Markus Mair: Foren, Fakten, Fake News – die Welt ist ein Forum

Wir bewegen uns in einem endlosen Kommunikationsraum, den Forscher mit „Connectivity“ betiteln.
© Marija Kanizaj
Markus Mair: Foren, Fakten, Fake News – die Welt ist ein Forum
Die TOP LEADER-Stimme der Medien: Markus Mair.

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Die Meinungsfreiheit in dem Sinne, dass jede:r jederzeit mitteilen kann, was ihr beziehungsweise ihm gerade einfällt, ist größer denn je. Wir sind „always on“, aktiv und passiv. Und da ist er, der Kulturkampf zwischen Political Correctness, Cancel Culture und Wokeness. Schlagworte fliegen wie Pfeile von A nach B, retour und weiter mit ungenauem Ziel. Die Fronten zwischen harten Meinungen verhärten sich, die Welt wird schwarz-weiß. Für Zwischentöne ist – bei allen Zwischenrufen – kaum noch Platz, so scheint es.

Ja, die Welt ist ein Forum. Nicht mehr im herkömmlichen Sinne, kein realer Ort, sondern eine längst rein virtuelle Stätte der Begegnung und Kommunikation. Eine Art Marktplatz, im Römischen Reich genutzt für Versammlungen, Prozesse, Heerschauen. Nichts anderes ist es heute.

Doch wir haben verlernt, respektvoll miteinander zu kommunizieren. Respektvolle Kommunikation funktioniert nämlich nur dann, wenn sich ausnahmslos alle Beteiligten daranhalten. Schert eine:r aus, bekommt die Art, wie wir miteinander oder auch übereinander sprechen, eine neue Temperatur, die uns und der Sache, um die es im Endeffekt gehen sollte, schlichtweg nicht gut tut.

Das Forum hat sich ins Internet verlagert und sich auf jegliche Arten der Meinungs- und Standpunktäußerung ausgeweitet. Branchenspezifisch umgelegt: Foren, Postings und Kommentare, Leser:innendialoge und Partizipation im Journalismus haben in der Branche der klassischen Medien, wie ich sie nennen möchte, die Leser:innenbriefe beinahe zur Gänze abgelöst, haben den Austausch mit dem Publikum in neue Sphären gehoben. Die sogenannten Sozialen Medien haben die Meinungsfreiheit und das, was man darunter versteht, nachhaltig verändert. Viele verstehen die Möglichkeit, jederzeit kommunizieren zu können, als Aufruf, dies auch ununterbrochen zu tun. Themen werden immer dann groß, wenn sie aufregen und wenn sich viele an dieser Aufregung beteiligen. In all dem überbordenden Austausch von unmittelbaren Gefühlen und Wortspenden wird die Wahrscheinlichkeit, mit seiner Meinung anzuecken, größer, die Menschen werden reizbarer. Viele fühlen sich von vielen übergangen, nicht gesehen, nicht geachtet, nicht respektiert.

Markus Mair Foren, Fakten, Fake News – die Welt ist ein Forum
© PantherMedia / Feverpitch

Gerade jene, die die Demokratie so oft kritisieren, profitieren jedoch besonders davon – denn in der Verfassung sind Rechte verbrieft, nicht zuletzt das Recht auf Meinungsfreiheit. Denn tatsächlich in früheren Zeiten oft ungehörte beziehungsweise ausgeschlossene Personengruppen ergreifen nun das Wort, üben Kritik – und werden gehört. Das ist gut so, denn Demokratie und eine funktionierende, wahrhaftige Gesellschaft muss in ihrem Wesen alle miteinschließen. Alle – jede:r Einzelne – trägt aber auch die Verantwortung, mit persönlichen Äußerungen niemand anderem Schaden zuzufügen. Darauf müssen Kommunikator:innen achten.

Kommunikator:innen: Das sind wiederum wir alle, ausnahmslos. Wir sollten gemeinsam einen Raum schaffen, in dem alles gesagt werden kann – solange es nicht illegal, kriminell oder hassschürend ist. Keine Macht den Fake News. Bleiben wir bei den verbrieften Fakten! Alles andere fördert die Entstehung weiterer Parallelgesellschaften in unermesslichem Grad.

Es stimmt auch nicht, dass man „nichts mehr sagen darf“, wie es so oft kolportiert wird. Die Möglichkeiten, seine Meinung zu allem und jedem jederzeit kundzutun, sind heute so vielfältig wie nie zuvor. Pflegen wir also die Debatte, bleiben wir im Gespräch, nutzen wir die Bühne, wenn wir sie brauchen. Und überlassen wir sie zwischendurch auch anderen, damit wir offenbleiben, miteinander sprechen und unterschiedliche Sichtweisen einbeziehen können. Es geht nur miteinander.

Die klassischen Medien haben ihre Tore in Form von Dialogressorts und etlichen Möglichkeiten der Partizipation für ihr Publikum geöffnet, weit über die klassischen Leser:innenbriefe hinaus. Leben wir gemeinsam Demokratie und lassen wir uns den Blick auf das, was uns verbindet, nicht nehmen! Gehen wir aufeinander zu, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, lassen wir Grautöne zu – politisch, medial, gesellschaftlich. Üben wir uns in einer persönlichen wie kollektiven Resilienz. Behalten wir einen kühlen Kopf.

Bleiben wir im Austausch. Nur so kann es auch in Zukunft ein friedvolles Miteinander geben.

Autor: Markus Mair

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