von 31,2 Milliarden Euro. Die hohen Forschungsausgaben sind allerdings auch auf veraltete und ineffiziente Prozesse in diesem Bereich zurückzuführen, insbesondere im Vergleich zu den asiatischen Wettbewerbern.“

Premiumsegment unter Druck

Noch im Jahr zuvor war es geraden den Premiumherstellern gelungen, hohe Preise durchzusetzen und hervorragende Margen einzufahren – dank den Nachwirkungen einer künstlichen Verknappung und einer hohen Nachfrage nach Premiumfahrzeugen in wirtschaftlich aufstrebenden Wirtschaftsregionen.

„Doch der Wind hat sich gedreht. Die allgemeine Eintrübung der Wirtschaftslage, zunehmende globale Konflikte – seien es kriegerische Auseinandersetzungen oder Handelsstreitigkeiten – lassen die Nachfrage deutlich zurückgehen. Dies wirkt sich insbesondere im Premiumsegment aus, da dieses am stärksten von potenziellen Verschiebungen in der Kaufentscheidung als auch einem möglichen Down- oder Upgrade bei der Entscheidung für ein Alternativfahrzeug betroffen ist. Daher wird der Wettbewerb wieder verstärkt über den Preis ausgetragen. Zudem bereiten vor allem aber die asiatischen und dabei zunehmend auch die chinesischen OEMs mit ihren innovativen und gleichzeitig preiswerten Fahrzeugen immer größere Sorgen“, unterstreicht der Experte.

Dynamik im Wettbewerb der erfolgreichsten Automobilkonzerne
© PantherMedia / zhuzhu

Chinesischer Markt als Gamechanger

Der chinesische Markt spielt gerade bei den deutschen Autobauern eine große Rolle – und dort verzeichnen derzeit fast alle westlichen Autokonzerne massive Einbußen: Insgesamt schrumpfte der China-Absatz aller untersuchten Unternehmen um zwölf Prozent, die deutschen Autobauer verzeichneten einen Rückgang um zehn Prozent.

Im vergangenen Jahr gingen 32 Prozent aller Pkw aus den Fabriken der deutschen Autokonzerne an Kunden in China – im Vorjahr lag der China-Anteil noch bei 34 Prozent, im Jahr 2020 sogar bei 39 Prozent.

„Der chinesische Markt ist gerade für alle etablierten westlichen Autobauer schwierig. Die dortige Absatzschwäche schmerzt die deutschen Konzerne aber besonders stark, weil sie bisher einen erheblichen Teil ihrer Umsätze und Gewinne in China erzielten, insbesondere mit den margenstarken Luxusmodellen. Die aktuellen Rückgänge in China lassen sich nicht ohne weiteres durch Zuwächse in anderen Weltregionen kompensieren, da die meisten Märkte weltweit stagnieren beziehungsweise rückläufig sind und daher bereits intensiver Verdrängungswettbewerb, im Wesentlichen über den Preis, besteht“, verdeutlicht Constantin M. Gall.

Zudem drängen in China zahlreiche heimische Anbieter auf den stark wachsenden Markt für Elektroautos, während die Immobilienkrise die kaufkräftige Stammkundschaft, der deutschen Autobauer, zurückhaltend werden lässt. Obendrein treffen die stark von Software definierten Fahrzeuge der neuen chinesischen Player offenbar eher den Geschmack der chinesischen Kundschaft.

Globaler Absatz

Die meisten großen Konzerne verkauften im vergangenen Jahr weniger Neuwagen als ein Jahr zuvor: Insgesamt schrumpfte der Pkw-Absatz der 16 größten Autokonzerne um drei Prozent, die stärksten Einbußen vermeldeten Stellantis (minus 12 Prozent), und Honda (minus sechs Prozent).

Nur vier Unternehmen konnten mehr Pkw verkaufen als im Vorjahr: Ford und Renault steigerten ihren Absatz jeweils um ein Prozent, Suzuki um sechs Prozent und Mitsubishi sogar um acht Prozent. Die deutschen Konzerne verzeichneten zusammen ein Absatzminus von vier Prozent.

Ausblick

Constantin M. Gall rechnet nicht mit einer positiven Trendwende im laufenden Jahr – weder beim Absatz noch bei Umsatz und Gewinn:

„In Europa lahmt die Konjunktur, in den USA dürften die jetzt eingeführten Zölle erhebliche Absatzeinbußen zur Folge haben und in China herrscht ein erbitterter Verdrängungswettbewerb, der stark über den Preis ausgetragen wird und bei dem es für die etablierten Konzerne wenig zu gewinnen gibt.“

„Es führt kein Weg an einer klaren strategischen Neuausrichtung und Fokussierung auf den Markenkern, das eigene Leistungsversprechen und das passende Fahrzeugportfolio vorbei. Auch wenn das Gebot der Stunde kurzfristig ein radikaler Sparkurs ist – man kann sich nicht gesund sparen! Dies kann lediglich Mittel zum Zweck der eigenen Transformation sein, indem notwendige Finanzmittel „freigestellt“ werden, um eine grundlegende Neuausrichtung aller wesentlichen Unternehmensfunktionen zu ermöglichen. Dazu gehört etwa die konsequente Digitalisierung der Unternehmensprozesse und die Vereinheitlichung der Datenstrukturen als Grundvoraussetzung für den flächendeckende Einsatz von AgenticAI in den indirekten Funktionen als auch insbesondere im Bereich der Forschung. Zudem sind weitgehende Allianzen in den Bereichen Software, Elektromobilitäts-Ökosystem (z. B. Ladeinfrastrukturen) sowie Batterien und Halbleiter nötig. Bei alldem haben die Unternehmen keine Zeit zu verlieren“, ergänzt der Experte abschließend.

https://www.ey.com

Das könnte Sie ebenfalls interessieren: