Es geht aufwärts

Die Exportwirtschaft wird dieses Jahr wohl wieder so gut performen wie vor der Corona-Krise.
© WKÖ/Presse/Valeri Angelov
Es geht aufwärts Michael Otter
„Wir setzen auf den Austausch mit den besten Köpfen weltweit“, so Michael Otter, Leiter der Außenwirtschaft Austria.

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Womit heimische Betriebe im Ausland besonders gut punkten können, warum regionale Handelsabkommen immer wichtiger werden und wie Exporteure mit der steigenden Komplexität klarkommen, erklärt Michael Otter, Leiter der Aussenwirtschaft Austria im Interview.

Wie geht es der heimischen Wirtschaft, und insbesondere den exportierenden Betrieben, nach mehr als einem Jahr Corona?

Die Lage gestaltet sich erstaunlich gut. Die aktuellen Exportzahlen sind so gut wie jene vor der Covid-Krise. Und das nach Rückgängen von mehr als elf Prozent in Schlüsselbereichen wie Automotive sowie Maschinen- und Anlagenbau. 

Erwarten Sie, dass sich diese positive Entwicklung auch im Herbst beziehungsweise im Winter fortsetzen wird?

Die Exportwirtschaft wird dieses Jahr sicher wieder gesamt ähnliche Zahlen wie 2019 erreichen. Die Prognose ist also insgesamt positiv. Doch natürlich wirkt sich Corona nach wie vor auf Dienstreisen und die Möglichkeiten, Kunden zu besuchen, aus. Vieles ist bereits wieder möglich, aber teilweise ist die Organisation von Reisen noch sehr komplex. Besonders restriktiv ist Asien, wo vielfach eine Zero-Covid-Politik gefahren wird. Vermutlich werden wir eine echte Normalisierung in der Reisetätigkeit erst 2023 sehen. Das betrifft auch die Möglichkeiten Wirtschaftsmissionen zu veranstalten und Messen zu besuchen. Corona wird uns noch länger begleiten. Aber deswegen wird nicht gleich die Wirtschaftsleistung schlechter ausfallen.

Corona hat gefährliche Abhängigkeiten in den Lieferketten sehr deutlich gemacht. Welche Lehren hat die heimische Wirtschaft daraus bislang gezogen?

Die Situation hat gezeigt, wie wichtig es ist, ein verlässliches Netz an Lieferanten aufzubauen. Doch das braucht Zeit. Wir sehen, dass viele Firmen sich entsprechend umstellen. Im Rückblick zeigt sich, dass zuerst nur einige Produkte aus China betroffen waren, dann Vormaterialien, dann der Personenverkehr. Jetzt erleben wir die Knappheit von Rohmaterialien wie Halbleitern, Holz oder Stahl. Diese Verknappung ist allerdings auch dem Aufschwung und den Konjunkturprogrammen geschuldet. Dazu kommen noch gestiegene Transportpreise. Hier spielt also eine ganze Reihe von Faktoren zusammen, die Unternehmen jetzt bei ihrem Lieferkettenmanagement berücksichtigen müssen.

Wie können Betriebe Vorsorge treffen?

Um auf solche multidimensionalen Herausforderungen zu reagieren, sind verschiedene Ansätze wie Multisourcing, das Knüpfen von breiten Netzwerken, Digitalisierung und regelmäßige Risikostrategien gefragt. Besonders wichtig ist sicher, früh genug mit Kunden zu kommunizieren und zu erklären, warum es zu Verzögerungen kommen kann. Wenn die Nachfrage hoch ist, entstehen allerdings immer auch große Chancen für Unternehmen.  

Was lässt Sie denn gerade optimistisch in die Zukunft blicken?

Wie sehen eindeutig, dass die Märkte wieder anspringen. Die Stimmung ist in der Exportwirtschaft gut. Und die Exportwirtschaft ist auch bei der Stimmung ein Zugpferd. Daraus lässt sich ablesen, dass es wieder bergauf geht. Auch wenn es weitere Wellen geben sollte, werden wir nicht in Szenarien wie im März zurückfallen. Wir haben viel gelernt und wirksame Konjunkturprogramme aufgesetzt. Es geht also aufwärts. 

In welchen Bereichen sind heimische Unternehmen besonders im Ausland gefragt?

Die Zugpferde der Exportwirtschaft sind der Maschinen- und Anlagenbau, Zulieferer der Automotive-Industrie und der Bereich Greentech. 

© PantherMedia/Olivier26
Es geht aufwärts Michael Otter
„Viele der heimischen Betriebe sind sehr nah an den großen Produzenten dran und damit von Haus aus am Puls der Zeit”, sagt Michael Otter.

Wie wirkt sich denn die Forcierung der Elektro-Mobilität auf die österreichische Zulieferindustrie aus? Hilft sie oder schadet sie den Betrieben?

