„Ohne Ethik gibt es keinen Erfolg“

Exklusivinterview mit Kaivalya Kashyap, CEO der International Academy of Transformative Leadership (IATL), über das Betätigungsfeld der IATL, den Transformationsprozess der Wirtschaft oder persönliche Rückschläge sowie Schlüsselerlebnisse u.v.m.
© Oliver Wolf / Spirit of Styria
„Ohne Ethik gibt es keinen Erfolg – zumindest keinen nachhaltigen Erfolg“
Kaivalya Kashyap, CEO der International Academy of Transformative Leadership (IATL).

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Herr Kashyap, Sie waren jahrzehntelang ein erfolgreicher Unternehmer, der einem „klassischen“ Karriereweg gefolgt ist. Vor etwas mehr als 10 Jahren, im Jahr 2013, sind Sie einem inneren Impuls gefolgt, haben alles bisher Erreichte in Frage gestellt und waren bereit diesen Lebensabschnitt aufzugeben. Was hat Sie dazu bewogen diesen Schritt zu setzen und gab es ein Schlüsselerlebnis?

Im Endeffekt hat mich diese Wahrnehmung zu diesem Schritt bewogen, dass ich, wenn ich so weiterlebe, weiter diese Ergebnisse erfahren werde, die ich bisher erfahren habe. Und die haben mich in keiner Weise erfüllt. Sie haben nicht meinen Werten entsprochen und waren für mich nicht stimmig. Ich wusste intrinsisch, dass es mehr zu erfahren gibt als genau den gleichen Weg weiterzugehen, als genau den gleichen Mustern zu folgen, als die gleichen Handlungen zu wiederholen. Ich habe festgestellt, dass ich mich über Jahrzehnte in einem Kreis gedreht habe. Nach außen mag das alles sehr erfolgreich gewesen sein, aber die Erfüllung war im Inneren überhaupt nicht vorhanden. Dementsprechend war es vielleicht kein explizites Schlüsselerlebnis, sondern ein Prozess, der mir gezeigt hat, dass mein bisheriger Weg nicht der war, der mir diese innere Erfüllung bieten konnte.

Sie sind in England geboren und in Afrika, genauer gesagt im ostafrikanischen Uganda, aufgewachsen. Sie haben seit jeher schon eine besondere Affinität zum Unternehmertum und fassten relativ schnell im IT-Start-up-Business Fuß. Nach dem bereits erwähnten „Ausstieg“ fokussierten Sie sich darauf Unternehmen und Entscheidungsträger dabei zu unterstützen Unternehmertum neu zu denken. Heute führen Sie, nach eigenen Angaben, knapp 250 Mitarbeiter, in Europa, Nordamerika und im Nahen Osten, die alle im Tätigkeitsbereich Gesundheit oder Bildung zu verorten sind. Welche unmittelbaren, aber auch langfristigen Ziele haben Sie sich nun gesetzt?

Bevor ich diese Frage beantworte, scheint mir noch etwas wichtig zu sein. Und zwar habe ich als Kind in Afrika nichts gehabt, nicht die klassischen Spielsachen, sondern einfach eine Baumhütte und eine selbstgebaute Küche, die aus sechs Ziegelsteinen und einer ausrangierten Pfanne bestand.

Ich sehe das Ziel, ein ganzheitliches Wohlbefinden für alle Menschen zu ermöglichen und die Einheit dieser Welt aus einem Zustand der Freundschaft zwischen allen Menschen zu kreieren. Daraus ergibt sich auch das Wirken unserer IATL. Wir engagieren uns in Bildung und Gesundheit, da dies jene zwei Pfeiler sind, die aus meiner Sicht wesentliche Aspekte für ein gesamtheitliches Wohlbefinden für alle darstellen.

Die International Academy of Transformative Leadership (IATL) bietet Ausbildungen und Seminare an, die, unter anderem, die spezifische Zielgruppe der Top-Leader erreichen möchte, um die Arbeitswelt einem positivistischen Transformationsprozess zu unterziehen. Der Fokus liegt hier daher sicher auch auf einem speziellen Bildungskonzept. Wie kann man das Betätigungsfeld der IATL am besten beschreiben – Schule, Universität oder etwas ganz anderes?

Wenn man eine klassische Bezeichnung wählen würde, würde man ein Bild schaffen, das in diese vergangenen Muster hineinpasst. Um eine Veränderung in der Wirtschaft zu ermöglichen, brauchen wir auch andere Zugänge. Ein neues Betriebssystem für die Wirtschaft, das sich positiv-kritisch hinterfragt. Man wird nicht mit den klassischen Mitteln Neues erreichen.

Dementsprechend sind das Bild und die Vision, die wir als IATL haben, ein Raum, eine Ausbildung, die den Teilnehmenden eine Erfahrung erlaubt. Wenn Top-Manager und Top-Leader also diese Erfahrungen machen von „Wie gehen wir miteinander um?“, „Wie gehe ich mit mir selbst um?“ und „Wie übernehme ich Eigenverantwortung für mich und andere?“ – dann wird diese Erfahrung auch ein Teil ihres Wesens sein und ihnen so im hektischen Alltag ermöglichen, es anzuwenden, ohne aus dem Gelernten wieder in vergangene Muster zu fallen.

Die Veränderung eines Top-Leaders hin zu einem Leader, der sich mit den Mitgliedern verbinden und diese Mitglieder von A nach B begleiten kann, ist aus meiner Sicht wesentlich: diese ganzheitliche, mitfühlende und umsichtige Art und Weise mit den Ressourcen umzugehen, nicht nur mit Menschen, sondern mit Ressourcen aller Art. Und diesen verantwortungsvollen Umgang mit sich selbst und anderen vermitteln wir als Erfahrung.

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„Ohne Ethik gibt es keinen Erfolg – zumindest keinen nachhaltigen Erfolg“
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Sie erwähnten einmal, dass das gesamte Konzept der Wissensvermittlung auf drei Pfeilern beruht. Der erste Pfeiler speist sich aus der lebenslangen Erfahrung, die man gesammelt hat, der zweite Pfeiler beschäftigt sich mit der Haltung (Aspekte wie Mitgefühl, Empathie aber auch Liebe) und der dritte Pfeiler ist dann die aus den vorherigen Pfeilern resultierende Handlung. Alle Ausbildungen sind auf diese drei Pfeiler aufgebaut. Was können Sie uns über diese Bildungsprogramme im Detail erzählen?

Wir sprechen von diesen drei Pfeilern:

  1. Das Wissen über sich selbst
  2. Die Übung, mit der man dieses Wissen anwenden und realisieren kann
  3. Die Handlung 

Die Handlung ist hierbei wesentlich. Die Frage ist: Wie kann man handeln? Wie handle ich, sodass ich auf der Basis von Ursache-Wirkung die bestmögliche Voraussetzung für die Zukunft schaffe? Jede Handlung, die ich heute setze, hat Auswirkung auf das, was in Zukunft in meinem Unternehmen oder für mich in Betracht kommt. Wie komme ich aber zu dieser umsichtigen Handlung, dass ich in Zukunft Wachstum habe (und hier spreche ich von innerem und äußerem Wachstum)?

Wenn Sie heute Menschen fragen, wie es ihnen geht, werden sie von vielen hören, dass sie eine Zerrissenheit oder Spaltung wahrnehmen, Ungewissheit und Unsicherheit.

Unser Konzept basiert auf einem inneren Wachstum, das zu äußerem Wachstum führt. Wir sehen keine Spaltung zwischen innerem und äußerem Wachstum – die Kraft kommt jedoch von innen her. Wir sind es sehr gewohnt, auf das Außen fokussiert zu sein und uns nur auf äußere Ziele hin auszurichten. Dies führt aber, wenn man die Welt heute anschaut, zu einer Spaltung, die dann zu der heute wahrnehmbaren Zerrissenheit führt.

Dem wollen wir entgegensetzen, dass wir diese Einheit nicht nur im Außen, sondern vor allem im Innen erleben. Durch unser Konzept können wir beides mitnehmen: eine innere Entwicklung, die zu einer äußeren Entwicklung führt – über die Handlung.

Für den Laien wirkt dies im ersten Moment wie eine Art Ethikschule. Es ist kein Geheimnis, dass Ethik und im speziellen auch Wirtschaftsethik in den letzten Jahrzehnten keine positive Entwicklung vollzogen hat. Persönlich konnte ich dies, fast amüsant, erkennen, als ich ein sozialwissenschaftliches Vorlesungsverzeichnis durchstöberte, und dabei einen Satz las, der mir bis heute in Erinnerung geblieben ist: „Sozial- und Wirtschaftsethik aufgrund mangelnder Ressourcen abgeschafft.“ Natürlich ging es hier „nur“ um ein Proseminar, allerdings lässt sich hierbei einiges ablesen. Sehen Sie den Verlust der Ethik als eines unserer gesellschaftlichen Hauptprobleme?

