Florian Schmidt, Verification Officer und Leiter des APA-Faktencheck, der auch an mehreren Fachhochschulen und der Tiroler Akademie für Journalismus unterrichtet, gab den Teilnehmer:innen der DIGITAL INNOVATION SESSION von COPE einen Einblick ins Aufdecken von Fake News.
Vor seinen Ausführungen begrüßte Nicola Dietrich, Mitglied der Geschäftsleitung und Chief Strategy Officer bei COPE, die Gäste, die auch gleich zu einer kurzen Umfrage geladen wurden. Das Ergebnis: Das Wissen über Brand Safety ist ebenso ausbaufähig, wie die Verunsicherung bezüglich Mis- und Desinformation groß ist. Besonders wenig Vertrauen genießen dabei TikTok und Programmatic.
Wirkungskraft von Fake News
Dass es, befeuert durch den zunehmenden Einsatz von KI, Grund für genaue Faktenchecks in der digitalen Welt gibt, wurde in Florian Schmidts Keynote deutlich.
Der Experte der APA – Austria Presse Agentur zeigte auf, wie Falschmeldungen auf die wirtschaftliche, politische und soziale Realität Einfluss nehmen – vom kurzfristigen Absacken der Aktienkurse wegen einer angeblichen Explosion vor dem Pentagon bis hin zu einer 90-prozentigen Preissenkung von Insulinprodukten eines US-Konzerns aufgrund des öffentlichen Drucks nach der falschen Behauptung, dass das Produkt fortan kostenlos wäre.
„Der APA-Faktencheck ist international lizenziert und eingebunden in weltweite Netzwerke wie das EU-geförderte GADMO, ein Netzwerk aus Monitoring-Hubs in ganz Europa. Um Falschmeldungen auf die Spur zu kommen, setzen wir unter anderem Tools wie die Rückwärtssuche von Fotos oder Google-Suchoperatoren ein“, erklärt Florian Schmidt.
APA-Faktencheck ist in Europa eine der führenden Rechercheeinrichtungen im digitalen Bereich. Sogar für Meta wird die Faktenprüfung in Kooperation mit APA-Faktencheck im deutschsprachigen Raum durchgeführt.
Kompetenzsteigerung durch Media Literacy
Anstatt auf Faktenchecks wird immer öfter auf Community Checking gesetzt. Dabei prüfen User:innen den Content und stimmen dann ab, ob ein Inhalt als bedenklich gekennzeichnet wird. Diese Kennzeichnungen sind zwar zuverlässig, da jedoch User:innen mit ihren „Votes“ selten eine Einigung erzielen, bleibt der Großteil des so gecheckten Inhalts unkommentiert.
Außerdem werden Fehler immer schwerer erkennbar, weil das technische Level der Fakes schon so hoch ist. Faktenchecks sind, laut Florian Schmidt, nicht mehr als Symptombekämpfung. Es ist wichtiger Fake News bereits im Vorfeld zu erkennen:
„Was dafür nötig ist, ist ‚Media Literacy‘, also das Wissen darüber, wie man Fakten einordnen kann und Fake Content auf die Schliche kommt“, unterstreicht Florian Schmidt.
APA-Faktencheck bietet dazu auch Schulungen an – „Media Literacy“, ist gerade jetzt, laut dem Experten, wo KI-generierter Content zunimmt, wichtig für alle Bürger:innen.
Sichere Häfen für Brands
Pierre Greber ist mit dieser Frage bei seiner Tätigkeit als Chief Client Officer bei COPE laufend konfrontiert:
„Es gibt einerseits die Legal Safety, wo es um klare Werberichtlinien und geltende Gesetze geht. Und andererseits ist da die Brand Suitability, die von den individuellen Ansprüchen der einzelnen Marken abhängt, in welchen Umfeldern eine Werbung ausgespielt werden sollte – und wo nicht. Wer will schon mit seiner Marke auf Hass- und Hetzseiten, sowie Fake-News-Portalen aufscheinen und damit diese Portale finanzieren.“

In dem Bemühen, nur legale und gute Umfelder für die eigenen Werbekampagnen zu buchen, werden heute ganze Seiten oder Inhalte unter anderem mit Keywords, die auf unpassenden oder illegalen Content schließen lassen, geblockt. Beispielsweise werden in nationalen deutschsprachigen Kampagnen nicht selten Worte wie „war“ oder „die“, die auf Englisch natürlich eine ganz andere Bedeutung haben als auf Deutsch, einfach generell ausgeschlossen. In so einem Fall ist auf deutschsprachigen Webseiten der gesamte Inhalt auf der Blockliste und es wird keine Werbung ausgespielt.
Es gilt also, nicht einfach großflächig zu blocken, sondern auch mit der Semantik-Betrachtung zu arbeiten.
Vertrauen in Nachrichtenseiten
„In den USA soll es bereits mehr Fake-News- als echte Nachrichtenseiten geben. Die KI pusht das Fake Web zusätzlich. Brand Safety ist für Unternehmen ein zentrales Thema“, so Pierre Greber.
Es geht hier nicht nur um die eigene Moral, sondern um den Geschäftserfolg. Denn: Drei Viertel der Konsument:innen missbilligen es, wenn Marken in Desinformationsumfeldern werben – und mehr als die Hälfte der Konsument:innen wollen in Fake-News-Umfeldern beworbene Produkte nicht kaufen.
„Auffällig ist, dass Nachrichtenseiten doppelt so hohes Vertrauen wie die Unterhaltungsseiten genießen“, hebt Pierre Greber hervor.
Außerdem gelten bei seriösen Publishern definierte journalistische Standards, die in Social Media und auf MFA-Seiten (Made-For-Advertising-Seiten – Anm. d. Red.) nicht vorhanden sind. Nicht die redaktionellen Umfelder mit „Bad News“ (wie z. B. seriöser Kriegsberichterstattung) sind also das Problem, sondern der Umgang im Bereich Open Programmatic.
„Dabei handelt es sich um nicht kuratierte Deals mit mir unbekannten Vermarktern / Publishern, wo zigtausende – nicht deklarierte – Webseiten dahinter liegen. Hier kann es zu Werbeausspielungen in Umfeldern kommen, in denen man als Unternehmen lieber nicht aufscheinen möchte“, verdeutlicht Pierre Greber.
Ist absolute Brand Safety möglich?
Das AdTech-System ist komplex und intransparent. Leider vertrauen viele blind auf Verification Tools, ohne sich im Detail damit auseinanderzusetzen.
„100 % Brand Safety gibt es nicht, aber man kann mit den richtigen ersten Schritten und Ressourcen die Risiken minimieren. Wenn man Programmatic macht, sollte man grundsätzlich Open Programmatic vermeiden, und nur mit vertrauenswürdigen Publishern und Profis arbeiten“, ergänzt der Experte abschließend.