Zollabkommen USA – EU: Strategische Weitsicht aber auch Entschlossenheit

Nach Wochen des Stillstands dürfte nun doch ein wenig Bewegung in die Handelsgespräche kommen.
© Margit Kundigraber / Steiermärkische Sparkasse
Zollabkommen USA – EU: Strategische Weitsicht aber auch Entschlossenheit
Karl Freidl, Leiter Private Banking Graz, Steiermärkische Sparkasse.

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Die Finanzmärkte haben zuletzt die – zumindest vorübergehenden – Einigungen im Zollstreit zwischen den USA und mehreren Ländern wie etwa Großbritannien oder China mit Wohlwollen aufgenommen. Währenddessen bleibt es zwischen den USA und der Europäischen Union spannend.

„Der Ausgang der Gespräche ist aber weiterhin ungewiss“, verdeutlichen die Experten Karl Freidl und Alexander Eberan, Leiter Private Banking Graz sowie Wien, von der Steiermärkischen Sparkasse.

Verhandlungen auf Augenhöhe?

Die EU pocht auf Verhandlungen auf Augenhöhe. Der Slowake Maroš Šefčovič, der als EU-Handelskommissar für die Verhandlungen an vorderster Front zuständig ist, reiste bereits dreimal zu Treffen in die USA und zuletzt wurden auch Handelsdokumente ausgetauscht.

Laut Maroš Šefčovič sei die EU zu einer Verringerung des Handelsdefizits bereit, indem die Union den USA mehr Flüssiggas, Waffen und landwirtschaftliche Produkte, insbesondere Soja, abkaufe. Einzelne Staaten setzen auch gezieltes Lobbying ein, um ihre eigenen Produkte gegen US-Vergeltungsmaßnahmen zu schützen. Ein Beispiel hierfür sind Frankreich, Italien und Spanien die sich dafür stark machen, dass Bourbon Whiskey nicht mit hohen EU-Zöllen belegt wird, um die US-Exporte ihrer Weine und Spirituosen zu gewährleisten.

Währenddessen machten die EU-Handelsminister deutlich, dass das jüngste Abkommen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich, das Zölle von 10 Prozent vorsieht, keine Vorlage für die EU sei.

Ein EU-Beamter brachte die Sache auf den Punkt, indem er sagte, 10 Prozent seien kein Deal. Maroš Šefčovič sagte auch, die EU werde die Forderungen der USA nach Abschaffung der Mehrwertsteuer oder Schwächung digitaler Vorschriften und Steuern nicht akzeptieren. Jede Seite müsse die regulatorische Autonomie und die Rechtsvorschriften des anderen respektieren. Die EU ist jedoch bereit, ihre Abhängigkeit von China bei kritischen Rohstoffen und Medikamenten zu reduzieren und Zölle gegen angeblich subventionierte chinesische Exporte einzuheben.

Risiken für die Europäische Union

Ob allerdings Donald Trump im Handelsstreit mit der EU eine scharfe Kehrtwendung einlegt, darf bezweifelt werden. Die Europäische Union sei „gemeiner als China“, erklärte der US-Präsident vor einigen Wochen – und stellte damit die jahrzehntelangen transatlantischen Handelsbeziehungen in Frage, die ökonomisch ein Volumen von 1,6 Billionen Euro (2023) haben.

Zollabkommen USA – EU: Strategische Weitsicht aber auch Entschlossenheit
Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien, Steiermärkische Sparkasse.
© Carolina Frank / Steiermärkische Sparkasse

Für den Donald Trump ist die EU ein Subventionsklub mit Handelsüberschüssen, der sich auf dem US-Sicherheitsschirm und -Exportmodell ausruht. Trump scheint entschlossen, alte Rechnungen zu begleichen – nicht zuletzt wegen der unzureichenden Verteidigungsanstrengungen der Europäer.

Der Fokus der Vereinigten Staaten verlagert sich schrittweise zunehmend auf den Nahen Osten, China und den Indo-Pazifik.

Das Risiko ist für die EU real, erneut zur Zielscheibe von Trump zu werden – nicht zuletzt, weil sie als wirtschaftlich erfolgreich, aber sicherheitspolitisch abhängig wahrgenommen wird. Sollte es zu keiner Einigung kommen, wäre es durchaus möglich, dass neue Zölle hinzukommen, beziehungsweise die bereits bestehenden deutlich erhöht werden. Im Fokus dürften neben den Automobilkonzernen auch Agrarprodukte, Maschinen oder Konsumgüter wie Wein oder Luxusartikel sein.

Daneben könnte Trump aber auch nichttarifäre Handelshemmnisse einsetzen. Dazu zählen etwa verschärfte Zulassungsverfahren, administrative Verzögerungen bei der Zollabfertigung oder neue regulatorische Standards, etwa im Bereich Produktsicherheit oder andere Auflagen. Solche Maßnahmen könnten Exporteure empfindlich treffen, ohne formell gegen bestehende Handelsabkommen zu verstoßen.

Drohungen und Protektionismus

Ein weiteres Instrumentarium bieten US-Gesetze wie „Section 232“ des „Trade Expansion Act“, welche Zölle mit der Begründung nationaler Sicherheit erlaubt – etwa auf Stahl oder Aluminium. „Section 301“ des „Trade Act of 1974“ wiederum eröffnet den Weg für Strafmaßnahmen bei vermeintlich unfairen Handelspraktiken.

Trump hat beide Paragrafen bereits offensiv gegenüber China und der EU genutzt. Auch die Drohung mit dem Ausstieg aus multilateralen Abkommen und die gezielte Bevorzugung bilateraler Deals mit einzelnen EU-Staaten könnten als Hebel dienen, um Brüssel unter Zugzwang zu setzen.

Dabei würde weniger die ökonomische Logik im Vordergrund stehen als vielmehr die politische Wirkung.

Die protektionistische Wende unter Trump – ob mit Strafzöllen, MAGA-Rhetorik („Make America Great Again“) oder militärischem Rückzug – dürfte keine vorübergehende Phase, sondern eine beinharte Strategie sein.

Mit Blick auf die US-Kongresswahlen im Herbst 2026 dürfte sich daran auch wenig ändern. Europa muss für den Fall der Fälle gewappnet sein.

https://www.sparkasse.at/steiermaerkische

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