Anhaltender Bauboom – Bauindustrie trotzt Konjunkturflaute und Inflation

Der Generaldirektor des börsennotierten Baukonzerns PORR AG, Karl-Heinz Strauss, schätzt die Lage nicht so schlecht ein, wie das allgemein propagierte Stimmungsbild vorgibt.
© Fotodienst / Wilfried Seywald
Anhaltender Bauboom – Bauindustrie trotzt Konjunkturflaute und Inflation
Karl-Heinz Strauss, Generaldirektor des börsennotierten Baukonzerns PORR AG.

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Karl-Heinz Strauss ist seit 2010 Generaldirektor der Unternehmensgruppe, die inzwischen über 20.000 Mitarbeiter beschäftigt und einen Jahresumsatz von sechs Milliarden Euro aufweist. In seiner Zeit als verantwortlicher Manager habe sich das Baugeschäft deutlich mehr verändert als in den 20 bis 30 Jahren davor.

„Wir beschäftigen uns heute viel mehr mit Prozessen, Planung und Kalkulation, aber auch mit Gesetzen und Regularien. Nicht zu vergessen sind die Themen Nachhaltigkeit von Materialien, die Wiederverwertbarkeit, Lebenszyklen und Lieferketten. Man baut heute schneller, präziser und effizienter – eben im Sinne von Lean Construction“, verdeutlicht der Generaldirektor der PORR AG.

Wachstum über 2024 hinaus

Trotz Zinswende, gestiegener Materialpreise und verschärfter Eigenkapitalvorschriften geht Karl-Heinz Strauss weiterhin von einem Wachstum in allen Bereichen aus.

„Hochbau, Tiefbau, Straßenbau, Infrastruktur, Brückenbau, Bahnbau, Fassadenbau – wir können alles selbst. Wir haben uns auf sieben Heimmärkte konzentriert, das sind Österreich, Schweiz, Deutschland, Polen, Tschechien, Slowakei und Rumänien, in denen wir alles anbieten. Vielleicht unterscheidet uns auch dies von anderen Anbietern“, erklärt Karl-Heinz Strauss.

Der Wohnbau kämpft derzeit zwar mit hohen Zinsen und Materialpreisen sowie Inflation, doch die Lage ist nicht so schlecht, wie die Medien berichten:

„Ich glaube, dass die Stimmung deutlich besser ist. Viele beginnen schon wieder mit den Kalkulationen, vor allem die gemeinnützigen Wohnbauträger. Auch wir kalkulieren derzeit für unsere Kunden so viel wie selten zuvor. Ob die Projekte dann allerdings realisiert werden, wird man sehen. Wir sind jedenfalls voll ausgelastet. Für 2024 schaut es auch im Wohnbau ganz gut aus, und alle anderen Bereiche funktionieren ja ohnehin sehr gut“, unterstreicht der PORR-Chef.

© Fotodienst / Wilfried Seywald

Österreichische Baubranche als „big player“

Warum gerade die österreichische Baubranche europaweit überproportional stark vertreten ist, begründet Karl-Heinz Strauss mit der guten Ausbildung, den führenden Technischen Universitäten des Landes und den unternehmenseigenen Ausbildungsprogrammen vieler Baukonzerne.

“Österreicherinnen und Österreicher waren auch immer bereit, ins Ausland zu gehen. Das nimmt zwar ein bisschen ab, wir haben dafür aber gute Headquarters und Niederlassungen. Ein weiterer Grund ist, dass Österreich schon allein durch seine Topografie alle Arten von Bautätigkeiten benötigt. Tunnel, Brücken, Bahnbau in schwierigen Gegenden: Das ist natürlich ein Know-how, das wir heute in alle Welt verkaufen“, attestiert der Generaldirektor der PORR AG.

Tradition und Digitalisierung als Erfolgsgarant

Beim Erfolgsgeheimnis der PORR AG verweist Karl-Heinz Strauss auf die lange Geschichte des Baukonzerns, den es seit über 150 Jahren gibt.

„Wir haben den Kaiser erlebt, den Ersten Weltkrieg, die große Depression, den Zweiten Weltkrieg und die Ölkrise. Mit unserem Know-how und unserer Kompetenz, und wenn wir uns auf das Bauen konzentrieren, brauchen wir uns keine Sorgen vor externen Einflüssen machen. Wir machen einfach unser Ding, und das machen wir weiterhin konsequent und professionell, dann haben wir nichts zu befürchten“, führt Karl-Heinz Strauss weiter aus.

Ein anderer wichtiger Baustein zum Erfolg sei es, Teil einer Familie zu sein: „Wir fordern Leistung, und wir leben nach Prinzipien, die für alle sehr offen und transparent sind. Es hilft zudem, Teil einer großen Familie zu sein, in der man eben nicht allein ist, und stolz sein kann, dazuzugehören. Das bringt viele Vorteile und führt dazu, dass wir im Vergleich zu anderen Bauunternehmen relativ wenig Fluktuation haben. Wir können da auf eine sehr gute Stammbelegschaft zurückgreifen – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ja das Fundament unserer Firma“, so der PORR-Chef.

© PantherMedia / ArturVerkhovetskiy
Anhaltender Bauboom – Bauindustrie trotzt Konjunkturflaute und Inflation

Dies gilt auch für zentrale Fragen wie die Digitalisierung: „Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht verstehen, warum sie etwas anders machen müssen als bisher, dann werden sie das nicht gerne machen und oft auch nicht tun. Das heißt, wir müssen die digitalen Prozesse so gestalten, dass die operativen Leute abgeholt werden. Unser Geschäft passiert nicht in der Zentrale, in den Kalkulationsbüros, sondern auf der Baustelle. Unsere Operativen draußen müssen überzeugt werden, dass digitale Veränderungen etwas bringen und dabei helfen, ihre Ziele zu erreichen. Auf der Baustelle wird Geld verdient, aber auch Geld verloren“, ergänzt Karl-Heinz Strauss.

Zuversicht auch bei Talentförderung

Optimistisch ist man auch, was den Nachwuchs angeht. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden Talente nicht verloren gehen, aber ohne Zuzug von Arbeitskräften aus anderen Ländern wie Indien oder Pakistan wird es auch nicht gehen. Das Besondere am Bau ist, und das habe sich geändert, dass alle Prozesse – von der Bauvorbereitung, über die Planung und Kalkulation bis zur Modellierung – digital durchgespielt werden.

„Am Ende des Tages muss aber jemand das Loch machen, Beton einfüllen. Das heißt, alles, was man konzipiert hat, entsteht auch tatsächlich. Man ist dabei und kann es angreifen, ist verantwortlich für das Ergebnis. Und das fasziniert junge Leute“, konstatiert Karl-Heinz Strauss abschließend.

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