Eine bevorstehende US-Wahl, Konjunktursorgen oder Kriegsereignisse sind der Nährboden für Volatilität an den Wertpapiermärkten. Wenn die Erwartungen der Marktteilnehmer:innen über die zukünftige Richtung weit auseinandergehen, kann es an den Märkten ungemütlich werden.
Auch punktuelle Ereignisse, wie etwa Terroranschläge oder Umweltkatastrophen, können zu starken Veränderungen der Wertpapierkurse führen. Dass der derzeit anhaltende Höhenflug an den Börsen in eine stärkere Volatilität übergeht, ist sehr wahrscheinlich – die Frage ist nur, laut Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking, wann dies passieren wird.
Volatilität ist eine Risikokennzahl
Die Volatilität ist eine der wichtigsten Risikokennzahlen der Profis. Sie misst die Intensität der Schwankungen eines Wertpapiers oder Indices um den jeweiligen Mittelwert. Je höher die Volatilität, desto höher ist also die Abweichung, wie stark zum Beispiel ein Aktienkurs um seinen mittleren Wert schwankt.
Man unterscheidet die „historische Volatilität“, die sich auf die Schwankungsstärke in der Vergangenheit bezieht und die „implizite Volatilität“, die die zukünftig erwarteten Schwankungen abbildet.
Die Ermittlung der Volatilität kann für jedes Wertpapier erfolgen, für das regelmäßige Preise gebildet werden, also zum Beispiel für Aktien, Anleihen, Rohstoffe oder auch für Kryptowährungen – und natürlich auch für ETFs. Aktien oder Kryptos sind in der Regel volatiler als andere Anlageklassen wie zum Beispiel Anleihen.
Indices
Für die Berechnung der Volatilität oder „Vola“ wie sie Profis nennen, werden komplizierte mathematische Formeln verwendet. Für die historische Volatilität wird die so genannte Standardabweichung herangezogen. Dabei handelt es sich um das Schwanken der realen Werte um einen errechneten gleitenden Mittelwert, der sich als Kurve oder Gerade darstellen lässt. Im Markt hat sich inzwischen die implizite Volatilität etabliert. Sie basiert auf den Optionspreisen am Terminmarkt und bildet die Erwartungen ab, die im Markt vorherrschen.
Dargestellt werden die erwarteten Kursschwankungen für alle großen Märkte in Form von zahlreichen Indices.
Ein Beispiel ist der Index „VDAX-New“, der die implizite Volatilität, der im Aktienindex DAX gelisteten Aktien, für die kommenden 30 Tage angibt. Analog dazu gilt der „VSTOXX“ für den europäischen Index Euro Stoxx 50 und der „VIX“ für den breiten US-Index S&P 500.
Normalität?
Ausgedrückt wird die Volatilität in Prozent. Ein Wert des VDAX-New von 20 Prozent bedeutet etwa, dass die Marktteilnehmer in den nächsten vier Wochen mit Schwankungen von 20 Prozent um den Mittelwert des DAX rechnen.
Derzeit liegen die Volatilitätsindices bei nur wenigen Prozent, was bedeutet, dass die Markteilnehmer auf kurze Sicht von 30 Tagen mit einer wenig turbulenten Phase rechnen.
Welche Volatilität als „normal“ betrachtet wird, kann man nur mit einem Blick in die Vergangenheit beantworten. Blickt man einige Jahrzehnte zurück, weisen europäische Aktienmärkte eine typische Volatilität von 20 bis 30 Prozent auf, US-amerikanische 15 bis 25 Prozent.
Volatilität als wichtiger Baustein
Die Beurteilung der Volatilität ist ein Baustein, um ein widerstandsfähiges Portfolio aufzubauen, das in fallenden Märkten Verluste eindämmt und bei Anstiegen gute Gewinne möglich macht. Denn die simpelste aller Börsenweisheiten lautet: ohne Risiko kein Ertrag.
Nur: Wie viel Risiko muss man eingehen, um ein bestimmtes Renditeziel zu erreichen?
Darüber kann die Volatilität Aufschluss geben. Eine mögliche Strategie ist das Investieren in Qualitätsunternehmen, da diese über starke Geschäftsmodelle und wiederkehrende Einnahmequellen verfügen, die dem wirtschaftlichen Druck eines sich verändernden Marktumfelds in der Regel recht gut standhalten können. Entscheidend ist auch eine breite Streuung nach einzelnen Märkten, Branchen und Produkten und eine langfristige Anlagestrategie, die die Volatilität glättet.
Langfristige Strategie
Ein noch recht aktuelles Beispiel, wie sich das Festhalten an einer einmal eingeschlagenen Strategie positiv auswirkt, war der dramatische Kurseinbruch zu Beginn der Covid-Pandemie, der vor allem bei Aktien zu einem enormen Anstieg der Volatilität geführt hat.
Ein solches Ereignis, das in der Börsenwelt auch „Schwarzer Schwan“ genannt wird, kann nicht vorausgesehen werden. Sowohl der Absturz als auch der kurz darauf erfolgende rasante Anstieg der Aktienmärkte ließ die Volatilität in neue Höhen steigen.
Alle, die langfristig anlegen und die auch im Einbruch nicht verkauft hatten, konnten von der raschen Erholung profitieren. Wichtig ist zu beachten, dass es sich bei der Volatilität um eine Analyse historischer Daten handelt. Es ist nicht sicher, dass die Schwankungen in der Zukunft so eintreffen, wie sie in der Vergangenheit gemessen wurden – nach oben oder nach unten. Das gilt auch für die Rendite.