Ähnlich wie das, was Du hier beschreibst, wurde ich einmal für ein Interview angefragt, in dem es um Ethik und Erfolg und die Frage ging, ob dies miteinander vereinbar ist.

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„Ohne Ethik gibt es keinen Erfolg – zumindest keinen nachhaltigen Erfolg“
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Das ist für mich schon fast eine Provokation: Ohne Ethik gibt es keinen Erfolg – zumindest keinen nachhaltigen Erfolg. Das heißt: Ethik und Moral sind Grundvoraussetzungen der Handlung. Man kann dies nicht voneinander trennen. Man kann zwar versuchen, dies voneinander zu trennen, aber dann wird man das bekommen, was man heute hat: Die Menschen fühlen sich nicht verbunden – weder emotional noch mental. Und deshalb geht es ihnen schlecht. Alles basiert also auf der Ethik und der Moral, den Werten eines Menschen, der Gesellschaft oder eines Unternehmens. Und wenn man gegen diese verstößt, wird man die Rechnung dafür bezahlen dürfen.

Für mich ist Ethik nicht verkäuflich. Und genauso führe ich mein Unternehmen und meine Mitarbeitenden. Ich bin zu keinem Zeitpunkt bereit, darüber zu verhandeln.

Der Grund, warum wir hier etwas verloren haben, ist, dass Ethik und Moral heute als Wissen gelehrt werden – und nicht als Erfahrung. Menschen zitieren Ethik und leben sie nicht. In IATL wollen wir Menschen wieder die Erfahrung von Ethik und Moral vermitteln.

Geht es vielleicht auch darum Führungspersönlichkeiten dafür zu sensibilisieren, dass viele ihrer Entscheidungen verheerende Folgen für Gesellschaft und Umwelt haben und es jetzt an der Zeit ist andere Wege zu gehen – wie vermitteln Sie das?

Ich würde hier nicht von ‚sensibilisieren‘ sprechen, weil die Menschen, für die Ethik und Moral wichtig sind, nicht sensibilisiert werden müssen – diese Personen spüren das. Jeder, der Nachrichten liest, sieht, was in dieser Welt draußen vor sich geht. Die Frage, ob man Führungspersönlichkeiten sensibilisieren muss, stellt sich für mich so also nicht.

Man braucht eigentlich nur eine Frage zu stellen: ‚Ist diese Welt, die du da draußen siehst, eine Welt, die du unterstützen möchtest – oder möchtest du ein Teil der Veränderung sein?‘

Der einzige Weg, wie wir zum Beispiel das Klima verändern können, ist durch unsere eigene Veränderung – eine Veränderung unseres eigenen Verhaltens. Ich nehme einige Menschen wahr, die ihr Verhalten verändern möchten und nicht wissen wie – IATL unterstützt diese Verhaltensänderung in sich, um diese Gesellschafts- und Umweltfragen zu lösen. Diese werden nicht im Außen gelöst werden, sondern nur durch meine eigene Verhaltensveränderung.

Wie verändere ich aber mein Verhalten? Was beeinflusst mein Verhalten? Indem ich mein Verhalten basierend auf meinen Werten lebe. Wenn mein Verhalten und meine Werte nicht übereinstimmen, werde ich Herausforderungen in der Welt sehen. Wenn ich aber ein Synchronizität zwischen meinen Werten, meinem Ethos und meinem Verhalten durch eine Erfahrung hinbekomme, dann wird dies ohne Aufwand geschehen – zumindest meiner eigenen Erfahrung nach. Es ist ein tiefer Prozess, in dem wir als IATL unsere Kunden begleiten.

Wie bereit sind wir als Gesellschaft, um diese Transformation zu vollziehen? Nationalismen, Gier, Egozentrismus, Narzissmus, Fake-News, etc. Wie gewinnt man „Weltverschlechterer“ für diesen Gedanken?

