Das TOP-Forschungsprojekt „Fit im Job“

Exoskelette sollen Arbeitnehmer länger gesund halten, wünschen sich Rosenbauer und REWE.
© Apple Inc.
Die Visitenkarte des Unternehmens
©Apple Inc.

Teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp

Der Fachkräftebedarf in Österreich besteht auch in Zeiten einer Corona-bedingten höheren Arbeitslosigkeit weiter und wird mit zunehmender Erholung der Wirtschaft noch weiter zunehmen. Es gibt hier mehrere Punkte, um gegenzusteuern. Einer davon besteht darin, ältere Menschen länger in Beschäftigung zu halten, um auch ihr Know-how und ihre Erfahrung für die Unternehmen möglichst lange nutzen können. Eine zukunftsweisende Möglichkeit dazu ist der Einsatz von hochtechnisierten Hilfsmitteln wie Exoskeletten. Davon profitieren Mitarbeiter und Wirtschaft gleichermaßen, weil diese Hilfsmittel zum Erhalt und zur Erhöhung der Arbeitsfähigkeit von älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen beitragen.

Exoskelette kamen bisher als hochtechnisierte Hilfsmittel für Querschnittsgelähmte, in der Raumfahrt oder im Behindertensport zum Einsatz. Jetzt sollen sie auch Menschen in der Arbeitswelt helfen, gesund zu bleiben. Dass Exoskelette eine geeignete Technologie darstellen können, zeigt das vom Institut für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik (IAA) an der Johannes Kepler Universität Linz initiierte Forschungsprojekt „EnableMe 50+“, das sich mit der Frage beschäftigt, wie Arbeitsplätze in Hinblick auf ihre Altersgerechtigkeit bewertet und unter Einbezug der Faktoren Mensch, Technologie und Organisation konkret ausgestaltet werden können. Das Projekt liefert Hinweise darauf, wie altersgerecht einzelne Arbeitsplätze gestaltet sind. Mitarbeiter der Handelsfirma REWE (BILLA und MERKUR) und des Feuerwehrausstatters Rosenbauer haben Exoskelette im Praxiseinsatz erprobt – mit unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der praktischen Anwendbarkeit. „Im Forschungsprojekt arbeiteten bis Ende Juni das Institut für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik der JKU Linz, das Institut für Innovation und Industrie Management der TU Graz und die beiden Konzerne zusammen. Ziel war es, eine praktikable Option für altersgerechte Arbeitsgestaltung zu entwickeln, für die physische Assistenzsysteme eine wichtige Rolle spielen“, erklärt Tanja Spennlingwimmer, Geschäftsführerin des Instituts für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik (IAA).

Bei der “Fit-im-Job”-PK: (v.l.n.r) Tanja Spennlingwimmer, Markus Achleitner, Daniel Tomaschko, Veronika Rabl.

Es konnte gezeigt werden, dass bei harter manueller Arbeit körperliche Beschwerden und Muskel-Skelett Erkrankungen – trotz Einhaltung ergonomischer Standards – im Altersverlauf auf das etwa Zehnfache ansteigen. Basierend auf der in der Studie festgestellten Entlastungswirkungen lässt sich abschätzen, dass durch den Einsatz passender Exoskelette das ergonomische Risiko zur Entwicklung von Muskel-Skelett-Erkrankungen für 62 Prozent der Arbeitsplätze auf ergonomisch unbedenkliche Werte reduziert werden kann. „Die Ergebnisse liefern erste Hinweise für die zielgerichtete Implementierung von Exoskeletten zur Gestaltung altersgerechter Arbeitsplätze, es braucht aber noch weitere Forschung und Langzeitstudien, um belastbare Aussagen zur nachhaltigen Entlastungswirkung treffen zu können“, betont Spennlingwimmer.

„Bei einer flächendeckenden Umsetzung von Exoskeletten in der österreichischen Industrie besteht die Chance, rund zwei Millionen Krankenstandstage durch Muskel-Skeletterkrankungen präventiv zu vermeiden und damit Kosten für Unternehmen und Staat von etwa einer Milliarde Euro zu reduzieren“, sagt Univ.-Prof. Christian Ramsauer, Institut für Innovation und Industrie Management der TU Graz. Die Bereitstellung unterschiedlicher Exoskelette erfolgte im Projekt durch die Firmen awb Schraubtechnik- und Industriebedarf GmbH und Exomys Augmented Humanity GmbH. Vor allem die von awb zur Verfügung gestellten Exoskelette wiesen dabei eine hohe Praxistauglichkeit auf.

