„Wir prägen die Region durch unsere Niederlassung hier“, sagt Geschäftsführer Timo Snoeren im Exklusivinterview mit TOP LEADERS. Zudem habe die Studie gezeigt, dass durch Worthington weit über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus die Wirtschaft aktiviert und diese damit in Krisenzeiten auch geschützt wird.
Herr Snoeren, Worthington Kienberg hat vor kurzem sehr viel Geld in die Hand genommen …
Es wurden zehn Millionen Euro in den Bau einer 1.700 m² großen neuen Produktionshalle investiert. Damit erweitert sich ab Herbst die Worthington-Produktpalette von Stahl-Hochdruckbehältern auf Hochdruck-Composite-Behälter. Diese bestehen je nach Typ aus einem Kunststoff- oder Aluminiummantel und werden mit gehärteten Kohlefasern vollumwickelt. Diese Composite-Druckbehälter halten noch höheren Drücken stand und werden daher für Wasserstoff und Erdgas als Tank in Autos, Bussen, LKWs, Zügen und Schiffen verwendet.
Warum setzen Sie so stark auf Wasserstoff?
Umfassende Marktstudien zeigten uns schnell: Der Zeitpunkt und der Ort sind günstig für unsere Investition. Wir sind überzeugt davon, dass Wasserstoff die Antriebstechnologie der Zukunft ist und das für fast alle Fahrzeuge – von Bussen, über LKWs und PKWs bis hin zu Müllabfuhr-Autos und Gabelstaplern! Unser Anspruch war es, in Österreich Pionier auf diesem Gebiet zu werden. Wir hoffen selbstverständlich, dass die österreichische Bundesregierung der Ankündigung ihrer Wasserstoffstrategie Taten folgen lässt.
Stichwort Facharbeitermangel: Können sie genug qualifiziertes Personal finden?
Trotz der Tatsache, dass unser Firmenstandort zwar idyllisch im Erlauftal gelegen ist, aber doch etwas weg vom Schuss, können wir uns ob der Bewerberzahlen glücklich schätzen. Die Auszeichnung „Bester Arbeitgeber Österreich“ hilft uns dabei, dass sich zahlreiche vielumworbene Fachkräfte für Worthington entscheiden. Natürlich kann die Auswahl nie groß genug sein, also ist bei uns selbstverständlich jede Initiativbewerbung an at-personalbuero@worthingtonindustries.com herzlich willkommen!
Worthington hat auch das große Glück, mit Dr. Christian Rasche einen der weltweit anerkanntesten Experten aus dem Composite-Bereich seit langer Zeit mit an Bord zu haben. In seiner mehr als 30-jährigen Karriere hat er schon mehrfach verschiedene Typen von Composite-Druckbehältern konzipiert, produziert und auf den Markt gebracht. Es sind sein umfassendes Wissen sowie sein weltweites Netzwerk, die uns zuversichtlich in die Wasserstoffzukunft blicken lassen.
Wie gehen Sie denn generell mit der Corona-Krise um?
Worthington Kienberg hat beide Seiten der Medaille erlebt – je nach Produkt: Wir spürten beispielsweise im Umsatz unserer Erdgastanks die europaweiten vorübergehenden Werksschließungen in der Automobilindustrie. Auf der anderen Seite aber ist der Bedarf an medizinischen Sauerstoffflaschen für Krankenhäuser in ganz Europa bedeutend gestiegen, was sich auf uns positiv auswirkte.
Trotz allem hat auch Worthington Kienberg Kurzarbeit angemeldet. Ziel ist es, mit dieser Unterstützung nach der Krise wieder rasch und zu 100 Prozent durchstarten zu können. Da wir kurz vor dem Produktionsstart in der zusätzlichen Halle stehen, blicken wir mit diesem zusätzlichen Produktzweig positiv in die Zukunft.
Welche Maßnahmen wurden zum Schutz der Mitarbeiter ergriffen?
Da möchte ich an erster Stelle unseren langjährigen Betriebsleiter Günther Ehrgott nennen und ihm zugleich danken: Es war sein rasches und effizientes Handeln, das es uns erlaubt hat, die Produktion trotz des landesweiten Lockdowns ununterbrochen weiterzuführen. Ehrgott wird seine über 40-jährige Erfahrung im Stahlflaschenbereich mit der Herstellung der Composite-Flaschen in enger Zusammenarbeit mit Dr. Christian Rasche erweitern.
