In Kooperation mit Univ.-Prof. Walter Schwaiger, dem Leiter des Instituts für Managementwissenschaften, Finanzwirtschaft und Controlling an der TU Wien, hat die Creditreform Wirtschaftsauskunftei Kubicki KG ihre Wirtschaftsdatenbank durchleuchtet. Diese umfasst alle Unternehmen und selbstständig Tätigen mit Sitz in Österreich.
„Wir wollen anhand der Ausfallraten die derzeitige Risikosituation österreichischer Unternehmen beleuchten“, sagt Creditreform-Geschäftsführer Gerhard M. Weinhofer. Zur Messung von Unternehmensausfällen wurden dabei nicht nur die Insolvenzen selbst, sondern darüber hinaus auch die Ausfallsereignisse nach der Definition von „Basel III“, des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, herangezogen. „Demnach gilt ein Unternehmen als ausgefallen, wenn es über 90 Tage im Zahlungsverzug ist bzw. wenn es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen wird können“, erklärt Weinhofer. Diese Messung von Kreditausfällen korrespondiert mit den Sachverhalten, die mit dem Creditreform-Bonitätsindex gemessen werden; dieser reicht von 100 (hervorragende Bonität) bis 600 (Insolvenz); ab einem Bonitätsindex von 500 gilt eine Forderung als ausgefallen.
Lag die Ausfallrate am Höhepunkt der Wirtschaftskrise 2009 bei 1,70%, so fielen 2018 nur mehr 1,20% der heimischen Unternehmen aus. Weinhofer: „Wir haben vor einem Jahr eine Prognose von 1,21 Prozent erstellt und somit fast eine Punktlandung erzielt.“ Damit sind österreichische Unternehmen auch krisenresistenter als deutsche Firmen. Denn nach einer korrespondierenden Creditreform-Studie in Deutschland beträgt die Ausfallrate bei Österreichs wichtigstem Wirtschaftspartner 1,41%.
Start-ups besonders stark betroffen
Ein Blick auf das Firmenalter der betroffenen Betriebe zeigt, dass die Ausfallrate bei älteren Unternehmen signifikant sinkt bzw. in einer florierenden Wirtschaftslage viele Unternehmen, die vor Kurzem gegründet wurden, auch wieder vom Markt verschwinden. Je jünger ein Unternehmen ist, desto höher ist die Ausfallwahrscheinlichkeit und desto höher ist auch das Risiko eines Forderungsausfalls für die Gläubiger. Beträgt bei Unternehmen, die jünger als zwei Jahre sind, die Ausfallrate 4,51%, sind „nur“ 0,64% der Unternehmen, die älter als ein Jahrzehnt sind, von Ausfällen betroffen.
Bei den zehn analysierten Branchen (Einteilung nach ÖNACE 2008) zeigt sich wie im Vorjahr, dass die Ausfallrate in der Grundstoff- und Chemischen Industrie, im Großhandel und in der (Konsumgüter-)Produktion nicht nur am niedrigsten ist, sondern auch unter dem Österreichdurchschnitt liegt.
Am anderen Ende der Skala liegen das Transportwesen, das Baugewerbe und konsumnahe Dienstleistungen, die generell auch die am meisten von Insolvenzen betroffenen Branchen sind.
Der Einfluss der Konjunktur
Setzt man die Entwicklung der Ausfallrate in Korrelation zur Veränderung des realen, inflationsbereinigten Bruttoinlandsprodukts, zeigt sich eine deutlich gegenläufige Entwicklung: Wenn sich das reale BIP negativ verändert, steigt die Ausfallrate. „Dies sieht man beispielsweise beim großen Krisenjahr 2009“, erläutert Weinhofer.
In den Jahren 2017/18, als es eine außerordentlich positive konjunkturelle Entwicklung gegeben hat, war der Zusammenhang genau umgekehrt. Univ.-Prof. Schwaiger hat auch den Einfluss der BIP-Entwicklung auf die Ausfallrate analysiert und ist zum Ergebnis gekommen, dass 66% der Änderung der Ausfallrate konjunkturbedingt sind.
Betrachtet man die Ausfälle auf Bezirksebene, zeigt sich, dass im Westen Österreichs weniger Unternehmen ausfallen. Hingegen steigt die Ausfallrate, je weiter man in den Süden und Osten blickt. Die niedrigste Ausfallrate weisen die Bezirke Reutte (0,58%), Landeck (0,59%) und Kitzbühel (0,68%) auf, die höchste Ausfallrate findet man in Leoben (2,40%), Graz-Umgebung (2,12%) und Völkermarkt (2,12%).
Summa summarum erreichten die Ausfallraten 2018 konjunkturbedingt den niedrigsten Stand im Zeitraum von 2008 bis 2018. Die auf den Ausfallraten der letzten elf Jahre basierende Zeitreihenanalyse deutet allerdings einen leichten Anstieg der Ausfallraten für das Jahr 2019 an. „Für heuer rechnen wir mit einem leichten Anstieg der Ausfallsrate auf 1,23 Prozent“, sagt Weinhofer. „Die Hochkonjunkturphase dürfte somit ihren Zenit überschritten haben. Die Unsicherheiten bezüglich Brexit und der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie die Krisenherde im Nahen Osten wirken sich negativ auf die heimischen Unternehmen aus.“
Hinweis: Die Studie „Ausfallraten in der österreichischen Wirtschaft – 2018. Statistical Default Study. Marktanalyse/Oktober 2019“, herausgegeben von der Creditreform Österreich, ist unter folgendem Link abrufbar.