Ganz einfach: indem man es vorlebt. Indem man dieses leibhaftig lebt. Die Welt ist voller Narzissmus, Voyeurismus und Exhibitionismus, was man sehr gut in den Sozialen Medien sieht. Das eigene Verhalten, das eigene Wirken, das eigene Vorangehen als Leader wird andere dazu inspirieren, diesem Weg zu folgen. Aus meiner Sicht braucht man niemanden zu gewinnen – sondern das eigene Leben selbst sollte diese Nachricht sein und vermitteln, dass man sich Gedanken über das eigene Verhalten macht. Es ist kein strafender oder belehrender Weg.

Als IATL sind wir nicht hier, um besser zu sein als andere, sondern um einen Weg zu beschreiten, der Menschen dazu inspiriert, gemeinsam eine Veränderung des Verhaltens, der Gesellschaft und der Wirtschaft zu manifestieren. Seit fünf Jahren investieren wir in diesen Prozess und werden dies auch weiter tun. Wir erleben Menschen, die mit uns den Weg gehen, die sich vor fünf, sechs oder sieben Jahren gar nicht hätten vorstellen können, dass es so etwas wie die IATL gibt.

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„Ohne Ethik gibt es keinen Erfolg – zumindest keinen nachhaltigen Erfolg“
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Wie lässt sich der Erfolg der IATL messen? Kritiker könnten meinen es handelt sich hierbei um eine Art unternehmerischen „Spindoctor“ der künftig, mit zunehmendem Einfluss, nicht mehr so hehre Ziele verfolgen könnte. Wie entkräften Sie solche Kritik?

Der Erfolg der IATL lässt sich daran messen, wie erfüllt die Menschen sind – wie es meinen Mitarbeitenden geht. Ich messe es nicht klassischerweise daran, wie viele Kunden wir haben oder wie die Auftragslage ist (diese Zahlen betrachte ich als Unternehmer).

Aber wenn du mich danach fragst, wie ich unseren Erfolg messe, dann messe ich ihn daran, wie es meinen Mitarbeitenden geht. Wenn ich weiß, dass meine Mitarbeitenden mit der Message verbunden sind, dann wird die Message gut sein und automatisch die Menschen erreichen.

Das ist also meine wichtigste Messgröße: Wie stabil ist das Team? Wie vereint ist das Team – und dies bedeutet nicht, dass alle gleicher Meinung sind! Wie geht es dem Team? Wie emotional verbunden sind die Teammitglieder mit der Message?

Zur zweiten Frage, wie ich Kritik begegne. Ich finde es gut, wenn kritisiert wird, wenn ich kritisiert werde. Wenn kritisiert wird, setzen sich Menschen mit dem auseinander, was wir tun. Kritik ist eine positive Größe für mich, eine Energie, die Wachstum bedeutet. Wenn es keine Kritik gäbe, stünden für mich große Fragezeichen über dem, was wir tun.

Ich bin nicht da, um Kritik zu entkräften, sondern ich höre sie mir an. Wir haben als oberstes Ziel, Liebe, Mitgefühl und Einheit zu vermitteln. Wenn Menschen dies kritisieren und uns sagen, dass wir zu sehr auf „Soft-Faktoren“ fokussiert sind, ist das für mich vollkommen in Ordnung. Ich höre mir die Kritik an, weil ich finde, dass Kritik etwas sehr Wichtiges ist. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn Menschen versuchen, Kritik zu eliminieren. Sondern es ist für mich vielmehr etwas, was mir dabei hilft zu wachsen.

Falls uns jemand etwas unterstellen möchte, gehe ich dankbar mit ihm oder ihr in eine Diskussion. Ich habe die besten Gespräche mit Menschen gehabt, die in ihrer Wahrnehmung ein bestimmtes Bild von uns haben – und zu einem Gespräch bereit sind. Ich habe nicht das Ziel, diese Menschen zu bekehren, sondern versuche, diese Person zu verstehen.

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„Ohne Ethik gibt es keinen Erfolg – zumindest keinen nachhaltigen Erfolg“
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Wird der Begriff der Transformation vielleicht nicht auch inflationär verwendet oder sehen sie tatsächlich, auch in Bezug auf Leadership, grundlegende Veränderungen auf uns zukommen. Anders formuliert – sehen Sie ein dystopisches Zukunftsszenario oder wird sich eher alles zum Guten wenden?

