Digitale Technologien als Grundlage für den Erfolg von Mittelstandsunternehmen

Drei Viertel der heimischen Betriebe sehen in der fortschreitenden Digitalisierung eine Chance.
© EY / Christina Häusler
Digitale Technologien als Grundlage für den Erfolg von Mittelstandsunternehmen
Susanne Zach, Partnerin und Leiterin AI & Data bei EY Österreich.

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Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran und verändert die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weltweit. Für den Mittelstand in Österreich stellt sich die Frage, wie digitale Technologien nicht nur genutzt, sondern auch aktiv in das Geschäftsmodell integriert werden können.

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Denn digitale Technologien bleiben ein essenzieller Faktor für den Erfolg vieler mittelständischer Unternehmen in Österreich. Derzeit bewerten 64 Prozent der Betriebe ihre Relevanz als mittelgroß bis sehr groß. Doch während auf dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie im Jänner 2022 noch 80 Prozent der Unternehmen diese hohe Bedeutung betonten, zeigt sich aktuell ein rückläufiger Trend: Knapp vier von zehn Unternehmen (36 %) messen digitalen Technologien nur eine geringe oder gar keine Bedeutung bei.

„Die Digitalisierung bietet enorme Chancen, stellt aber auch eine Herausforderung dar, insbesondere für jene Branchen, die ihre Prozesse traditionell weniger stark auf Technologie ausgerichtet haben. Entscheidend ist, die individuellen Chancen zu erkennen und strategisch zu nutzen, um sich im Markt erfolgreich zu positionieren. Unternehmen, die die Digitalisierung vernachlässigen, laufen Gefahr, gegenüber digitalaffinen Wettbewerbern ins Hintertreffen zu geraten und Innovationspotenziale ungenutzt zu lassen“, erörtert Christoph Mayer, Partner Cloud Transformation und verantwortlich für die EY Microsoft Service Group bei EY Österreich.

AI Innovation Factory

Um Digitalisierung und speziell Künstliche Intelligenz in Österreichs Wirtschaft weiter zu etablieren, hat Microsoft Österreich gemeinsam mit Partnern, darunter EY, die AI Innovation Factory in Wien eröffnet (TOP LEADER berichtete hier).

Die Initiative hilft Unternehmen dabei, das Potenzial von KI zu nutzen und Innovationen für den Standort Österreich voranzutreiben. Ziel ist es, die KI-Transformation in Österreich zu beschleunigen und Unternehmen und Partner untereinander zu vernetzen – vom Start-up über KMU bis hin zu Großunternehmen.

KI-Anwendungen am Vormarsch

Ein Viertel der befragten Unternehmen (26 %) setzt bereits auf KI-Anwendungen, weitere zwölf Prozent planen deren Einführung. Die Mehrheit der Unternehmen (62 %) verzichtet bislang auf den Einsatz von KI und hat auch keine konkreten Pläne, dies zu ändern. Vorreiterbranchen wie Finanz- & andere Dienstleistungen sowie Industrie, die KI-Anwendungen bereits aktiv nutzen (35 % bzw. 31 %), treiben die Entwicklung voran, während der Immobilien- und Bausektor mit einer Nutzungsrate von nur 13 Prozent deutlich hinterherhinkt.

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„Diese Zahlen unterstreichen, dass sich die Technologie zwar langsam etabliert, jedoch von der breiten Akzeptanz noch weit entfernt ist. Hier müssen österreichische Unternehmen gezielt weiter investieren, um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben und den Anschluss nicht zu verlieren“, verdeutlicht Susanne Zach, Leiterin Data & AI bei EY Österreich.

Bei den eingesetzten Technologien zeichnen sich deutliche Trends ab: Besonders verbreitet sind Large Language Models wie OpenAI, die von einem Viertel der KI-Anwender:innen genutzt werden (26 %).

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Auch Chatbots, die den Kundenservice optimieren, erfreuen sich mit 25 Prozent großer Beliebtheit. Microsoft Copilot findet bei 21 Prozent Anwendung, während spezialisierte Technologien wie Machine Learning oder Computer Vision bislang nur von einer kleineren Gruppe eingesetzt werden (12 % bzw. 6 %).

„Die Präferenz für leicht zugängliche und vielseitige KI-Anwendungen zeigt, dass Unternehmen den Einstieg in die Nutzung dieser Technologien möglichst pragmatisch angehen“, konstatiert die Expertin.

Unzureichende Auseinandersetzung mit KI-Regulatorik

Ein kritischer Punkt bei der Einführung von KI ist die Auseinandersetzung mit regulatorischen Anforderungen. Hier zeigt sich eine deutliche Schwäche: Knapp neun von zehn Unternehmen (88 %), die KI nutzen, haben sich noch nicht intensiv mit den gesetzlichen Vorgaben beschäftigt. Lediglich zwölf Prozent geben an, sich umfassend mit der Gesetzgebung auseinanderzusetzen.