Die Entwicklung geht eindeutig in Richtung neue Antriebssysteme. Die Transformation der Mobilität betrifft aber auch Karosserie, Elektronik und Interieur. Viele der heimischen Betriebe sind sehr nah an den großen Produzenten dran und damit von Haus aus am Puls der Zeit. Sie überrascht dieser Veränderungsprozess sicher nicht. Wenn so ein großer Umbruch passiert, gibt es aber auch immer Betriebe, die es am falschen Fuß erwischt. Dass die Transformation die Exportzahlen im Automotive-Sektor negativ beeinflusst, wäre bislang nicht absehbar. Die Zahlen haben sich nicht reduziert. Zudem gibt es auch immer mehr Firmen wie Kreisel Elektrik, die von Anfang an auf Elektro setzen, wieder andere transformieren sich. 

Ein weiteres heimisches Stärkenfeld ist Greentec. Wie entwickelt sich seine Bedeutung?

Sustainability ist ein Bereich, mit dem Österreich stark im Ausland assoziiert wird. Wir stehen natürlich auch für Musik und Geschichte, aber die Natur wird durch den Tourismus stark wahrgenommen. Auch unsere familiengeführten Hidden Champions tragen stark zu dem Bild bei, weil sie vermitteln, dass sie in ihren Regionen stark verwurzelt sind und Verantwortung für die Umwelt übernehmen. Und natürlich haben wir im Bereich Greentec viele führende Betriebe. Egal, ob erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft oder Abfallmanagement und Wassertechnologien: Wir haben wirklich Knowhow und man erkennt im Ausland, dass wir zur Weltspitze gehören. Dass zur Bekämpfung des Klimawandels weltweit Programme ausgerollt werden, spielt unseren Betrieben zusätzlich in die Hände. Da wird viel Geld investiert werden müssen. Da können wir ein guter Partner sein.

Immer wichtiger wird das Thema Innovation: Wie klappt der internationale Transfer von Knowhow? Wo und wie können sich heimische Betriebe inspirieren?

Wir setzen auf den Austausch mit den besten Köpfen weltweit. Wenn es zum Beispiel um neue Arten der Mobilität und um neue Batterien Technologien geht, haben wir eine Kooperation mit dem MIT und der Stanford University gegründet. Die Unternehmen müssen wissen, was es bereits gibt, wer woran arbeitet und wer die Top-Köpfe und Unternehmen sind. Dieser Austausch befeuert sehr spannende Innovationen. Vor allem, wenn verschieden Branchen zusammenkommen. Es ist wichtig, gemeinsam Szenarien zu skizzieren, was gewisse Entwicklungen für Regionen, Länder und Branchen bedeuten. Das machen wir in Workshop und Reisen. Diese internationale Vernetzung mit Vordenkern und unseren Unternehmen ist sicher ein wichtiger Baustein.

Auf globaler Ebene ist aber leider nicht alles nur eitel Wonne und Kooperation. Stichwort Handelskrieg: Mit welcher Entwicklung ist zu rechnen?

Der Protektionismus nimmt zu. Das hat auch mit den Grenzschließungen durch Corona zu tun. Wir sehen auch, dass multilaterale Handelsabkommen der WTO überholt sind und von regionalen Abkommen abgelöst werden. Durch Präsident Joe Biden wurde zumindest die Unsicherheit für die Wirtschaft reduziert, da er wesentlich berechenbarer und weniger spontan agiert als sein Vorgänger. Unter Joe Biden wurde auch der Handels- und Technologierat gegründet, der dazu dienen soll, die Vorgehensweise in wichtigen globalen Handels-, Wirtschafts- und Technologiefragen zu koordinieren und die transatlantischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen auf der Grundlage gemeinsamer demokratischer Werte zu vertiefen. Der Wille zu mehr internationaler Kooperation ist also da. Gegenüber China hat sich das Verhältnis allerdings nicht wirklich verbessert. Da können sich die Fronten auch rasch wieder stärker verhärten.

Was bedeuten diese Entwicklungen für ein kleines Land wie Österreich?

Dass die diversen Handelsabkommen immer wichtiger werden. Wenn neue regionale Bündnisse entstehen, muss man als exportorientierte Nation dabei sein. Und man muss auch mit der Produktion näher bei den Kunden sein. Das macht die Situation zwar ebenfalls komplexer, ist aber durch die Verkürzung der Wege gut im Sinne der Nachhaltigkeit. Die Frage, wo am besten produziert werden kann, wird wohl in Zukunft immer weniger durch die Lohnkosten bestimmt sein. Viel wichtiger ist, wo die Kunden sitzen, wo man die besten Köpfe bekommt und welche politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Betriebe vorfinden.

Autor: Stephan Strzyzowski

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