Anzeichen allmählicher Stabilisierung am heimischen Industriesektor

Industrie kämpft aber weiterhin mit hohen Kosten, schwacher Nachfrage und geopolitischen Unsicherheiten.
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Anzeichen allmählicher Stabilisierung am heimischen Industriesektor
Axel Preiss, Sector Leader Industrials bei EY Österreich.

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Die österreichische Industrie bleibt im Minus: Im zweiten Quartal 2025 erwirtschafteten die heimischen Unternehmen des produzierenden Bereichs einen Umsatz von 95,3 Milliarden Euro. Das entspricht einem Rückgang von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.

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Bereits im ersten Quartal war ein Minus von 0,5 Prozent verzeichnet worden – die Rezession in der Industrie dauert damit das neunte Quartal in Folge an. Allerdings waren die Umsatzrückgänge im ersten und zweiten Quartal dieses Jahres deutlich geringer.

„Die Industrie kämpft weiterhin mit einer schwachen Nachfrage, geopolitischen Unsicherheiten und hohen Kosten. Zugleich zeigt sich, dass die Rückgänge zuletzt weniger stark ausfallen – ein erstes Anzeichen dafür, dass sich die Lage langsam stabilisieren könnte“, erörtert Axel Preiss, Sector Leader Industrials bei EY Österreich.

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Besonders positiv entwickelte sich die Chemie- und Pharmabranche, die ihren Umsatz um mehr als zehn Prozent steigern konnte. Auch die Elektrotechnik-/Elektronikindustrie (+ 3,5 %) und die Gummi- und Kunststoffwarenbranche (+ 3,2 %) legten leicht zu. Die Maschinenbaubranche wuchs um 2,1 Prozent, die Metallerzeugung blieb stabil bei einem kleinen Plus von 0,3 Prozent. Schwach verlief das zweite Quartal hingegen für die Textil- und Bekleidungsindustrie (- 5,4 %), die Papierindustrie (- 4,0 %) sowie die Automobilbranche (- 3,9 %), die alle Rückgänge verzeichneten.

Arbeitsplatzabbau

Zum Ende des zweiten Quartals 2025 waren im produzierenden Bereich 1,07 Millionen Menschen beschäftigt – das sind 1,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

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Damit wurden innerhalb eines Jahres rund 19.400 Arbeitsplätze abgebaut. Der Rückgang liegt etwas unter dem Minus des ersten Quartals (- 2,2 %).

Am stärksten betroffen ist die Automobilindustrie, in der fast jede zehnte Stelle verloren ging (- 9,8 %). Insgesamt wurden dort innerhalb von zwölf Monaten rund 3.400 Jobs gestrichen. In den Jahren 2019-2025 wurden insgesamt rund 7.900 Jobs abgebaut – fast die Hälfte davon allein in den letzten zwölf Monaten. Nur die Chemie-/Pharmabranche konnte im Jahresvergleich Personal aufbauen, mit einem kleinen Plus von 1,1 Prozent.

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Langfristig zeigt sich ein gemischtes Bild: Seit 2019 entstanden in vier von acht untersuchten Branchen zusätzliche Stellen – vor allem in der Elektrotechnik-/Elektronikindustrie (+ 10.000 Jobs / + 14 %) und im Maschinenbau (+ 7.800 Jobs / + 9 %). Dagegen verlor die Autoindustrie seit 2019 insgesamt rund 7.900 Arbeitsplätze (- 20 %).

Exportwirtschaft

Die Ausfuhren beweglicher Güter einschließlich elektrischem Strom sanken im zweiten Quartal 2025 auf 46,4 Milliarden Euro. Das entspricht einem Minus von drei Prozent bzw. 1,4 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr. Damit setzte sich der Negativtrend des Vorjahres fort.

Den stärksten Rückgang verzeichneten die Exporte in die USA (- 17 %), gefolgt von der Schweiz (- 14 %), China (- 12 %) und Deutschland (- 2 %). Positiv entwickelten sich die Exporte nach Großbritannien (+ 24 %), Niederlande (+ 7 %) und Italien (+ 5 %).

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Innerhalb der Branchen zeigt sich ein geteiltes Bild: Fünf von acht Sektoren steigerten ihre Ausfuhren, angeführt von Chemie/Pharma mit einem Plus von 12 Prozent. Auch die Gummi- und Kunststoffindustrie sowie die Elektrotechnik/Elektronik erzielten Zuwächse von rund 4,5 Prozent. Die Automobilindustrie verzeichnete dagegen ein Minus von gut acht Prozent.

„Die Schwäche der internationalen Märkte trifft Österreichs exportorientierte Industrie besonders stark. Der Einbruch in den USA ist ein Warnsignal – die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe muss jetzt gezielt gestärkt werden, etwa durch Investitionen in Technologie, Digitalisierung und Nachhaltigkeit“, betont Axel Preiss.

Anhaltender Druck auf „klassische“ Industrien

Während traditionelle Industriezweige mit Nachfrageschwächen und hohen Energiekosten kämpfen, entwickeln sich innovationsgetriebene Branchen überdurchschnittlich gut.

Die Chemie-/Pharmabranche und die Elektrotechnik-/Elektronikindustrie profitierten von der anhaltenden Nachfrage nach nachhaltigen Werkstoffen, Digitalisierung und Energieeffizienz. Dagegen stehen energieintensive Bereiche wie Metallerzeugung, Papier/Pappe und Kunststoffverarbeitung weiter unter hohem Margendruck.

Industrie in Transformationsphase

In den vergangenen sechs Jahren wurden im produzierenden Bereich Österreichs rund 13.900 neue Arbeitsplätze geschaffen – vor allem in technologieorientierten Sektoren. Das zeigt: Trotz anhaltender Rezession ist die Industrie im Wandel, weg von traditionellen Fertigungen hin zu wissens- und technologieintensiven Bereichen.

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„Österreichs Industrie verfügt über starke Kompetenzen und hochqualifizierte Fachkräfte. Entscheidend ist nun, diesen Standortvorteil zu nutzen und Zukunftsbereiche wie grüne Produktion, Robotik und KI-gestützte Fertigung strategisch auszubauen“, verdeutlicht Axel Preiss.

Um die Trendwende einzuleiten, braucht es gezielte Investitionen in Technologie, Nachhaltigkeit und Fachkräfteentwicklung – sowie eine Industriepolitik, die den Standort langfristig stärkt. Österreichs Industrie steht damit am Beginn einer neuen Transformationsphase, die über ihre Wettbewerbsfähigkeit in den kommenden Jahren entscheiden wird.

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