Für Worthington hat die Gesundheit aller Mitarbeiter oberste Priorität. Dementsprechend haben wir die Produktion für zwei Tage (16. und 17. 3. 2020) eingestellt, um in dieser Zeit einen soliden Covid-19-Aktionsplan zu entwickeln. Unsere Schutzmaßnahmen umfassten u.a. Home-Office für alle Mitarbeiter, bei denen dies möglich ist. Eine sichere Produktionsumgebung zu gewährleisten, ist ungemein komplizierter, aber dennoch haben wir es geschafft. Dazu gehörten versetzte Schichtbeginn-Zeiten, um ein Aufeinandertreffen beim Umkleiden zu vermeiden, zahlreiche Plexiglas-Scheiben, keine Fahrgemeinschaften zur Arbeit, MNS-Masken für alle Mitarbeiter sowie Desinfektionsspender, Verlegung von Besprechungen auf Video- oder Telefonkonferenzen, Entfernung der Hälfte der Bestuhlung in Besprechungszimmern etc.
Apropos Mitarbeiterbetreuung: Worthington kam heuer zum vierten Mal in Folge auf den 1. Platz bei den „Besten Arbeitgebern Österreichs“ – wie kam diese Positionierung zustande?
Unsere Mitarbeiter haben durch ihre Bewertungen der Firma Worthington ein ausgezeichnetes Zeugnis ausgestellt. Das ist ein sehr gutes Zeichen für unsere Firmenkultur und unseren respektvollen und wertschätzenden Umgang. Wir sind sehr transparent. Die Mitarbeiter wissen quartalsweise durch sogenannte Infomeetings, wie es finanziell um die Firma steht. Jeder kann mit jedem über alles sprechen. Fairness und Konsequenz spielen da eine wichtige Rolle. Vor allem neue Mitarbeiter spüren diesen Unterschied sehr schnell. Es ist genau diese tolle Kultur des Miteinander, die uns zuversichtlich macht, dass wir auch den erforderlichen Kulturwandel hin zu einem digitalisierten und innovativen Unternehmen schaffen werden.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung für Worthington in Österreich in den kommenden Monaten bzw. Jahren?
Gut! Das Wasserstoffwerk macht uns ganz klar zukunftsfit, denn es erweitert unsere Produktpalette immens: Wir können nun nicht nur Industriegase-Kunden mit Hochdruckbehältern aus Stahl versorgen, sondern auch Auto-, Züge- Schiffs- und LKW-Hersteller mit Hochdruck-Tankbehältern aus Composite-Materialien. Wo die Reise hingehen soll, wird sich zeigen. Jetzt machen wir erst einmal Nägel mit Köpfen und starten im Herbst mit der Produktion im neuen Wasserstoffwerk.
Herr Snoeren, verraten Sie unseren Lesern auch Persönliches?
Vor mehr als 24 Jahren habe ich meine Frau, die Österreicherin ist, in England während des Studiums kennengelernt. Schnell war klar, dass wir uns – mit meinem internationalen Diplom und meinen für einen Holländer überdurchschnittlichen Deutschkenntnissen – im Mostviertel, der Heimat meiner Frau, niederlassen würden. Und ich habe die Entscheidung nie bereut (lächelt). Am 5. Mai 1999 habe ich dann als Verkäufer bei Worthington in Kienberg angefangen, wo man gerade auf der Suche nach internationalen Talenten war. Mit meinen niederländischen Wurzeln war mein Zuständigkeitsgebiet schnell klar: die BeNeLux-Länder. In den darauffolgenden Jahren hatte ich unterschiedliche Funktionen im Verkauf und habe das Unternehmen weltweit gut kennengelernt. 2015 bekam ich die Möglichkeit, bei einem unseren Joint Ventures (WAVE = Worthington-Armstrong Venture) als Vice President für das EMEA-Geschäft tätig zu werden. WAVE ist führender Hersteller für abgehängte akustische Deckenelemente. Es war eine harte, aber sehr lehrreiche Zeit. Als mir dann 2018 angeboten wurde, für Worthington als General Manager für das Hochdruckbehälter-Geschäft in Europa zurückzukehren, habe ich keine Sekunde überlegt!