Nachhaltige, altersgerechte Arbeitsplätze

Exoskelette sind bereits in einigen Branchen erfolgreich im Einsatz. Diese technischen Stützapparate stellen ein gutes Werkzeug dar, um körperliche Arbeit komfortabler und vor allem gesundheitsschonender verrichten zu können. Das Muskel-Skelett-System wird entlastet und Folgekrankheiten vorgebeugt. Bei Rosenbauer kamen sie nun erstmals im Rahmen des Forschungsprojektes EnableMe 50+ zum Testeinsatz. „Wir sind aus Tradition neugierig und probieren gerne Neues aus. Die Chance, Exoskelette direkt in unseren Produktionswerken zu testen, haben wir gerne wahrgenommen“, sagt Daniel Tomaschko, Technikvorstand der Rosenbauer International AG.

Rosenbauer ist Weltmarktführer bei Feuerwehrtechnik sowie -ausrüstung und zählt zu den wichtigsten Arbeitgebern in der Wirtschaftsregion Oberösterreich. In Österreich beschäftigt das Unternehmen knapp 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Jeder Vierte davon ist über 50 Jahre, Tendenz steigend. Zwei Drittel des Rosenbauer-Teams arbeiten in Produktion und Logistik. Gerade in diesen Unternehmensbereichen findet man die meisten alterskritischen Arbeitsplätze, denn hier werden viele Beuge- und Hebearbeiten durchgeführt. Daniel Tomaschko sieht die Aufgabe des Unternehmens ganz klar: „Als verantwortungsvoller Arbeitgeber haben wir den Anspruch, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neben einer ausgewogenen Work-Life-Balance auch eine moderne und sichere Arbeitsumgebung zu bieten. Dabei legen wir großen Wert darauf, ein altersgerechtes Arbeitsumfeld zu schaffen, das Gesundheit und Wohlbefinden nachhaltig bewahrt.“

Bei der Erhaltung der Mitarbeitergesundheit setzt Rosenbauer stark auf präventive Maßnahmen. Innerbetriebliche Lösungen, wie etwa das Bereitstellen alternativer Arbeitsplätze im Krankheitsfall und das Angebot entsprechender Weiterqualifizierungen gehören zwar zum Standardrepertoire der Mitarbeiterfürsorge, sind aber zu wenig weit gegriffen. Die Beteiligung am dreijährigen Forschungsprojekt EnableMe 50+ hat gute Impulse geliefert. 45 Mitarbeiter in Produktion und Logistik wurden mit unterschiedlichen Exoskelett-Typen ausgestattet und im Zeitraum von insgesamt 37 Stunden in ihrer Arbeit unterstützt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz dieser Stützapparate, vor allem in diesen Arbeitsbereichen ideal ist, um Mitarbeiter bei Beuge- und Hebearbeiten im unteren Rücken zu entlasten. Das persönliche Belastungsempfinden wurde um fast ein Drittel reduziert und über die Hälfte der Testpersonen bestätigt, dass die Exoskelette gut zu ihrem Arbeitsplatz passen. „Die hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitern motiviert uns, weitere Tests durchzuführen. Den jetzigen Probelauf sehen wir als Standortbestimmung. In weiterer Folge wird es darum gehen, den Komfort und die praktische Anwendung in weiteren, potenziellen Einsatzbereichen des Unternehmens auszutesten“, so Tomaschko. Für Rosenbauer ist es jedenfalls ein weiterer Schritt in Richtung einer nachhaltigen, altersgerechten Arbeitsplatzgestaltung für das Team.

(v.l.n.r) Rosenbauer-Technikvorstand Daniel Tomaschko, Tanja Spennlingwimmer, GF Institut für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik (IAA), Rosenbauer-Mitarbeiter Elias Rashid, Veronika Rabl, Leiterin Human Resources REWE Group Österreich, IAA-Präsident und Landesrat Markus Achleitner.

Mitarbeiter als wichtigster Erfolgsfaktor

Als einer der größten Arbeitgeber und größter Lehrlingsausbildner Österreichs steht die REWE International AG auch in der Verantwortung, durch gesellschaftliches Engagement und nachhaltiges Handeln Arbeitszufriedenheit, Leistungsfähigkeit und Produktivität aktiv zu fördern und zu erhalten.

„So bereitwillig wir alle durch immer neue Assistenzsysteme in unseren Autos oder unseren Mobiltelefonen eine Mensch-Maschine-Interaktion eingehen, so selbstverständlich wird man möglicherweise schon in einigen Jahren Exoskelette für körperlich anstrengende Arbeiten verwenden, um präventiv vorzeitiger Überlastung entgegenzuwirken“, meint Veronika Rabl, Leiterin Human Resources bei der REWE Group Österreich. „Die Chance, diese Unterstützungsapparate direkt im Einsatz zu sehen, haben wir sehr gerne wahrgenommen. Wir hoffen, so auch Forschung und Weiterentwicklung im Bereich Exoskelette zu unterstützen. Wir sehen dieses Projekt als eine zukunftsträchtige Initiative zur Gesundheitsprävention. Denn Gesundheit ist unser wichtigstes Gut, trägt wesentlich zur Lebensqualität bei und ist nicht zuletzt entscheidend für ein glückliches Berufsleben.“

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:

Melden Sie sich hier an

Sie sind noch nicht registriert?