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Besonders ausgeprägt ist diese Problematik in Branchen wie Transport und Energie, wo sich nur 37 Prozent überhaupt mit Regulierungsfragen beschäftigen. Im Immobilien- und Bausektor liegt dieser Anteil dagegen bei über drei Viertel (76 %).

Eine Vielzahl von Unternehmen geht davon aus, dass sie ihre Organisation anpassen muss, um den wachsenden regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden: 59 Prozent der Befragten erwarten entsprechende Veränderungen, während fünf Prozent bereits konkrete Maßnahmen umgesetzt haben. Interessanterweise bleibt fast ein Drittel der Unternehmen optimistisch und sieht keinen Bedarf für größere Anpassungen (28 %). Angesichts der zunehmend komplexen Regulierungslandschaft für KI könnte sich diese Einschätzung jedoch als trügerisch erweisen.

Trotz aller Herausforderungen berichten die meisten Unternehmen, die KI einsetzen, von positiven Erfahrungen. Über 70 Prozent der Nutzer:innen geben an, dass KI-Anwendungen ihre Arbeit erleichtert oder sogar verbessert haben. Nur ein schwindend geringer Anteil von zwei Prozent äußert sehr negative Auswirkungen. Das zeigt, dass KI nicht nur als technologische Errungenschaft betrachtet wird, sondern auch konkrete Vorteile für den Arbeitsalltag bieten kann.

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Gleichzeitig bleibt die Frage offen, wie sich KI langfristig auf die Beschäftigung auswirken wird. Während knapp drei von zehn Unternehmen (26 %) mit Personaleinsparungen rechnen, gehen die meisten Betriebe davon aus, dass das nicht der Fall sein wird (74 %). Besonders die Industrie und der Energiesektor sehen hier Einsparungspotenzial (jeweils 31 %), während die Bereiche Tourismus (15 %) und Soziales, Wissenschaft, Bildung (17 %) eher skeptisch bleiben.

Digitalisierung als Chance

Drei Viertel (75 %) der befragten Unternehmen und somit eine deutliche Mehrheit sieht in der fortschreitenden Digitalisierung eine Chance. Nur sieben Prozent betrachten sie als Bedrohung – ein klares Zeichen für das Vertrauen in die digitale Transformation. Bemerkenswert ist, dass der Anteil der Optimist:innen gegenüber Jahresbeginn 2024 um zehn Prozentpunkte gestiegen ist. Diese Entwicklung zeigt, dass viele Unternehmen zunehmend die Möglichkeiten der Digitalisierung erkennen und nutzen.

Angaben in Prozent | an 100 fehlende Prozent: „Irrelevant: weder Chance noch Bedrohung“
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Die Einschätzungen variieren jedoch je nach Branche und Unternehmensgröße: So sehen beispielsweise die Branchen Handel & Konsumgüter sowie Immobilien & Baugewerbe mit 79 Prozent die Digitalisierung besonders positiv. Auch größere Unternehmen mit einem Umsatz von über 30 Millionen Euro teilen diesen Optimismus (78 %). Dagegen gibt es in den Bereichen soziale Einrichtungen, Wissenschaft und Bildung mit zehn Prozent einen vergleichsweise hohen Anteil an Unternehmen, die die Digitalisierung eher kritisch betrachten.

Auch regional gibt es deutliche Unterschiede: In Salzburg herrscht mit 83 Prozent der größte Optimismus, während in der Steiermark nur noch 68 Prozent der Unternehmen positiv eingestellt sind und die Digitalisierung dort mit 14 Prozent häufiger als Bedrohung wahrgenommen wird.

Herausforderung Transformation

Die digitale Transformation stellt Unternehmen nicht nur vor die Herausforderung, neue Technologien zu integrieren, sondern vor allem ihre Mitarbeitenden darauf vorzubereiten. Denn wie gut Teams mit neuen Technologien umgehen können, ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine gelungene Digitalisierung.

In dieser Hinsicht bewertet knapp die Hälfte der Unternehmen (46 %) die digitalen Kompetenzen ihrer Teams als „gut“ oder „sehr gut“. Weitere 44 Prozent vergeben die Note „befriedigend“, während lediglich zehn Prozent ihre Teams als unzureichend einstufen.

Angaben in Prozent bzw. auf einer Notenskala von 1 (sehr kompetent) bis 5 (überhaupt nicht kompetent)
© EY

Besonders gut schneidet der Bereich Gesundheit & Life Sciences mit einer Durchschnittsnote von 2,4 ab, während die Tourismusbranche mit 2,8 etwas hinterherhinkt. Kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als zehn Millionen Euro bewerten ihre Teams ebenfalls schlechter als größere Unternehmen (2,8 vs. 2,6).