Meiner Wahrnehmung nach sieht man heute, wenn man das politisch und gesellschaftlich betrachtet, eine Spaltung der Gesellschaft. Wenn man nicht der Mainstream-Meinung folgt, dann wird man sehr schnell ganz rechts oder ganz links zugeordnet – obwohl man keine dieser Gesinnungen hat.

Das nehme ich in Gesprächen mit vielen Leadern wahr, die nicht immer alle im Mainstream sind und die sich sehr schnell in eine Ecke gedrängt fühlen. Und dies empfinde ich als nicht in Ordnung. Wir leben in einer Demokratie und dürfen lernen, uns miteinander auszutauschen und zu einer gemeinsamen Lösung zu finden.

Und ja, es ist richtig, dass Transformation inflationär verwendet wird. Hier ist mir wichtig, noch einmal unsere Position klarzumachen.

Für uns ist es eine Veränderung von innen nach außen. Transformation bedeutet für uns, das Beste aus seinen eigenen Möglichkeiten zu machen. Diese Transformation, von der wir sprechen, hat eine Auswirkung auf die Gesellschaft: sie schafft eine Gesellschaft, die miteinander in Einheit und Harmonie lebt.

Das Ergebnis der Transformation wird zu 100% ein positives Resultat haben – aber es wird eine Wellenbewegung zwischen herausfordernden und ruhigen Zeiten geben. Was in dieser Phase in den nächsten Jahren wichtig ist – man braucht eine hohe Aufmerksamkeit, in was man reingeht – und in was nicht. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen Leader ist es wahrzunehmen, was passiert. Wenn man diese Aufmerksamkeit und Wahrnehmung dessen nicht hat, was in mir und um mich herum passiert, dann wird man sehr schnell in Dramen hineingezogen, die der eigenen Entwicklung und der der Gesellschaft nicht förderlich sind.

Themenwechsel: Nach dem Beginn ihres neuen Lebensabschnitts kam der Erfolg nicht von selbst. Sie haben einmal erwähnt, dass zu manchen ihren Veranstaltungen praktisch keine Menschen kamen und Sie vor leeren Rängen referierten. Wie sind sie damit umgegangen und wie haben Sie es überwunden?

Ich habe das nicht überwunden – ich habe es einfach akzeptiert. Für mich hat sich nichts verändert. Es war – und es ist „mein Ding“. Ich habe dies innerlich wahrgenommen und dementsprechend kommt es aufrichtig an. Für mich ist entscheidend gewesen: wie geht es mir dabei? Es hatte keinerlei Auswirkungen auf meine Motivation, Inspiration oder Energie.

Ich habe jeden wertgeschätzt. Und wenn niemand gekommen ist, habe ich mich selbst wertgeschätzt – und einfach das gemacht, von dem ich überzeugt war. Ich mache also das, wovon ich überzeugt bin, nicht von äußeren Umständen abhängig. Das war eine der großen Lehren für mich.

Zurückblickend hat dies meine innere Kraft gestärkt und mir Klarheit vermittelt.

Deshalb sage ich auch, dass unsere „Schule“ eine Erfahrung ist. Und wenn diese Erfahrung da ist, dann lässt man sich nicht manipulieren, indoktrinieren oder von äußeren Umständen verunsichern. Sondern alles kommt aus einer inneren Sicherheit heraus, die man nicht erklären kann. Das ist das, was wir als IATL wollen. Wir wollen Menschen in diesen Zustand bringen, dass sie sich von äußeren Umständen nicht verunsichern lassen.

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„Ohne Ethik gibt es keinen Erfolg – zumindest keinen nachhaltigen Erfolg“
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Gibt es irgendwelche künftigen persönlichen Projekte, von denen Sie schon jetzt unseren Lesern berichten können?

Anders als früher, als ich es nicht ausgehalten habe, wenn ich zum Beispiel ein Weihnachtsgeschenk gekauft hatte, dieses sofort zu verschenken, halte ich es aus, zukünftige Projekte jetzt noch nicht zu verraten. Was noch auf uns wartet, ist auf jeden Fall faszinierend. Ich halte euch sehr gern auf dem Laufenden.

Von 29. – 30. September 2024 findet in der Oper Graz „Follow – Das innovative Leadership-Seminar statt. Das Motto lautet: „Entdecke die Kraft deiner inneren Mitte.“ Was können Teilnehmer erwarten und warum sollten auch Entscheidungsträger daran teilnehmen?

