Der wachsende Kapital- und Refinanzierungsbedarf von Unternehmen dürfte den Markt für Unternehmensanleihen nach Einschätzung mehrerer Investmenthäuser im kommenden Jahr zu einem neuen Rekord führen.
„Im Vergleich zu Staatsanleihen bringen Unternehmensanleihen in der Regel mehr Rendite, wenngleich sich der Abstand aktuell in Grenzen hält. Das Risiko ist mit Anleihen solider Firmen, die mit „Investmentgrade“ geratet sind, überschaubar, während riskantere High-Yield-Anleihen selektive Renditebringer sein können“, meinen die Experten Christian Sajowitz und Karl Freidl, Leiter Private Banking Wien sowie Graz, von der Steiermärkischen Sparkasse.
Kurzfristige Unterbrechung des stetigen Anstiegs
Damit setzt sich ein langfristiger Trend fort: Das Volumen war über zwei Jahrzehnte kontinuierlich gestiegen, unterbrochen nur temporär in den Jahren mit starken Zins-Schocks, insbesondere 2022/2023. Zuvor hatte die COVID-19-Pandemie erhebliche Störungen am Markt verursacht, was Anfang 2020 zu einer vergrößerten Renditedifferenz und einer Liquiditätskrise führte.
Wirtschaftsstillstände und Unsicherheit bei Anlegern hatten einen starken Nachfragerückgang ausgelöst.
Zentralbanken, insbesondere die US-Notenbank Federal Reserve, griffen ein und kauften Unternehmensanleihen, um den Markt zu stabilisieren. Diese Unterstützung half, das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen und ermöglichte eine Markterholung in der zweiten Hälfte des Jahres 2020.

„Die Krise ist vorüber. Die Nachfrage der Investoren für neue Firmenbonds ist hoch und das Segment boomt wie nie zuvor. Der globale Markt für Unternehmensanleihen wurde 2024 mit rund 35 Billionen US-Dollar (lt. OECD) bewertet. Der Markt wird nach jüngsten Schätzungen voraussichtlich von 57,99 Billionen US-Dollar im Jahr 2025 auf 81,78 Billionen US-Dollar bis 2032 wachsen“, erörtert Karl Freidl.
Unabhängig von diesen Prognosen sind Analysten der Banken davon überzeugt, dass die Unternehmen keine Probleme haben werden, genügend Abnehmer für ihre Anleihen zu finden. Gleichzeitig steigt die Marktkomplexität: Volatilität, Liquiditätsrisiken und möglicherweise wieder steigende Zinsen sind als Risikofaktoren nicht zu unterschätzen.
Kapital für Infrastruktur
Die OECD betont, dass ein gut funktionierender Corporate-Bond-Markt wichtig ist, weil er für Unternehmen eine wichtige Alternative zur Bankenfinanzierung darstellt. Der Markt für Unternehmensanleihen wird hauptsächlich durch ansteigende Kapitalanforderungen von Unternehmen zur Finanzierung von Expansionen und Investitionen in Infrastruktur angetrieben.
Asien spielt eine zunehmend wichtige Rolle, insbesondere China. Der Anteil Asiens am globalen Unternehmensanleihenmarkt ist laut OECD von rund 10% im Jahr 2000 auf fast 30% im Jahr 2024 gestiegen.
Auch das Thema Nachhaltigkeit in Form von so genannten „Green Bonds“ oder „ESG-Bonds“ ist ein Wachstumstreiber.
„In Zeiten volatiler Aktienmärkte weichen Investoren gerne auf festverzinsliche Wertpapiere wie Staatsanleihen oder Corporate Bonds aus. Diese versprechen mehr Stabilität als Aktien, wenn das emittierende Land oder Unternehmen von Rating Agenturen in ihrer Kreditwürdigkeit gut bewertet sind. Andererseits nützen Unternehmen Phasen niedriger Zinsen, um durch Anleihen Kapital zu beschaffen, was das Marktwachstum vorantreibt“, erklärt Christian Sajowitz.
Kreditwürdigkeit beeinflusst Rendite
Eine Unternehmensanleihe ist ein Schuldenwertpapier, das von einem Unternehmen an Investoren ausgegeben wird, um Kapital für Geschäftsbedürfnisse wie Betrieb, Expansion oder Übernahmen zu beschaffen. Es definiert eine gesetzliche Verpflichtung der Gesellschaft, den Kapitalbetrag zu einem bestimmten Fälligkeitsdatum zurückzuzahlen.
Im Gegenzug erhält der Anleihegläubiger regelmäßige Zinszahlungen, sogenannte Coupons, typischerweise jährlich oder halbjährlich.
„Unternehmensanleihen werden am Sekundärmarkt gehandelt und variieren in Laufzeit, Kreditrisiko und Rendite. Die Kreditwürdigkeit des Emittenten (Rating) beeinflusst den Zinssatz der Anleihe und die Investorennachfrage“, ergänzen die Experten abschließend.