Um die digitalen Kompetenzen zu stärken, setzen viele Unternehmen auf Fort- und Weiterbildungen (41 % bereits umgesetzt, 34 % geplant) sowie Umschulungen (21 % umgesetzt, 26 % geplant). Ein klarer Trend zeichnet sich auch bei der Personalstrategie ab: Mehr als die Hälfte der Unternehmen plant, künftig gezielt neue Mitarbeitende mit ausgeprägten digitalen Kompetenzen einzustellen, um frisches Know-how ins Unternehmen zu holen und den digitalen Wandel aktiv voranzutreiben (16 % bereits umgesetzt, 53 % geplant).

„Die digitale Transformation gelingt nur, wenn neben technologischen Investitionen auch die Qualifikationen der Mitarbeitenden im Fokus stehen. Unternehmen, die gezielt in die Weiterbildung ihrer Teams und die Rekrutierung digital versierter Talente investieren, schaffen die Grundlage für nachhaltigen Erfolg. Dabei geht es auch darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die den digitalen Wandel als Chance begreift. Wer diesen Wandel aktiv gestaltet, wird langfristig agiler und innovationsfähiger am Markt agieren können“, erklärt Hermann Erlach, General Manager von Microsoft Österreich.

Investitionshemmnisse?

Trotz der insgesamt positiven Haltung vieler Unternehmen gegenüber der Digitalisierung stehen zahlreiche Betriebe vor spürbaren Herausforderungen. Besonders häufig werden begrenzte finanzielle Mittel (14 %) und fehlendes Personal (13 %) als wesentliche Investitionshindernisse genannt.

Angaben in Prozent | in Klammern: Befragungsergebnisse Jänner 2023
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Kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als zehn Millionen Euro sind jedoch deutlich stärker von Barrieren betroffen. Hier berichten 37 Prozent von Einschränkungen, während größere Unternehmen mit 28 Prozent besser aufgestellt sind.

Dennoch gibt es auch Grund zur Zuversicht: Sieben von zehn Unternehmen sehen aktuell keine Hemmnisse, die ihre Investitionen in digitale Technologien einschränken.

„Die Zahlen zeigen klar, dass gerade kleinere Unternehmen und bestimmte Branchen gezielte Unterstützung benötigen, um die Digitalisierung erfolgreich voranzutreiben. Hier sind Förderprogramme und strategische Partnerschaften gefragt, um finanzielle und personelle Barrieren abzubauen und den Zugang zu digitalen Technologien zu erleichtern“, so Christoph Mayer.

Standortbedingungen für Digitalisierung

Die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung in Österreichs Mittelstand stoßen auf immer mehr Kritik. Nur noch ein Drittel (33 %) der Betriebe bewertet die Standortbedingungen als positiv – der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2019 (56 %).

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Zum Vergleich: Im Jänner 2021, dem bisherigen Höchststand, zeigte sich noch eine deutliche Mehrheit von 72 Prozent der Unternehmen zufrieden, seitdem hält der Negativtrend an.

Die Unterschiede der digitalen Infrastruktur zwischen Stadt und Land kristallisieren sich heraus: Unternehmen in urbanen Regionen wie Wien (30 % eher positiv, 8 % positiv) bewerten die Standortbedingungen für die Digitalisierung deutlich positiver als Betriebe in ländlichen Gebieten wie Niederösterreich (17 % eher positiv, 5 % sehr positiv). Während Städte oft von besserer digitaler Infrastruktur und einem größeren Pool an Fachkräften profitieren, kämpfen ländliche Regionen stärker mit strukturellen Defiziten, die die Digitalisierung erschweren.

Ein Lichtblick zeigt sich jedoch bei der digitalen Infrastruktur: Hier bewerten 23 Prozent der Unternehmen die Leistungsfähigkeit als sehr positiv und 43 Prozent als eher positiv. Deutlich schlechter schneidet hingegen die Verfügbarkeit von ausreichend qualifiziertem Personal ab, die nur neun Prozent als positiv und 30 Prozent als eher positiv einschätzen.

„Die Standortbedingungen für die Digitalisierung in Österreich haben aus Sicht der Unternehmen erheblichen Nachholbedarf.Obwohl Österreich im Digital Economy and Society Index (DESI) der EU den 10. Platz belegt und damit über dem EU-Durchschnitt liegt, zeigen die regionalen Unterschiede dennoch, dass gezielte Maßnahmen notwendig sind, um die Digitalisierung flächendeckend zu fördern. Während die digitale Infrastruktur weitgehend positiv wahrgenommen wird, bleibt der Fachkräftemangel eine der größten Hürden. Ohne qualifiziertes Personal können viele Unternehmen die Potenziale der Digitalisierung nicht vollständig ausschöpfen. Hier braucht es verstärkte Anstrengungen seitens der Politik und Wirtschaft, um zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen“, ergänzt Christoph Mayer abschließend.

https://www.ey.com

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