Follow ist ein Seminar, das gespickt ist mit allen Aspekten, die man für das persönliche Wachstum braucht. Und das Schöne daran ist: es ist ein aufwandsloser Prozess.

Wenn Führungskräfte also eine Sache erwarten wollen, dann ist es ihr persönliches Wachstum, das sie dort, an diesen zwei Tagen Ende September, erfahren werden – persönliches Wachstum, das auch danach noch über längere Zeit anhalten wird. Dieses Wachstum wird also nicht nur an diesen zwei Tagen passieren, sondern es hat eine lange Folgewirkung auf ihr Bewusstsein, auf ihr Verhalten, ihren Umgang, auf die Art und Weise, wie sie Entscheidungen treffen, wie sie die Welt wahrnehmen und wie sie auf dieser Wahrnehmung der Welt basierend eine Klarheit für ihren persönlichen Weg finden.

Es ist ein Shift, der in diesen zwei Tagen passieren wird.

Deshalb empfehle ich Entscheidungsträgern und Leadern wirklich sehr, an diesem Seminar teilzunehmen – und alles, was sie bisher gelernt haben, auf die Seite zu legen und sich einfach inspirieren zu lassen; ihr Herz zu öffnen, positiv und entspannt zu sein. Dann wird all das, was ich vorher erwähnt habe, bei diesem Seminar und über das Seminar hinaus geschehen.

Wir möchten Sie gerne auch als Privatperson etwas näher kennenlernen, abschließend daher noch ein paar persönlichen Fragen:

Wie würden Sie ihren persönlichen Ansatz von Leadership beschreiben?

Das eine, auf das ich sehr großen Wert lege, ist Verbindung – und den Raum und die Zeit für die Verbindung zu lassen, zum einen zu mir selbst, aber auch zu jedem einzelnen Teammitglied. Zu spüren, wenn es nicht nur um eine rein funktionale Angelegenheit geht, auch bereit zu sein, das Thema vollkommen zu switchen – weil das erste und wichtigste Element für mich die Verbindung ist. 

Das zweite ist, das zu machen, was das Team will. Also wahrzunehmen, wohin es geht, und mit dem Team zusammen auf diese Reise zu gehen.

Was sind die großen Herausforderungen, vor denen die Leader der nächsten Generation stehen?

Die große Herausforderung, vor denen Leader:innen stehen, ist, dass sie die Fähigkeit besitzen, ein Team hin zu einem Ziel zu begleiten. Und wenn ich von ‚Team‘ spreche, meine ich wirklich, diese einzelnen Mitglieder zu einer Einheit zu transformieren und dann mit diesem Team diesen Weg zu diesem Ziel zu gehen – und gleichzeitig in der Lage zu sein wahrzunehmen, was es jetzt in diesem Moment braucht.

Mit welcher Person, aus der Gegenwart oder Vergangenheit, würden Sie gerne einen Tag verbringen?

Das ist ganz einfach: mit meinem Mentor Maitreya Dadashreeji, weil jedes einzelne Wort, das er spricht, jede einzelne Handlung, die er tut, für mich eine große Lehre ist.

Was ich in der Zeit, in der ich mit ihm zusammen bin, tue: ich beobachte ihn. Was ich von ihm am meisten gelernt habe, ist die Beobachtung: der Art und Weise, wie er sich verhält, wie er spricht, was er spricht, was er in gewissen Situationen tut. Die Beobachtung dessen hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin.

So gesehen empfinde ich diese Fähigkeit, beobachten zu können, als die wichtigste Fähigkeit überhaupt – sich selbst und andere beobachten zu können.

Stimmt es, dass Sie keine Bücher lesen – wenn ja, warum?

Ich denke, dass Lesen einen inspirieren kann. Wenn man aber sehr aufmerksam durch das Leben geht, auch dem gegenüber, was in einem drin passiert, dann wird man aufgrund der Herausforderungen, die einem begegnen, alles bekommen, was man braucht.

Natürlich kann man lesen – ich würde aber empfehlen, dass man nicht lesen sollte, um sich Wissen anzueignen (und ich weiß, dass es eine ganze Industrie gibt, die sich damit befasst), sondern Lesen eher als Unterhaltung sehen.

