Sonderweg Frankreich
Frankreich übernimmt die geistige Führung Europas. Sein Verlangen nach mehr Eigenständigkeit und Unabhängigkeit beflügelt sicherlich die Diskussion um die Zukunft Europas. Schade, dass Deutschland da nicht mitzieht. Eine synchrone Lippenbewegung zu allem, was aus Amerika kommt, ist zu wenig.
Europas Eigenständigkeit als Überlebensfrage
Sollten die USA und China in eine Konfrontation kommen, würde dies die Wirtschaft Europas in einem ungeahnten Ausmaß negativ betreffen. Europa ist also gut beraten, sich dem Konzept einer multipolaren Welt anzuschließen und dabei seine eigenen Interessen klar zu definieren. Dies setzt allerding eine europäische Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit voraus, die es derzeit nicht gibt.
Aktive Rolle Österreichs
Österreich wäre gut beraten, eine aktive und positive Rolle in Europa zu spielen und Ideen und Konzepte zu wichtigen Fragen einzubringen. Eine bloße Ablehnung von Handelsverträgen (Mercosur) und ein sachlich nicht gerechtfertigtes Veto gegen eine Erweiterung des Schengen-Raums werden uns von den betroffenen Ländern, aber auch der Europäischen Union selbst, sehr negativ angekreidet.
Apropos Mercosur: Den Agrariern ins Stammbuch: Das heftig bekämpfte CETA-Freihandelsabkommen mit Kanada erweist sich jetzt im Rückblick als durchschlagender Erfolg, der Überschuss der Exporte über die Importe hat sich von 0,5 Mrd. EUR auf 1,1 Mrd. EUR verdoppelt. Die Agrarier Österreichs gehören daher zu den Gewinnern des Freihandelsabkommens.
Schwellenländer im Vordergrund
Zwei Länder sind es, die in den Vordergrund treten und ebenfalls eine multipolare Welt einfordern: Brasilien und Indien. Intensiv werden von anderen Ländern ökonomische Fäden geknüpft, während Europa darüber diskutiert, was wir eigentlich wollen. Viel Zeit, um diesbezüglich Klarheit zu schaffen verbleibt uns nicht.
China und EU
Es existiert ein ausverhandeltes Investitionsabkommen zwischen der EU und China. Warum wird es nicht ratifiziert? Die Chinesen wären dazu bereit und sind in den Verhandlungen Europa sehr entgegengekommen. Hier könnten wir Europäer unsere Eigenständigkeit unter Beweis stellen, indem wir die Ratifizierung umgehend in die Wege leiten.
Unternehmerische Hürden
Die Kommissionspräsidentin von der Leyen hat eine Reduktion der Bürokratie für Unternehmungen um 25 % angekündigt: Klingt gut – stimmt aber leider nicht. Allein die Diskussion um die Lieferketten (Prüfung, ob Sozial- und Umweltrechtsvorschriften eingehalten werden) belasten selbstverständlich auch kleine und mittlere Unternehmen, wenn sie als Zulieferer für große berichtspflichtige Unternehmen tätig sind.
Vor lauter Verboten und deren Kontrollen kommen unsere Unternehmen nicht mehr dazu, das zu tun, wofür sie da sind: Geschäfte zu machen und Wohlstand zu sichern.
Autor: Christoph Leitl