Herr Peschek, Sie waren schon zu Schulzeiten politisch aktiv, wurden später in den Landtag und Gemeinderat gewählt und sind – nachdem Sie alle politischen Funktionen zurückgelegt haben – seit 2015 CEO des SK Rapid. Das scheint ein ziemlicher Cut gewesen zu sein, was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Ich bin tatsächlich seit meiner Kindheit leidenschaftlicher Rapid-Fan, habe mir jedes Jahr zu Weihnachten das neue Rapid-Trikot gewünscht und auch in der sprichwörtlichen Rapid-Bettwäsche geschlafen, um von der erfolgreichen Karriere als Profi-Fußballer zu träumen. Als es dann die Möglichkeit gab, sich für die Position des Geschäftsführers zu bewerben und dem damit verbundenen Hearing zu stellen, nahm ich die Chance wahr, meinem Herzensverein zu dienen, Projekte zu gestalten und Dinge voranzutreiben. Da ich bereits 2013 in die Funktion des Vizepräsidenten gewählt wurde und zu dem Zeitpunkt schon einen guten Überblick über den SK Rapid und die Potenziale erhalten habe, war der Schritt für mich der richtige. Ganz so leicht ist es mir zwar nicht gefallen, da mir die politische Aufgabe des Gestaltens und Einsetzens für Menschen, um ihre Lebenssituation zu verbessern, sehr am Herzen lag. Doch diese Erfahrung aus der Politik konnte ich für den täglichen Alltag beim SK Rapid mitnehmen, da es auch in diesem Umfeld enorm wichtig ist, verschiedene Interessensgruppen in Einklang zu bringen, Zielgruppenarbeit zu leisten und Kampagnen, Prozesse und Strategien umzusetzen. Seit nun bereits sieben Jahren darf ich diese Funktion mit viel Freude, aber auch voller Demut, ausüben.
2015 wurde das in einem wissenschaftlich begleiteten Prozess entwickelte neue Leitbild des Klubs präsentiert, was besagt es?
Es besagt, dass der SK Rapid mehr als ein Fußballverein ist und erklärt somit auch die Identität des gesamten Klubs – wofür wir stehen, wer wir sind, aber auch wer wir nicht sind. Der SK Rapid hat klare Werte, eine klare Identität und ist auch für viele Menschen identitätsstiftend. Wir sind aber auch nicht aalglatt, sondern haben Ecken und Kanten. Auch das ist in unserem Leitbild definiert. Uns war wichtig, dass es durch keine Marketingagentur, sondern gemeinsam mit den Interessensgruppen erarbeitet und entwickelt wird, sodass es auch die Anerkennung und Tragfähigkeit innerhalb der Rapid-Familie hat. Für mich persönlich ist es sozusagen der Wertekompass, der Orientierung in der Entscheidungsfindung gibt.
Das Leitbild wurde sogar in 24 Sprachen übersetzt – mit welchem Ziel bzw. weshalb ist das wichtig?
Das ist von großer Relevanz, damit wir den vielen Rapid-Fans auf der ganzen Welt, aber ebenso Spielern oder Mitarbeiter:innen, die zum SK Rapid kommen, möglichst klar und verständlich zeigen können, was der SK Rapid ist und wofür der gesamte Verein steht.
Mit der Dachmarke „Rapid leben“ unterstreicht der Klub seine unternehmerische Verantwortung, wie ist diese definiert?
Als populärster Klub des Landes setzen wir uns mit unseren Wurzeln in der Arbeiterbewegung stets dafür ein, sozial Benachteiligte zu unterstützen. Aus voller Überzeugung bewerkstelligen wir daher mit unserer CSR-Dachmarke „Rapid leben“ eine große Menge an Aktivitäten, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Mit unseren Werten und unserer Geschichte leben wir diese Verantwortung somit tagtäglich und möchten andere Institutionen und Unternehmen motivieren, ähnliches zu tun.
Sie haben die Arbeiterbewegung angesprochen, in der die Ursprünge beheimatet sind. Kann man daraus schließen, dass Mitglieder und Fans auch heute noch überwiegend diesem Berufsstand entstammen?
Nein, der SK Rapid ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und vereint daher tatsächlich alle gesellschaftlichen Schichten. Allerdings eint alle Rapid-Fans das klare Bild, dass man für den Erfolg hart arbeiten muss und das ist, wenn man so will, die heutige Definition des Arbeitervereins. Rapid bekommt nichts geschenkt, Rapid muss immer hart und mit voller Kraft bis zum Schluss für den Erfolg arbeiten und hat einen unbändigen Siegeswillen. Das ist etwas, dass uns alle eint, weshalb der Arbeiterverein bis heute ein Teil unserer DNA ist.
„Nachhaltigkeit“ ist ja in aller Munde, welchen Stellenwert hat dieses Thema beim Klub?