Das Beobachten ist aus meiner Sicht aber das Wesentliche. Und deshalb lese ich nicht, weil ich sehr, sehr aufmerksam beobachte, was in meinem Leben um mich herum und in mir passiert. Ich möchte nicht Erfahrungen von anderen übernehmen, sondern eigene Erfahrungen machen.

Gibt es etwas, das Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?

Ich habe vor nichts Angst und dementsprechend traue ich mich alles, was mich anspricht. Was ich gerne hätte, ist mehr Zeit, um mit den vielen Menschen, die ich liebe, Zeit zu verbringen. Mal schauen, was das Leben mit mir vorhat.

Wie sieht das Tagesgeschäft des CEO der IATL aus?

Mir ist früher immer aufgefallen, dass ich als CEO sehr einsam war. Und dann, als ich vor elf Jahren die erste Organisation in diesem neuen Geist gegründet habe und jetzt mit meinen Freunden IATL als CEO mitgegründet habe, war mir immer wichtig, dass ich so arbeite, wie ich mich wohl fühle. Das beantwortet für mich die Fragen: Wie geht es mir gut? Wie möchte ich leben? Wie möchte ich arbeiten? Wie möchte ich sein, damit ich erfüllt bin? Und so habe ich mein Tagesgeschäft aufgebaut. Ich folge meinen Leuten und tue das, was meine Mitarbeitenden möchten, ohne im Widerstand zu mir selbst zu sein.

Im Detail: Wenn ich reise, gibt es keinen sehr geregelten Ablauf. Wenn ich aber von zuhause arbeite, verfolge ich eine klare Struktur. Die operative Arbeit in der IATL wird zu 80 bis 90% von Teammitgliedern durchgeführt – ich bin operativ nicht sehr involviert.

Ein Großteil meiner Arbeit besteht aus Austausch mit Entscheidungsträgern und Top-Leadern, die eine Veränderung in dieser Welt fördern wollen – in Freundschaft und einem großen Vertrauen, was ich sehr schätze. Außerdem unterstütze ich viele Unternehmer auf der Suche nach Lösungen für ihre Herausforderungen und natürlich bin ich im Gespräch mit Teammitgliedern.

Meetings versuche ich kurz, d.h. nicht länger als anderthalb Stunden zu halten – außer in eins-zu-eins-Settings, gern auch bei Spaziergängen oder längeren Wanderungen, bei denen ich mit Leadern Themen der Transformation erörtere.

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Was war Ihr bisher größter Erfolg?

Mein bisher größter Erfolg ist, dass ich Mut genug hatte, ich selbst zu sein und mich dieser Transformation zu öffnen, dass ich ‚Ja‘ gesagt habe zu dem Weg, den ich gehe. Das ist für mich ‚priceless‘ und etwas, wofür ich unglaublich dankbar bin.

Das ist der allergrößte Erfolg, der alles andere in den Hintergrund rücken lässt, und der eine dauerhafte Auswirkung hat. Dieser Erfolg ist nicht einmalig, sondern hat eine lebenslange Auswirkung auf mich, auf mein Wohlbefinden, auf die Art und Weise, wie ich wirke.

Sie können EIN globales Problem lösen – welches wäre das?

Wenn ich EIN globales Problem lösen könnte bzw. wenn ich eines löse – um das klar zu formulieren –, dann ist es Frieden. Frieden auf dieser Erde. Weil dies uns wieder an unsere wahre Natur erinnern wird. Wir sind Frieden, wir haben es einfach vergessen. Wenn wir das realisiert haben, dann werden wir erkennen, dass wir keinen Kampf mehr führen, keinen Widerstand mehr haben. Wir haben viel mehr Energie. Vieles, bei dem wir Energie verlieren, ist in diesem Kampf und diesem Widerstand in uns drin begründet, wenn wir unseren Emotionen nicht freien Lauf lassen, uns nicht vollkommen frei ausdrücken.

Dieser Frieden wird zur Folge haben, dass wir diese Akzeptanz für jeden und diese Inklusion leben, diese Freiheit jedem einzelnen gegenüber. Meine klare Antwort lautet also: Frieden.

Herr Kashyap, wir wünschen Ihnen viel Erfolg für die Zukunft und herzlichen Dank für das Interview.

Ich bedanke mich für diese wunderbare Möglichkeit.

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