Einen sehr hohen! Wir haben bereits beim Stadionbau mit einem Zisternensystem, der Verwendung von Mehrwegbechern, einer E-Tankstelle oder auch einer Solarblume entsprechende Aktivitäten umgesetzt. Auch bei unserem Körner Trainingszentrum powered by VARTA werden LED-Flutlichter zum Einsatz kommen und auch hier wollen wir mit verschiedenen Maßnahmen unserer Verantwortung gerecht werden. In der Vergangenheit haben wir in Anlehnung an unser Gründungsjahr beispielsweise 1.899 Bäume gepflanzt, was wir zukünftig fortführen wollen, um mit gutem Beispiel konkret voranzugehen. Denn auch Nachhaltigkeit sehen wir nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern als gelebten Alltag.
Der Satz „Rapid ist Religion“ kam in den 1970ern auf – was steckt dahinter?
Rapid ist – wie gesagt – mehr als ein Verein, es ist eine Gemeinschaft, bei der uns Werte einen und wo oftmals auch das Unmögliche möglich gemacht wird. Gewisse Symboliken, die man aus Religionen kennt, sind durchaus auch gegeben, ebenso wie Rituale und Handlungsmuster. Kurz gesagt geht es allerdings einfach darum, dass der SK Rapid für viele Menschen ein zentraler Bestandteil des Lebens ist und das Miteinander in den Vordergrund stellt.
Wir würden Sie gerne auch als Privatpersonen etwas näher kennenlernen, abschließend daher noch ein paar persönliche Fragen:
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg im beruflichen Kontext bedeutet für mich Dinge zu gestalten und zu entwickeln, die von nachhaltigem Bestand sind. Mir war während meiner politischen Tätigkeit der Bau der Berufsschule in der Embelgasse sehr wichtig, wo nach langer Zeit die arbeitende Jugend in Wien einen entsprechenden Stellenwert bekam. Ich habe mir immer vorgestellt, mit meinen Söhnen vorbei zu spazieren und zu sagen „Schaut’s Buam, dafür hat sich der Papa damals eingesetzt“. Im grün-weißen Zusammenhang möchte ich beispielsweise das Allianz Stadion, welches das wirtschaftliche Jahrhundertprojekt für den SK Rapid war und ist oder auch das Körner Trainingszentrum powered by VARTA, hervorheben. Das alles sind Meilensteine, die nachhaltig die wirtschaftliche und sportliche Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen werden. Für mich persönlich sind das Erfolge, bei denen ich mitwirken durfte und die dem SK Rapid langfristig weiterhelfen werden.
Gibt es etwas, das Sie schon immer ausprobieren wollten, wofür Sie aber bis jetzt noch keine Gelegenheit hatten?
Ja, ich würde gerne einmal mit dem altbekannten „K.I.T.T.“ von „Knight Rider“ fahren (schmunzelt).
Was macht Ihnen an Ihrem Job am meisten Spaß?
Nachdem ich – wie gesagt – seit meiner Kindheit Rapid-Fan bin und der Klub für mich immer ein Lebensgefühl war und ist, ist es bis heute eine große Ehre, dem SK Rapid dienen zu dürfen. Wenn ich mit dem Auto beim Allianz Stadion vorbeifahre und die bekannte Stadionröhre bzw. das Wappen sehe, erlebe ich nach wie vor einen ganz besonderen Gänsehautmoment. Und auch wenn es unglaublich herausfordernd und intensiv ist, bleibt es eine Ehre und ein Privileg, für meinen Herzensverein arbeiten zu dürfen.
Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Wenn ich damit verbunden auch das Talent der Person hätte, dann wäre dies unser Rekordspieler und aktueller Sportkoordinator Steffen Hofmann. Kapitän des SK Rapid und gleichzeitig eine derart herausragende sportliche Persönlichkeit zu sein, die eine immense Anerkennung und Wertschätzung in der ganzen Rapid-Community erfährt, wäre schon etwas ganz besonders. Als Bub habe ich übrigens auch davon geträumt, erfolgreich für den SK Rapid spielen zu dürfen – laut Einschätzung meiner Eltern war jedoch die Leidenschaft größer als das Talent.
Abschließend noch eine ganz spannende Frage: Sie können EIN globales Problem lösen – welches wäre das?
Da muss ich nicht lange überlegen, definitiv Krieg. Natürlich sind Nachhaltigkeit, Umwelt und Co. extrem wichtig, doch an erster Stelle steht in meinen Augen immer der Frieden, denn das ist die Grundlage für das Überleben der Menschheit. Wenn es Frieden gibt, kann man Armut bekämpfen und die Ressourcen der Erde entsprechend sicherstellen. Das Schlimmste für mich ist, wenn man jeden Tag Angst ums Überleben seiner Freunde, Familie und sich selbst haben muss, das ist furchtbar und unvorstellbar. Könnte ich das Problem lösen, würde ich es sofort tun.